Kapitel 13

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Emma

Nach weiteren zwei Wochen fühlte ich mich wahnsinnig geerdet und selbstsicher. Ich war ganz bei mir selbst und ich wusste endlich wieder, was ich wollte. Was so schief gelaufen war und dass daran nicht nur die Männer Schuld waren, sondern auch ich selbst. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass ich selbst unzufrieden mit mir oder mit meinem Leben war, weswegen ich alles so krampfhaft wollte. So nach dem Motto, es MUSS doch jetzt endlich mal gut werden. Wurde es aber nicht. Das wurde es erst jetzt, wo ich das komplette Jahr nochmal durchgegangen war und verarbeitet hatte. Angefangen bei der Sache mit Simon, die der Ursprung allen Übels war. Die ich nie richtig verarbeiten konnte, weil ich dafür gar keine Zeit hatte. Weil ich mich direkt in die Sache mit Wincent stürzte, die so gehörig schief ging. Meinetwegen. Weil ich strauchelte, jedes Mal, wenn er es scheinbar nicht mehr tat. Unser Timing war einfach mehr als beschissen und es wäre für uns beide besser gewesen, wir hätten unsere alte Beziehung erstmal abgehakt, bevor wir uns auf unsere „Affäre" eingelassen hätte. Ja, hätte hätte Fahrradkette- aber trotzdem brachte mich diese Erkenntnis jetzt endlich auf die richtige Spur. 

Mir schmerzte nicht mehr mein Herz, wenn ich Videos von der Tour sah, die eben gestartet war. Im Gegenteil. Ich freute mich. Ich freute mich für die Jungs als Band, für Wincent als Künstler und für die Fans, die so magische Abende erleben konnten. Ich reagierte fast auf jedes seiner Videos und schickte Wincent eine Direktnachricht, auch wenn ich weder eine Antwort erwartete noch bekam. Ich dachte an jeden einzelnen Tag der Sommertour im letzten Jahr und dass ich dabei wieder nur Positives empfinden konnte, war doch ein Zeichen. Ja, es hatte lange gedauert, und ich fand mich selbst wahnsinnig kompliziert in dieser Zeit, aber ich wusste jetzt, was ich wollte. Wen ich wollte. „Ich werd nach Hause kommen", schrieb ich Linda an einem Abend, als ich am Meer saß. Ich hatte mir gerade einen Rückflug für das kommende Wochenende gebucht, um mein Vorhaben endgültig in die Tat umzusetzen.

Ich musste es versuchen, auch wenn ich nicht wusste, ob er immer noch genauso fühlte. Wie blind war ich eigentlich, dass ich das nicht gesehen hatte? Oder wie blöd war ich, dass ich mir einredete, das wäre Einbildung? Im Nachhinein musste ich manchmal auch darüber schmunzeln. Aber jetzt für diesen Moment konnte ich einfach nur hoffen, dass nicht alles verloren war. Dass ich nicht alles kaputt gemacht hatte. Oder dass es mit meiner Warterei und meinem Zweifeln und Überlegen zu spät war. Das durfte einfach nicht passieren. „Halleluja", kam von Linda zurück, „sag mir wann und ich hol dich am Flughafen ab". Hab ich schon gesagt, dass ich sie liebe? Mit einem Grinsen im Gesicht ging ich zurück zu meinem Bungalow und schmiss mich in mein Bett. Ich klickte mich durch Instagram und hing wieder an Wincents Storys von der Tour. Wow, die war noch größer, als die Letzte im November. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Obwohl es ihm sicher nicht leicht fiel, spielte er noch immer jeden Abend ‚Hier mit Dir'. Mir stiegen Tränen in die Augen, als ich seit Monaten wieder diesen Text hörte. Bislang hatte ich immer weggeschalten, wenn er im Radio lief, oder die Story beendet, wenn das Lied kam. Aber an diesem Abend hörte ich ihn mir bestimmt hundert Mal an, immer die gleiche Story.

Ich heulte, mal vor Freude, mal vor Angst und mal vor Wut über mich selbst. Es wäre völlig verständlich, wenn er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Ich könnte das verstehen. Ich war einfach ein emotionales Wrack und super kompliziert. Aber ich hoffte, es würde anders sein. Ich hoffte, er wäre bereit mit mir zu reden. Wie auch immer ich das anstellen sollte. Ich konnte ja schlecht nach Hause fliegen, ihn anrufen und sagen „Hey, Wincent. Ich bin wieder Zuhause und bin endlich bereit mit dir zu reden. Hast du Zeit?". Der hält mich doch für total bescheuert. Nach diesem Hin- und Her bedarf es mehr. Mehr Entschuldigung, mehr Überraschung und mehr Gefühl. Und so fasste ich einen Entschluss, der mich nur noch mehr grinsen ließ. Ich quatschte Linda eine Sprachnachricht mit meinem Vorhaben und auch sie bestärkte mich nur strahlend darin. Ich muss das machen, redete ich mir zu. Und dann kann ich endlich glücklich werden.

Nur mit DirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt