Kapitel 16

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Emma

Voller neuer Energie landete ich wenige Tage später in Hamburg am Flughafen und schloss meine beste Freundin fest in meine Arme. „Schön, dass du wieder zurück bist", flüsterte sie mir ins Ohr und drückte mich noch fester an sich. „Du siehst gut aus. Erholt, irgendwie", kommentierte sie, während sie mich musterte. So fühlte ich mich auch, gestärkt und selbstsicher. Und ja, die Sonne tat ihr übriges und füllte meinen Vitamin D Spiegel ganz gut auf. Wir hatten mittlerweile Juni und da war es auch in Deutschland wärmer geworden. Wir fuhren mit offenem Verdeck in Lindas Cabrio die Strecke bis nach Hause. Je länger wir fuhren, desto müder wurde ich auf einmal. Diese ganze Reise war halt doch anstrengend. Seufzend blickte ich zu ihr rüber, als sie vor meiner Wohnung parkte. „Der Kühlschrank is voll, du musst nur hoch, duschen und ins Bett", lächelte sie und küsste mich auf die Wange. „Du bist die Beste", lächelte ich schwach und schnappt mir meinen schweren Rucksack. Carlos wartete schon sehnsüchtig auf mich und obwohl ich eigentlich zumindest noch meine Wäsche ausräumen wollte, schlief ich wohl mit Carlos im Arm auf der Couch ein. Und ich wachte erst am nächsten Morgen wieder auf, es war 6 Uhr und ich hatte fast 14 Stunden durchgeschlafen. Stöhnend stand ich auf und öffnete alle Fenster. Ich ließ die noch kühle Morgenluft in meine Wohnung, während ich unter die Dusche stieg. Es tat so gut wieder Zuhause zu sein. Ich war lange nicht hier und so sah es auch aus. Es brauchte ein ganzes Wochenende, bis es wieder ordentlich und staubfrei war und meine Waschmaschine lief auf Hochtouren. Ein paar Tage später war Ruhe eingekehrt und ich hatte am Nachmittag bei einem Kaffee Zeit mich damit auseinander zu setzen, wann und wie ich mit Wincent reden wollte. Auch wenn er meinte er würde sich nach der Tour bei mir melden, darauf konnte ich nicht mehr warten.

Erst überlegte ich Amelie einzuweihen und von meinem Plan zu unterrichten, entschied mich aber schnell wieder dagegen. Ich wollte auch sie so richtig überraschen.

Als ich die Videos vom Vorabend sah, war ich mir sicher, er würde sich freuen mich zu sehen. Er spielte nach wie vor noch meinen Song, aber gestern klang er das erste Mal nicht mehr ganz so geknickt. Vielleicht bildete ich mir das auch ein oder ich hoffte es vielleicht, aber ich ließ mich nicht beirren. Ich musste das durchziehen, ich musste es versuchen, und wenn er mich wirklich nicht sehen wollte, dann würde ich das akzeptieren müssen. „Ich finds sooo süß", schrieb Linda, als ich ihr ein Foto meines Plans über WhatsApp schickte. Natürlich war ich mega aufgeregt, als ich wiederum ein paar Tage später vor dem Festivalgelände in Damp stand. Ich war umzingelt von Fangirls, und da ich mich selber als ein Solches verkleidet hatte, fiel ich überhaupt nicht auf. Die Sonne knallte vom Himmel und ich war heilfroh genug Wasser eingepackt zu haben- auch wenn Amelie wie immer die wartende Meute mit Getränken versorgte. Das hatte ich nicht mit eingeplant und so kam es wie es kommen musste und sie erkannte mich natürlich sofort. Sie grinste mich breit an, aber sie wusste genauso gut, wie ich, dass wir hier keine große Begrüßungszeremonie vollziehen konnten ohne aufzufallen. Also lächelten wir uns nur an, als sie an mir vorbeiging und im Backstage verschwand. Dass danach mein Handy vor Nachrichten explodieren würde, war anzunehmen.

A: Was machst du hier?

A: Warum hast du nix gesagt? Ich hätte dir doch nen Backstagepass gegeben...

A: Oh Emma, ich freu mich so...es ist doch das, was ich denke, oder?

Ich musste schmunzeln. Wie gerne hätte ich sie in den Arm genommen und ihr alles erklärt. Aber das musste warten.

E: Ich hab nix gesagt, weil es eine Überraschung sein soll...

E: Und ich hoffe die geht auf...ich hab ein bisschen Schiss...aber du wirst es ja gleich sehen.

Noch fünf Minuten bis zum Einlass, ich umklammerte mein Handy und meine Tasche und hoffte inständig, dass mein fein säuberlich gemaltes Plakat nicht völlig zerstört werden würde.

A: Du brauchst keine Angst haben, er wird sich freuen. Da bin ich mir ganz sicher!

Das bestärkte mich nur noch mehr mein Vorhaben durchzuziehen. Und dann ging alles ganz schnell. Der Einlass begann, die Toren öffneten sich und die Mädels rannten wie die Irren in Richtung Bühne. Ich holte mir erstmal was zu Trinken und suchte mir dann ein halbwegs schattiges Plätzchen. Ich wusste er würde eh durch die Menge gehen, ich musste gar nicht weit vorne stehen. Als das Konzert begann, war ich sofort wieder im Fieber. Was hatte ich das vermisst! Was hatte ich Wincent vermisst! Er hatte mich ab Sekunde eins wieder sofort in seinen Bann gezogen- ich ließ ihn nicht auch nur einen Moment aus den Augen. Es waren viele Songs vom neuen Album dabei und ich erkannte mich in dem ein oder anderen wieder, auch wenn er nie offen erzählte, um wen genau es ginge. Das tat er erst bei meinem Song.

„Den nächsten Song kennt ihr alle. Er ist für meine beste Freundin. Ich muss zugeben, wir hatten uns in den letzten Wochen wenig gesehen, ich war viel unterwegs und sie lange im Urlaub...ich weiß gar nicht genau, was momentan bei ihr abgeht, aber ich hoffe, dass ändert sich, sobald ich wieder Zuhause bin. Und bis dahin hoffe ich einfach, dass sie weiß, dass ich diesen Song jedes Mal nur für sie spiele". Ich musste schlucken. Ihm tat es offensichtlich noch immer weh, wie die Dinge zwischen uns standen. Während die Band begann, sortierte ich mich nochmal und schielte auf mein Plakat. „Darf ich bitte wieder hier mit dir sein?" hatte ich in großen schwarzen Lettern auf braune Pappe gekritzelt. Und dann war mein Moment auch auf einmal schon gekommen. Wincent war in der Menge unterwegs und sang den ersten Refrain, als ich mein Plakat in die Höhe hielt. Wahrscheinlich würde es unter den vielen anderen gar nicht auffallen, aber ich hatte Wincent perfekt im Blick. Er kämpfte sich durch die Menge, um auch die Menschen in den hinteren Reihen zu erreichen. Es dauerte eine Weile, aber dann plötzlich entdeckte er mich und kam auf mich zu. 

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