Kapitel 8

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Emma

„Das mit uns funktioniert nicht. Ich kann das nicht. Und ich will es auch nicht. Es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, um es einzusehen, aber ich liebe dich nicht. Ich hasse mich dafür, dass ich dir so lange was vorgemacht habe, aber ich hatte gehofft es würde funktionieren. Aber das wird es nicht. Ich kann nicht mit dir zusammen sein." Ein richtiger Redeschwall brach über mich herein und ich hoffte meine Worte kamen bei ihm an. Ihm standen Tränen in den Augen, als ich fertig war. „Aber...Emma...ich liebe dich", begann er, „ich kann hier her zu dir kommen, in dein Zuhause, wir kriegen das hin", redete er auf mich ein. Er versuchte mich in seine Arme zu ziehen, aber ich trat noch einen Schritt von ihm weg. „Ich mein das ernst, Felix, ich will das nicht", sagte ich und hoffte ich würde selbstbewusster klingen. „Und jetzt geh bitte", meinte ich und deutete in Richtung Haustür. Ich sah die Tränen in seinen Augen und es brach mir ein Stück weit auch das Herz, aber ich hatte mir zu lange etwas vorgemacht. Das wird nicht gut werden, niemals, redete meine innere Stimme mir gut zu. Geknickt trottete Felix aus der Tür. „Es tut mir leid", betonte ich noch einmal, dann schloss ich die Tür hinter mir. Ich ließ mich mit dem Rücken dagegen sinken und der Druck auf meiner Brust schwand innerhalb von Sekunden. Ich konnte wieder frei atmen! Linda lugte vorsichtig zur Balkontür rein und als sie Felix nicht mehr sah, kam sie auf mich zu. Sie war eiskalt durchgefroren. „War nicht die cleverste Idee auf den Balkon zu flüchten", scherzte ich und versuchte sie zu wärmen. Sie knuffte mir in die Seite und vergrub ihre kalte Nase in meiner Halsbeuge. „Gehts dir gut?", murmelte sie und ich nickte. Ja, mir ging es gut. Endlich!

Nachdem wir die Flasche Sekt von vorhin leer getrunken hatten, räumten wir meine Bude wieder ein und verkrochen uns am Abend in meinem Bett. Es lief irgendein Trash im TV vor mir, aber ich hörte gar nicht richtig zu. Ich klickte mich durch Instagram und- keine Ahnung wie ich da hingekommen war-, aber ich blieb auf einer Communityseite auf Bali hängen. Von Leuten, die sich selbst oder was auch immer suchten, und ihr Glück auf Bali fanden. Die raus mussten aus ihrem Alltag, aus ihrem Trott und die dort zur Ruhe kamen. Wahrscheinlich war es völlig hinrissig, aber ich buchte mir ein Ticket nach Bali für das kommende Wochenende. One Way, denn keine Ahnung wie lange es dauern würde, bis ich mich gefunden hatte. Ich nahm Kontakt zu der deutschen Familie auf, die das Resort betrieb und kündigte mich schon mal an. Um diese Zeit war ich nicht die Einzige, die anreiste, und irgendwie beruhigte es mich zu wissen, dass da noch mehr Leute neu waren. Grinsend warf ich mein Handy in die Ecke. „Was is denn mit dir jetzt?", lachte Linda. „Ich werde nach Bali fliegen", antwortete ich wahrheitsgemäß und nippte an meinem Glas. Linda musterte mich und hob eine Augenbraue. „Na sicher", meinte sie. „Doch, ohne Scheiß. Ich hab n Flug gebucht für Freitag. Ich geh nach Bali", wiederholte ich meine Worte mit mehr Nachdruck. Linda verschluckte sich augenblicklich an ihrem Getränk und starrte mich an. „Willst du mich verarschen? Was willst du denn auf Bali? Warum?", fragte sie und ich musste nur noch mehr lachen. So ganz genau hatte ich ja auch keine Antwort darauf, ich wusste nur, dass ich irgendetwas ändern musste. „Weil ich nicht mehr weiß, was ich will. Ich brauch mal die Zeit für mich, um mir zu überlegen, was ich vom Leben will und wer ich eigentlich bin", erklärte ich ihr. Sie nickte nur langsam.

„Du meinst das ernst, oder?", fragte sie und ich sah, wie überrascht sie davon war. Ich nickte. Ich musste das tun. Jede Zelle meines Körpers schrie danach. Nach Freiheit, Sonne und Selbstfindung. Mir war in dem vergangenen Jahr so viel passiert, dass ich völlig den Bezug zur Realität und zu mir selber verloren hatte. Und hier könnte ich niemals so frei werden. Überall erinnerte mich irgendwas an Simon, Wincent oder Felix oder wie die Männer, die mein Leben im letzten Jahr bestimmten, auch immer hießen. Wie es eine beste Freundin eben tut, bestärkte mich Linda in meinem Vorhaben und brachte mich auch zwei Tage später zum Hamburger Flughafen. Wir umarmten uns gefühlt stundenlang, bis sie mich endlich gehen ließ. „Ich meld mich, Schatz. Und danke für Alles", waren meine letzten Worte, dann verschwand ich hinter der Sicherheitskontrolle. Ich schlenderte eine Weile durch den Dutyfree-Shop und vertrieb mir die Zeit bis zum Start auf Instagram und Co. Ich lud Storys vom Terminal hoch und wie ich wartete. Mir war klar, dass Wincent die sehen würde, und vielleicht macht er sich auch Sorgen? Ich überlegte kurz, ob ich ihm schreiben sollte, aber eigentlich war er einer der Gründe, warum ich überhaupt abhauen wollte oder musste. Somit entschied ich mich recht schnell dagegen. Theoretisch würde er über Linda an alle Informationen kommen- wenn er sie denn überhaupt wollte. Ich verbannte Wincent endgültig aus meinem Hirn, als ich in den Flieger stieg. Und dann nahm ich mir vor mich die nächsten Wochen nur auf mich selbst zu fokussieren. 

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