Müde starrte ich die Decke über meinem Kopf an. Meine sonst so heile Welt bestand aus einem grossen Durcheinander, verursacht durch diesen Unfall, welcher damals geschah. Aber um ehrlich zu sein wollte ich es gar nicht ändern. Könnte ich auch nicht...
Es war mir wert mein Leben gegen das der Kleinen zu tauschen. Sie war damals so unschuldig als bestände sie aus reinem Gold. Aus einem mir unbekannten Grund wollte ich sie beschützen... Nur ob sie jetzt wirklich noch so klein war wie ich sie in Erinnerung hatte, bezweifelte ich stark. Immerhin wusste ich immer noch nicht was genau passiert ist. Geschweige denn wie lange ich mich im Koma befand.
Nach dem mir die beiden Geschwister erklärt hatten, dass ich das angeblich im Spiegel darstellen sollte, starrte ich eine halbe Ewigkeit nur in den Spiegel. Ich konnte es einfach nicht wahrhaben... und um ehrlich zu sein tat ich das auch jetzt noch nicht.
Yugyeom und Nuri wollten mir bis jetzt auch nicht mehr verraten. Sie meinten, dass ich erst wieder zu Kräften kommen und mich ausruhen sollte. Dies erwiderte ich jedoch nur mit einem Augen verdrehen. Mir ging es körperlich wirklich gut und ich erholte mich auch schneller als mein Arzt dachte also wo lag das Problem?
Mittlerweile konnte ich die beiden dazu überreden, mir heute alles zu erzählen was sie wussten. Darum lag ich schon den ganzen Tag ziemlich hibbelig im Bett, was auch die Krankenschwester zu bemerken schien, welche ab und zu nach mir sah.
Bereits seit drei Tagen lag ich wieder wach im Bett. In der Zwischenzeit hatte ich zu meiner Verwunderung wirklich noch viel geschlafen, da ich irgendwie vom Koma noch so unglaublich müde war. Meinen Körper begann ich von Tag zu Tag besser zu spüren, was mich wirklich glücklich machte.
In diesen Tagen war mir zum Glück recht selten langweilig. Tatsächlich kam Nuri jeden Tag nach der Schule bei mir vorbei. Sie könnte wirklich, wenn sie wollte stundenlang irgendwelche scheisse erzählen. Aber dies mochte ich irgendwie an ihr. Ihre Anwesenheit nahm mir ein Teil meines grässlichen Alltages.
Auch Yugyeom kam, selbst wenn er viel als Arzt zu tun hatte, immer regelmässig bei mir vorbei. Meistens blieb er so zehn bis zwanzig Minuten und ich konnte ein bisschen mit ihm reden, was auch sehr zur Besserung meiner Stimme beitrug. Die beiden Geschwister taten mir wirklich gut. Doch diese Zeit mit ihnen liess mich meine Hyungs nur noch mehr vermissen...
Diesen Gedanken stiess ich jedoch sofort wieder zur Seite als ich glücklicherweise mitbekam wie sich endlich die Tür zu meinem Zimmer öffnete. Eine hüpfende Nuri, gefolgt von Yugyeom betraten mein kleines Zimmer. Die jüngere der beiden grinste mich sofort breit an und schnappte sich einen Stuhl, welchen sie neben mein Bett stellte. Ihr Bruder tat es ihr gleich.
Vorsichtig setzte ich mich leicht auf und sah die beiden neugierig an. "Na wie geht es dir?", wurde ich auch schon wieder mit der ersten Frage bombardiert, an was ich mich aber in der letzten Zeit schon gewöhnt habe. "G-gut denke ich... und euch?", gab ich immer noch relativ leise von mir. Immerhin klang ich nicht mehr wie eine verreckende Katze, also alles gut.
"Uii lieb das du fragst! Also mir geht es auch super. Du glaubst nicht was mir heu-" Warnend sah Yugyeom die Jüngere von der Seite an, während er seine Hand auf ihrem Mund platzierte und sie somit daran hinderte weiterzusprechen. Er warf mir einen entschuldigenden Blick zu, was ich aber nur mit einem leichten Kichern abtat.
"Omo...", hauchte Nuri und sah mich verblüfft an, was ich nur irritiert erwiderte. "Warum... warum bist du so süss? Yugy ich will ihn knuddeln und- okay nein das reicht. Nuri du musst dir selbst grenzen setzten." Verdattert sah ich sie an, während Yugyeom die Augen verdrehte. "Okay wo sind wir stehen geblieben?", kam es wieder von Nuri, worauf ich nur den Kopf schüttelte. Sie hatte definitiv eine Schraube locker...
"I-ihr wolltet... mir erzählen was p-passiert ist..." Innerlich verfluchte ich mich für meine Stotterer, aber meine Stimme war einfach immer noch so schwach. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie das Lächeln sofort aus den Gesichtern der Geschwister verschwand. War es so schlimm?
"Na gut, falls du dazwischen kurz eine Pause brauchst können wir dich gut verstehen. Sag uns einfach Bescheid, nicht dass wir dich überrumpeln." Verstehend nickte ich, obwohl ich einfach so unglaublich verwirrt war.
Yugyeom deutete mit einem Nicken zum Spiegel, worauf ich sofort in die genannte Richtung sah und wieder auf diesen jungen Mann traf. Das konnte doch nicht wirklich ich sein, oder? "Die Person im Spiegel bist wirklich du Jungkook... und es tut uns beiden wirklich unglaublich leid, dass du das so erfahren musst..."
Schluckend beobachtete ich weiter die Person im Spiegel und hörte dem Älteren möglichst ruhig zu. "Du lagst ganze zehn Jahre im Koma... Niemand wusste wirklich warum du nicht aufgewacht bist, denn eigentlich sollte dies ein paar Monate nach dem Unfall der Fall gewesen sein, da auch deine Werte vollkommen in Ordnung waren."
Unaufhörlich ratterte mein Kopf und versuchte die gegebenen Informationen zu verarbeiten. Nur leider war das leichter gesagt als getan... Ungläubig sah ich die Person vor mir im Spiegel an, bevor ich mich wieder den Geschwistern zuwendete. Ich sollte siebenundzwanzig Jahre alt sein...?
"W-welches Jahr haben... haben wir?", fragte ich die beiden mit zitternder Stimme. Tatsächlich versuchte ich einfach nur meine Tränen zurückzuhalten, welche sich unaufhörlich in meinen Augen sammelten. Ich wollte das ganze einfach nicht wahrhaben.
Stumm überreichte mir Nuri ihr Handy, was ich vorsichtig in meine Hände nahm. Obwohl es nur ein kleiner Gegenstand war, fühlte es sich so unglaublich schwer an. Darum waren meine Muskeln so zurückgegangen. Ich lag ganze zehn Jahre einfach nur im Bett herum...
Sofort leuchtete mir das Handydisplay entgegen, welches mir die Uhrzeit und darunter das heutige Datum anzeigte. Heute war der 22. Juni 2024... Aufgewühlt starrte ich dieses verfluchte Datum vor mir an. Zehn Jahre... zehn Jahre, welche einfach an mir vorbeigeflossen sind, wie Eis, welches in der Sonne schmelzt.
Eine erste Träne löste sich und fiel auf das Handy, welches sich auf meinen Beinen befand. Meinen Kopf hielt ich dabei gesenkt. Ich wollte nicht, dass sie sahen wie ich weinte... Das tat ich bereits vor zu vielen Menschen...
Zehn Jahre, in welchen ich so viel hätte erleben können, waren wie ein fingerschnips an mir vorbeigezogen. Ich bekam nichts davon mit... In dieser Zeit hätte ich andere Länder bereisen können. Möglicherweise wäre ich mit meiner ersten Liebe zusammengekommen, während ich jetzt überhaupt nicht wusste was Liebe genau war...
Jin wird dieses Jahr 33, Namjoon wird 30. Yoongi ist bereits 32, während Hoseok auch im Februar 30 wurde. Jimin wird bald 29, während Tae... auch 29 wird...
Und ich? Ich werde 27 Jahre alt, während ich einfach nur schlafend im Bett lag und absolut nichts in meinem Leben erreicht habe. Mein ganzes Leben war ein absoluter Fehltritt... Ein Jugendlicher, welcher immer zur falschen Zeit am falschen Ort war.
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My Time / Taekook
FanfictionWas geschieht, wenn man nach zehn Jahren aus dem Koma erwacht? Wenn man dachte, dass man nur ein paar Tage weg war und alles noch beim Alten wäre. Doch dann schlägt einem die bittere Wahrheit ins Gesicht, welche einem in diesem Moment den Atem raub...