Unauffällig wischte ich mir eine Träne weg, welche es aus meinem Augenwinkel schaffte. Meine Arme schlang ich wieder um Yoongis zierlichen Körper und drückte automatisch mein Gesicht in seine Brust. Nicht weinen Jungkook... alles aber nur nicht weinen. Du musst für Yoongi da sein. Bitte...
Fester drückte ich mich einfach an meinen Hyung, worauf ich nach ein paar Sekunden endlich seine Arme um mich spürte. Schon wieder rollte eine kleine gläserne Perle aus meinem Auge. Fest presste ich meine Lippen aufeinander und schloss meine Augen. Mit zittrigen Atemversuchen versuchte ich mich langsam wieder in den Griff zu kriegen.
Etwas fiel mir jedoch sofort auf. Yoongi war so unglaublich ruhig... Für mich fast zu ruhig. Ich spürte einfach nur seine Arme um mich und seinen Körper an meinem. Aber ansonsten gab es nur selten eine Reaktion von ihm. War er wütend auf mich oder konnte er das Ganze immer noch nicht wirklich realisieren?
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er gar nicht wirklich anwesend war. Dass er sich überhaupt nicht wirklich freuen konnte, dass ich wieder hier war. Dass er mich wieder bei sich hatte, dass er seine Familie wieder bei sich hatte... Er kam mir so unnahbar vor und das machte mir um ehrlich zu sein Angst...
In Gedanken versunken räusperte ich mich leicht, bevor ich mich wieder richtig hinsetzte und somit Yoongis Arme um meinen Körper verschwanden. Sofort verschwand auch dieses wohlige Gefühl in mir, was ich aber so gut wie möglich versuchte auszublenden.
Vorsichtig sah ich zu Yoongi, welcher meinen Blick bloss stumm erwiderte. Leblos sahen seine Augen einfach in meine, worauf ich schwer schluckte und meine Augen, immer wieder blinzelnd, von ihm abwandte und zu Boden sah. Leicht irritiert schüttelte ich meinen Kopf. Was war bloss mit ihm geschehen? Warum konnte ich nicht für ihn da sein?
Bevor ich mich noch irgendwie mehr in meine Gedanken hineinsteigern konnte, hob ich Yoongi vorsichtig von meinen Beinen hinunter, was dieser ohne Wenn und Aber zuliess. Abwesend sah er einfach an die Stelle, auf welcher ich noch vor ein paar Sekunden sass. Und dieser Blick tat verdammt weh. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte... Wie hatten es meine Hyungs bis jetzt nur geschafft...?
"Komm ich bring dich in dein Bett. Du solltest wenigstens noch ein bisschen Schlaf bekommen.", erklärte ich ihm leise, weshalb ich vorhin aufstand. Ohne noch gross zu zögern hielt ich ihm meine Hand hin, auf welche sein Blick sofort fiel. Nach ein paar Sekunden, welche sich aber eher wie ein paar unendliche Minuten anfühlten, legte er ganz plötzlich seine Hand in meine.
Sofort fielen meine Augen auf seinen Unterarm. Die unendlichen Narben liessen es mir kalt den Rücken hinunterlaufen. Zittrig atmete ich tief ein, bevor ich wieder in seine Augen sah. Stumm sahen sie mir immer noch entgegen. Keine einzige Träne glitzerte mehr in seinen Augen, während ich mich umso mehr zusammenreissen musste nicht vor ihm zu weinen. Warum nur Hyung? Warum nur...
Mit meiner Hilfe kam Yoongi schliesslich wieder auf seine wackeligen Beine. Auf die Narben sprach ich ihn erst recht nicht an. Es war definitiv nicht der richtige Zeitpunkt... Schnell schnappte ich mir die Decke, welche sich noch am Boden befand und versuchte mich irgendwie von den Selbstverletzungen abzulenken.
Zögerlich trat ich einen Schritt näher zu meinem Hyung, welcher mich aus wachsamen Augen betrachtete. Liebevoll legte ich ihm die Decke über die Schultern und sorgte dafür, dass er hoffentlich warm genug hatte. Sobald ich die Decke losliess, griff Yoongi nach der Decke und zog sie enger um seinen Körper.
Ein leises Seufzen entfuhr mir, während in mir ein grosser Tornado für Unruhe sorgte. Ich war so aufgeschmissen. Ich wusste nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Ich wusste nicht, wie ich mit Yoongi umgehen sollte. Obwohl er mir so nahe war wie schon lange nicht mehr, kam er mir gleichzeitig so unglaublich weit entfernt vor. Was sollte ich den bitte tun...?
Vorsichtig sah ich noch einmal in seine Augen. "Ich hab dich lieb Hyung...", flüsterte ich leise und beobachtete seine Reaktion. Unmerklich weiteten sich seine Pupillen, aber ansonsten geschah nichts. Nur ein kleines Nicken bekam ich noch mit, was mich aber nicht wirklich zufrieden stellte.
Ein trauriges Seufzen entfuhr mir, worauf sich meine Augen auf Yoongis linke Hand verfestigten. Trotz diesem anhaltenden mulmigen Gefühl in meinem Bauch, nahm ich ganz vorsichtig seine Hand in meine und verschränkte unsere Finger miteinander. Sofort durchflutete mich eine gewisse Unsicherheit, welche ich aber versuchte, bestmöglich zu ignorieren.
"Komm...", hauchte ich ihm leise zu und zog meinen Hyung langsam aus der Küche. Möglichst leise öffnete ich die Tür ins Wohnzimmer und löschte hinter uns das Licht. Meine Augen brauchten eine Weile, bevor sie sich an die Dunkelheit gewöhnten. Aber dadurch, dass leicht das Mondlicht durch die vielen Fenster drang, geschah dies ziemlich schnell. Trotz meiner Interaktionen, welche ich ausführte, sah ich immer wieder prüfend zu Yoongi, damit ihm nicht irgendwie etwas geschah.
Soweit ich wusste, schlief der Ältere bei Jimin im Zimmer. Ein kurzer, schweifender Blick liess ich über die Couch schweifen, auf welcher immer noch mein Bettzeug lag. Nachher würde ich weiterhin auf der Couch schlafen. Soweit ich auch wirklich schlafen konnte...
Gerade wollte ich den Flur ansteuern, welcher zu den verbleibenden Schlafzimmern führte, als Yoongi seine Hand aus meiner löste. Verwundert hielt ich inne und sah zu ihm nach hinten. Unsicher krallte ich meine Hand, auf Bauchhöhe, in mein T-Shirt, während meine Augen weiterhin wachsam auf meinem Hyung lagen.
Hatte ich möglicherweise etwas falsch gemacht? Wollte er noch etwas trinken oder noch überhaupt nicht schlafen? Möglicherweise schlief er auch nicht mehr bei Jimin, sondern bei Hoseok...
Für ein paar Sekunden erwiderte Yoongi meinen hilflosen Blick, bevor seine Augen auf meiner vorübergehenden Schlafbasis Halt machten. Ohne noch weiter auf mich zu achten, lief er mit kleinen, tapsigen Schritten auf die Couch zu. Dort warf er meine Bettdecke auf den Boden und legte sich selbst auf meinen Schlafplatz.
Irritiert sah ich ihm in der Dunkelheit zu, während ich vorsichtig auf ihn zulief. "Hyung? Was ist denn?", fragte ich zögerlich in die Stille hinein und fuhr mir durcheinander durch die Haare. Verwirrt sah ich Yoongi dabei zu, wie er es sich auf der Couch bequem machte und sich in seine Bettdecke einkuschelte.
Als ich bei ihm ankam, kniete ich mich vorsichtig zu ihm hinunter und stützte mich gleichzeitig mit meinen Händen auf dem Polster der Couch ab. "Willst du lieber hier schlafen?", flüsterte ich wieder und sah ihn mit fragenden Augen an. Ich wusste, dass ich keine Antwort von ihm erhalten würde, aber trotzdem fühlte ich mich ein wenig besser, wenn ich mit ihm sprach.
Kurz legten sich seine Augen wieder auf mich. Mit hochgezogener Augenbraue beobachtete ich meinen Hyung, wie er ganz ans Ende der Couch rückte, bis er an der Rückenlehne anstiess. Mit einem kleinen, unmerklichen Lächeln liess er seinen Kopf in mein Kissen sinken. Ein wenig ungläubig sah ich ihm dabei zu, wie er seine Decke anhob und mich fordernd anblickte.
Er wollte wirklich, dass ich mich zu ihm legte? Irritiert zeigte ich mit meinem Zeigefinger auf mich. "Bist du dir sicher?" Auf meine Frage bekam ich augenblicklich ein kleines Nicken. In diesem Moment wurde mir erst wirklich bewusst, dass Yoongi nicht weg war. Er war immer noch hier. Möglicherweise nicht im besten Zustand, aber ich war mir absolut sicher, dass es ihm bald wieder besser gehen würde.
Als ich das Ganze realisierte, begann mein Herz augenblicklich ein schnelleres Tempo einzunehmen, während sich ein breites Grinsen auf meinen Lippen ausbreitete. Ohne noch weiter zu zögern stieg ich vorsichtig zu ihm unter die Bettdecke. Zwar war die Couch nicht wirklich breit, worauf wir ziemlich nah aneinander lagen, aber es machte mir wirklich nichts aus. Wieder einmal genoss ich es einfach nur in vollen Zügen.
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My Time / Taekook
FanfictionWas geschieht, wenn man nach zehn Jahren aus dem Koma erwacht? Wenn man dachte, dass man nur ein paar Tage weg war und alles noch beim Alten wäre. Doch dann schlägt einem die bittere Wahrheit ins Gesicht, welche einem in diesem Moment den Atem raub...