Kapitel 45

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Schnell löschte ich das Licht im Badezimmer, bevor ich auf nackten Füssen in mein Zimmer schlich. Ich vermutete, dass die anderen bereits schliefen, da es erstaunlich ruhig war. Es war anscheinend wirklich für alle ein sehr emotionaler und anstrengender Tag, was ich auch durchaus verstand.

Vorsichtig öffnete ich die Tür zu meinem Zimmer in unserem kleinen Ferienhaus. Auch mein Zimmer war bereits in eine unverkennbare Dunkelheit gehüllt, worauf ich schloss, dass auch Jimin bereits am Schlafen war. Den Älteren nahmen wir natürlich sofort mit. Allein lassen würden wir ihn nie mehr und auch Jiyeon teilte uns sofort mit, dass er bei uns bleiben sollte. Sie meinte, dass es gerade das Beste wäre, wenn er uns um sich herum hätte und dabei stimmte ich ihr vollkommen zu.

Jimin brauchte gerade wirklich unseren Halt. Wenn er jetzt allein in seiner kleinen Wohnung sitzen müsste, würden ihn seine Gedanken wahrscheinlich gerade ziemlich überrollen. Möglicherweise könnte er auch überhaupt nicht schlafen, da ihm noch so viel im Kopf herumgeisterte.

Möglichst leise schlüpfte ich unter die Bettdecke und kuschelte mich in das Kopfkissen. Nach einem solchen Tag gab es wirklich nichts Besseres als einfach entspannt im Bett liegen zu können. Das brauchte ich gerade wirklich...

Müde drehte ich mich zur Seite, so dass ich direkt auf Jimins Rücken sehen konnte. Stumm musterte ich seine Rückseite. Er war immer noch der gleiche... Vor diesem Gedanken hatte ich so unglaublich Angst. Ich hatte Angst, dass ich meine Hyungs überhaupt nicht mehr kennen würde. Das sie unbekannte Menschen für mich wären.

Doch dem war nicht so. Natürlich haben sie sich verändert, wer würde dies auch nicht nach so einem harten Schicksalsschlag... Jedoch haben sie sich nicht ins Negative verändert. Nicht so, wie ich es zuerst befürchtete. Wir mussten jetzt einfach nur noch mit dieser neuen Situation umgehen können, dies war die letzte Hürde, welche wir zu meistern hatten. Das ihnen wirklich bewusst werden würde, dass ich wieder da war und sie nicht mehr im Stich lassen werde. Auch wenn ich das schon damals nie wollte...

Durch das plötzliche Rascheln der Bettdecke wurde ich aus meinen Gedankengängen gerissen. Verwirrt blinzelte ich mit meinen Augen als ich direkt in Jimins blicken konnte. "Du bist noch wach?", flüsterte ich leise in die Dunkelheit hinein, worauf ich ein leichtes Nicken erahnen konnte. Nachdenklich musterte ich seine, im Dunkeln verschwindende, Gesichtszüge.

Was mir sofort auffiel war, dass er wirklich älter geworden war. Seine vollen Wangen konnte man noch erahnen, aber sie waren nichts mehr im Vergleich zu denen wie sie mal früher waren. Auch seine schwarzen Haare waren ein bisschen länger als ich es gewohnt war, aber es stand ihm wirklich gut. Allgemein schien er ziemlich sportlich zu sein.

"Du kannst nicht einschlafen, oder?", fragte ich ihn wieder leise sprechend und sah zu ihm herüber. Wieder bekam ich ein leichtes Nicken, was mir ein Seufzen entlockte. Stumm sahen wir uns eine Weile einfach nur an, während ich ihm zusah, wie er mit der Müdigkeit kämpfte.

Einen kurzen Moment sah ich ihn irritiert an als er zögerlich seine Hand nach mir ausstreckte. Erst als er sie auf meiner Wange ablegte, wurde mir bewusst, was genau er machen wollte. Sofort rutschte ich ein wenig näher zu Jimin, welcher mich aus grossen Augen musterte und immer wieder sanft über meine Wange fuhr.

"Was geht dir durch den Kopf, Kleiner?" Ein amüsiertes Grinsen legte sich auf meine Lippen ab, während er mich zuerst ein wenig verdattert ansah. Erst als er realisierte, wie ich ihn genannt hatte, bildete sich ein Schmollmund auf seinem Gesicht. Schneller als ich noch irgendetwas dagegen hätte tun können, holte er mit seiner Hand, welche auf meiner Wange lag, aus und pfefferte mir einen leichten Schlag auf diese.

Sofort bekam er einen bösen Blick von mir zugeworfen, was den Älteren schliesslich über die Grenze jagte. Der Damm brach und ich konnte endlich wieder sein Lachen hören. Amüsiert beobachtete ich ihn dabei, wie das Lachen seine Augen erreichten und diese somit fast verschwanden. Auch bei mir bildete sich ein breites Lächeln auf meinen Lippen aus. Um sein Lachen ein wenig zu verstecken, vergrub er seinen Kopf in das Kissen. Doch selbst jetzt konnte ich ihn noch klar und deutlich hören.

"Hyung! Lass das.", gab ich gespielt böse von mir und hielt mir meine verletzte Wange. "Wie kannst du deinen kleinen Bruder so demolieren? Hast du mich nicht mehr lieb?" Mit glitzernden Augen sah ich ihn fragend an und sah Jimin dabei zu, wie er langsam wieder aus dem Kissen auftauchte.

Lachend schüttelte er seinen Kopf, worauf ich ihm einen leichten Schlag auf den Oberarm verpasste. "Idiot", brummte ich leise und worauf Jimin mich schmollend ansah und seine Arme nach mir ausstreckte. "Kuscheln?", kam es sanft, mit einem unschuldigen Blick, über seine Lippen. Sofort nickte ich strahlend, was mein Hyung als reichende Erlaubnis sah.

Schnell robbte er die wenigen Zentimeter zu mir hinüber und warf sich in meine Arme. Fest drückte ich den kichernden Jungen an mich und schüttelte amüsiert über diesen meinen Kopf. Jimin vergrub seinen Kopf in meiner Brust, während ich meinen auf seinem Kopf ablegte. "Willst du jetzt schlafen?", fragte ich ihn nach einer Weile, in welcher wir ruhig da lagen.

Doch sofort bekam ich ein Kopfschütteln von ihm, was mich, um ehrlich zu sein doch noch ein wenig erstaunte. Eigentlich dachte ich eher, dass er mir schon bald einschlafen würde. Nachdenklich sah ich zu meinem Hyung hinunter, worauf er sich von meiner Brust löste und zu mir nach oben sah. "Ich will noch mit dir reden..."

Erstaunt sah ich ihn weiterhin an, bevor ich verständnisvoll nickte. Anscheinend geisterte ihm wirklich noch vieles im Kopf herum. Deswegen war ich ziemlich froh, dass er mit mir reden wollte. Möglicherweise konnte ich so auch besser verstehen, was in den letzten zehn Jahren so bei ihm los war und wie es ihm ging.

"Über was denn?", fragte ich hin flüsternd und erwiderte seinen Blick. Unsicher sah er zu mir hinauf. "Über alles?", kam die unsichere Gegenfrage zurück, worauf ich wieder vorsichtig nickte. "Über alles...", nuschelte ich leise und nicht wirklich verständlich vor mich hin.

"Wie geht es dir denn?" Neugierig sah ich ihn an und kuschelte mich mehr in die Decke hinein, welche ich zuerst besser um Jimin und mich legte. "Ich weiss es nicht...", murmelte er mir leise zu und wendete seinen Blick ab. "Ich bin verwirrt, aber irgendwie auch glücklich." Verlegen kaute er auf seiner Unterlippe herum. Jimin fiel es teilweise schwer über seine Gefühle zu reden. Ich vermutete, dass er sich mit Taten viel besser ausdrücken konnte als mit Worten.

"Es war komisch ohne euch. I- ich wollte es nie wahrhaben, dass ihr alle weg seid. Ich wollte euch doch nie verlieren." Verständnisvoll fuhr ich Jimin vorsichtig durch die Haare und führte verwirrte Strähnen wieder an ihren richtigen Platz zurück. "Jiyeon hat mir meine fehlenden Hoffnungen zurückgegeben. Die Hoffnung, dass ich euch irgendeinmal wieder sehen kann..."

"Es hat mich schier von ihnen aufgefressen als mir bewusst wurde, dass ich euch alle verloren hatte und es auch noch meine Schuld war." Ein leises Seufzen rollte über Jimin Lippen, worauf ich den Älteren fester an mich drückte, um ihm ein wenig Halt zu geben. "Mir ging es nicht gut als ihr nicht mehr bei mir wart.", murmelte Jimin so leise, dass ich ihn fast nicht verstand.

"Bitte lasst mich nicht noch einmal allein. Ich will nicht mehr allein sein..." Eine kleine Träne rollte über seine Wange, welche ich jedoch sofort bemerkte und mit dem Daumen wegwischte. Fest drückte ich meinen Hyung wieder komplett an mich und legte meine Arme fester um ihn. Auch er umklammerte meinen Körper. "Es wird wieder alles gut Hyung. Das verspreche ich dir..."

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My Time / TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt