Vorsichtig kraulte ich Yoongis Hinterkopf, während ich ihn immer noch an meinen Körper presste. Mittlerweile befand sich der Ältere auf meinem Schoss und kuschelte sich eng an mich. Immer wieder flüsterte ich ihm beruhigende Wörter ins Ohr und lauschte seinen abklingenden Schluchzern. Ich musste ihm gerade einfach ein wenig Zeit geben...
Ich hingegen riss mich zusammen und gab mein bestes jetzt nicht wie ein Wahnsinniger los zu heulen. Ich musste in diesem Moment einfach einmal meine Gefühle zur Seite schieben und gerade auf meinen Hyung aufpassen. Einmal den starken Spielen.
Durch die vielen Tränen, welche mein Hyung verlor, spürte ich, wie mein T-Shirt immer nasser wurde. Doch trotzdem presste ich Yoongi nur noch näher an mich und legte meinen Kopf vorsichtig auf seinem ab. Meine Lippen presste ich fest zusammen und verhinderte dadurch, dass einzelne Schluchzer meinen Mund verliessen. Mein Blick war starr auf die weisse Wand vor mir gerichtet, während ich einfach nur den verschiedenen Geräuschen in der Küche lauschte.
Immer wieder hörte ich das regelmässige Ticken der Uhr, welche mir nach einem kurzen Blick zu dieser zeigte, dass wir eigentlich schon längstens im Bett sein müssten, damit wir wenigstens noch ein bisschen Schlaf bekommen würden. Doch wir beide konnten in diesem Moment überhaupt nicht ans Schlafen denken...
Auch Yoongis Schluchzen hörte ich immer noch ab und zu. Jedoch schwächte es mit jeder Minute ab, was mir einen ziemlichen Stein vom Herzen nahm. Ich war wirklich froh, dass er sich langsam mit meiner Hilfe selbst beruhigen konnte... Das nahm mir wenigstens einer meiner Sorgen.
Denn zu Beginn hatte ich wirklich Angst, dass es so ähnlich wie bei Jimin enden würde. Ausmalen wollte ich nicht wirklich, wie meine Hyungs darauf reagieren würden, wenn sie mich zu diesem Zeitpunkt mit einem aufgelösten Yoongi vorfinden würden. Wahrscheinlich würden sie mir den Hals umdrehen...
Ein leises Seufzen entfuhr mir als ich bemerkte, wie Yoongi seinen Kopf in meiner Halsbeuge versteckte und sich wieder mehr in meine Kleidung krallte. Das kleine, klägliche Aufschluchzen, welches ihm dabei entfuhr, brannte sich regelrecht in mein Herz und trieben mir nur so die Tränen in die Augen. Eine kleine Träne schaffte es schliesslich sich aus meinem Auge zu kämpfen. Einfach weil ich für einen kurzen Moment schwächelte...
Unauffällig wischte ich mir diese genervt weg. Ich wollte nicht weinen. Ich musste stark bleiben. Für Yoongi. Ich wusste nicht einmal wirklich, wieso ich so davon besessen war, nicht zu weinen. Ich wollte einfach einen gewissen Halt für ihn darstellen. Nicht wieder eine ähnliche Ablehnung wie vor ein paar Minuten erhalten.
Möglicherweise wollte ich auch einfach meinen Hyungs zeigen, dass ich nicht mehr dieses kleine Kind von früher war. Dass ich teilweise mehr wusste als sie vorerst dachten... Ich wollte, dass sie mir voll und ganz vertrauten. Ich wollte, dass sie wussten, dass ich stark war, dass ich für sie da sein konnte. Ich wollte sie doch einfach nicht noch einmal verlieren...
Durch Yoongi wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, da er sich vorsichtig ein wenig von mir löste. Jedoch entfernte er sich auch nicht zu sehr von mir. Wahrscheinlich einfach um sicher zu gehen, dass ich wirklich da war. Dass er sich jederzeit wieder, wie an einen rettenden Anker werfen konnte.
Stur sah der Ältere auf meine Brust, während seine Finger nervös mit dem Saum meines T-Shirts herumspielten. Sein Gesicht hielt er vor mir versteckt, in dem er die ganze Zeit seinen Kopf gesenkt hielt. Man sah praktisch, wie er gegen etwas ankämpfte. Wie er versuchte, die angestauten Emotionen irgendwie zusammenzufassen und sich zu beruhigen...
Doch gerade als ich dachte, dass er sich wieder ein wenig beruhigt hatte, warf sich mein Hyung wieder weinend an meine Brust. Erschrocken starrte ich für ein paar Sekunden einfach den Boden der Küche an, bevor ich irgendwie reagieren konnte. "Hyung beruhig dich bitte...", hauchte ich ihm mit belegter Stimme ins Ohr, worauf ich aber nur ein kräftiges Kopfschütteln erhielt.
"Ich bin hier und ich bleibe auch bei dir." Auf meine Worte reagierend, schlang er seine Arme fester um mich, was ich ihm gleich tat. Zögerlich gab ich ihm einen kleinen Kuss auf seinen Haaransatz und fuhr ihm leicht durch seine wuscheligen Haare.
Nach ein paar Sekunden hob er ganz plötzlich seinen Kopf, worauf ich direkt in seine Augen blicken konnte. Sein verweintes Gesicht sah mir sofort entgegen, was mich schwer schlucken liess. Zitternd sah ich kurz zur Seite, damit ich mich ein wenig zusammenreissen konnte. Nicht weinen... Für Yoongi da sein. Stark bleiben...
Als ich wieder zu meinem Hyung sah, lagen seine ungläubigen, wässrigen Augen immer noch auf mir. Vorsichtig rangte ich mir ein klägliches Lächeln ab und führte meine zittrigen Finger auf seine Wange zu. Zurückhaltend fuhr ich mit meinem Daumen über seine nasse Wange und legte meinen Kopf leicht schief. Irgendwie konnte ich noch nicht wirklich glauben, dass Yoongi nun tatsächlich bei mir war.
Zögernd liess ich meine Hand weiter hinauf auf seine Stirn gleiten. Nicht nur seine Stirn strahlte eine gewisse Wärme aus. Auch sein Körper gab noch Wärme ab, welche man nur zu gut erkannte. Doch zu unserem Glück war das Fieber nicht mehr so hoch wie an dem Tag als wir ihn fanden. Das bestätigte mir auch Yugyeom gestern.
Ein wenig neben der Spur starrte mich Yoongi an, weshalb ich automatisch ein wenig Lächeln musste. "Ich bin wieder hier, siehst du?", nuschelte ich leise und legte meine kühlen Hände auf seine warmen und nassen Wangen. Fest sah ich ihm in die Augen, worauf er schliesslich vorsichtig nickte. "Ich lass dich nicht mehr allein. Das verspreche ich dir."
Zittrig atmete ich einmal tief durch und versuchte mich somit wieder ein wenig zu beruhigen. Nicht weinen Jungkook... nicht weinen. Fest biss ich mir auf meine Unterlippe, um nicht gleich los zu weinen. Nicht weinen... Ich musste jetzt für Yoongi stark bleiben.
Leicht zuckte ich zusammen als ich plötzlich seine Finger in meinem Gesicht spürte. Überrascht sah ich ihn an. Seine Augen lagen jedoch aufmerksam auf seiner Hand, welche weiterhin meine Konturen nachfuhr. Immer wieder entfuhren ihm noch kleine Schluchzer, doch irgendwie schaffte er sich, durch das Betrachten meines Gesichtes, abzulenken.
"I-ich habe dich lieb Yoongi. Das weisst du, oder?", fragend sah ich ihn an, worauf er in seiner Bewegung verharrte. Mit grossen Augen sah er zu mir, welche sich langsam wieder mit Tränen füllten. Ich wollte einfach das er wusste, dass er sich immer noch ganz tief verankert in meinem Herzen befand. Absolut keiner meiner Worte stimmte, welche ich ihnen an diesem verhängnisvollen Nachmittag an den Kopf warf.
"Ich hasse dich nicht... Das könnte ich auch gar nie, verstehst du das?" Bittend sah ich ihn an, was er stumm erwiderte. "Ich kann dich doch überhaupt nicht hassen. Das geht nicht...", sprach ich leise aus und sah kraftlos zu Boden. Ich spürte nur zu gut, wie sich in meinen Augen immer mehr Tränen ansammelten, welche ich einfach nicht unterdrücken konnte.
"Das was ich damals vor dem Unfall zu euch sagte stimmt nicht. Ihr seid meine Familie... Ihr seid mein ein und alles. Ich kann und will euch doch überhaupt nicht hassen." Während ich weiterhin mit den Tränen kämpfte, bekam ich immer noch keine Reaktion auf meine Worte und dies verunsicherte mich extrem. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte...
Immer noch spürte ich, wie mein Hyung immer wieder seelenruhig meine Wange streichelte. An einem gewissen Ort auf meiner Wange blieb er jedoch stehen, während er immer wieder sanft über diese Stelle fuhr. Obwohl ich immer noch ein wenig verzweifelt war, da er mir nicht antwortete, wusste ich genau, um welche Stelle es sich handelte.
An diesem Ort befand sich meine kleine Narbe, welche ich durch den Unfall zu zog. Für mich war sie nichts Schlimmes. Ich trug sie bereits mit mir mit als würde sie schon mein ganzes Leben lang zu mir gehören. Doch für meine Hyungs schien diese Narbe eine ganz andere Bedeutung zu haben. Für mich war sie nicht mehr wichtig, aber für sie schien es gerade das Gegenteil zu sein...
🥀⌛🍃
Habt ihr so ganz spontan Lust auf eine Lesenacht am Samstag? 🤔
Sie würde wieder um 19 Uhr beginnen und fünf Kapitel beinhalten. Am Sonntag würde dann wahrscheinlich kein Kapitel kommen, da wir an diesem Tag in die Ferien fahren. Wäre das so okay? 🙈
DU LIEST GERADE
My Time / Taekook
FanfictionWas geschieht, wenn man nach zehn Jahren aus dem Koma erwacht? Wenn man dachte, dass man nur ein paar Tage weg war und alles noch beim Alten wäre. Doch dann schlägt einem die bittere Wahrheit ins Gesicht, welche einem in diesem Moment den Atem raub...