Kapitel 78

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Schwer schluckte ich und wagte es nicht ein einziges Mal in Taehyungs Gesicht zu blicken. Eigentlich müsste er nur eins und eins zusammenzählen, um zu verstehen, dass ich einmal auf ihn stand und es auch noch weiterhin tat. Denn ich war mir fast sicher, dass von ihm keine gute Reaktion kommen würde. Nicht wenn ich wusste, mit welchen Blicken er mich damals, nach unserem Kuss, angesehen hatte. So verachtend und kalt...

Zögerlich sah ich stattdessen zu Namjoon und Jin, deren Blicke ich nicht wirklich deuten konnte. Hassten sie mich jetzt auch? Bei ihnen hatte ich zuerst noch die wenigsten Bedenken, aber jetzt? In diesem Moment warf ich auch diese über den Haufen.

Auch bei Yoongi und Hoseok hatte ich mehr bedenken, da ich bei den beiden absolut keine Ahnung hatte, wie sie auf meine Sexualität reagieren würden. Na ja, jeden Moment würde ich es schliesslich erfahren, da es ja Taehyungs Eltern ausgeplapperten und dabei ein grösseres Chaos anrichteten als sie wahrscheinlich vermuteten...

Und Jimin? Was würde er für Emotionen im Gesicht haben? Würde er immer noch hinter mir stehen, wenn es meine Hyungs nicht tun würden? Würde er mich immer noch so akzeptieren wie ich nun mal war? Seit dieser einen Nacht, in welcher er mir erzählte, dass er wusste, dass ich in Taehyung verliebt war, redeten wir nicht mehr wirklich darüber und dies war nun auch schon ein paar Wochen her.

Um ehrlich zu sein verfluchte ich mich in diesem Moment, da ich meinen Hyungs einfach nicht vertraute... In jedem anderen Moment würde ich ihnen vertrauen, wie niemandem sonst, aber in dieser Situation konnte ich es nicht. So sehr ich auch wollte, es ging wirklich nicht...

Wahrscheinlich sass einfach noch der Schmerz, welcher meine Eltern hinterliessen, zu fest in meinem Herzen. Tatsächlich dachte ich, dass ich es überwunden hätte. Immerhin gehörte es zu meiner Vergangenheit und ich sollte akzeptieren, dass sie mich nicht mehr sehen wollten, weil ich schwul war. Ich sollte akzeptieren, dass ich keine leiblichen Eltern mehr hatte.

Doch so leicht, wie es klang, war die Umsetzung leider nicht. So sehr ich es auch damals versuchte. Dieser Schmerz und die Enttäuschung würde mich immer begleiten und wahrscheinlich kam auch von da das Misstrauen. Die Angst, so etwas noch einmal mit zu erleben, war es, welche mir so unglaublich sehr zusetzte...

Während ich mir eine Träne auf meiner Wange wegwischte, sah ich vorsichtig zu Jimin hoch. Sofort trafen seine mitleidigen und besorgten Augen auf meine, was mich leicht unwohl fühlen liess. Warum immer ich? Weswegen traf es immer mich? Was hatte mein Früheres ich verbrochen, damit ich jetzt so gestraft wurde...?

"Kookie...", flüsterte Jimin leise, worauf ich nachdenklich zu ihm hinauf sah. Womit hatte ich diese Menschen vor mir nur verdient? Weshalb waren sie immer noch bei mir? Warum waren sie einfach nur so absolut wundervoll?

"Kookie... Es tut uns so unglaublich leid, hörst du? Wir werden dir alles erklären, das verspreche ich dir." Zögerlich machte der Ältere ein paar Schritte auf mich zu, welche ich mit wachsamen Augen beobachtete. Mit jedem Schritt den Jimin tat, krabbelte ich ein wenig von ihm weg und ignorierte dabei seine flehenden Augen.

Hektisch schüttelte ich meinen Kopf. Nein... Ich wollte das nicht hören. Ich wollte nur wissen, ob sie noch an meiner Seite bleiben wollten oder mich nicht doch eher verlassen wollten. Ich würde sie nicht aufhalten können... Genau wie ich meine Eltern auch nicht aufhalten konnte.

In diesem Augenblick war mir alles andere egal. Es war mir egal, was Taehyungs Eltern erzählten. Es war mir mehr oder weniger egal, dass sie höchstwahrscheinlich hinter all den schrecklichen Ereignissen steckten. Es war mir egal, dass mich Taehyungs Eltern am liebsten Tod sehen würden. Das einzige... Das Einzige was ich wissen wollte war, ob sie mich so akzeptieren und lieben würden wie ich nun mal war. Ob sie akzeptierten, dass ich auf das gleiche Geschlecht stand...

My Time / TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt