Kapitel 23

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Während dem Essen begannen wir immer wieder kleinere Gespräche. Namjoon unterhielt sich angeregt mit Yugyeom über die Medizin, was meinen Hyung anscheinend sehr zu interessieren schien. Auch Jin und Nuri verstanden sich wirklich gut. Die beiden hatten teilweise einen ähnlichen Humor und dies sagte eigentlich schon alles aus.

Doch seit ein paar Minuten lag eine komische Stille über dem Essenstisch. Diese Stille machte mich irgendwie ziemlich nervös, obwohl vorhin noch alles in Ordnung war und wir alle normal miteinander sprachen. Was war also jetzt anders?

Im Augenwinkel konnte ich sehen, wie sich Jin und Joonie immer wieder stumme Blicke zuwarfen, was mich irritiert die Stirn runzeln liess. War irgendetwas passiert? Wusste ich etwas Schlimmes noch nicht? Zu wissen, dass ich tatsächlich zehn Jahre überhaupt nichts aus ihrem Leben mitbekommen hatte, machte mich ganze kirre... Das wollte einfach nicht in meinen Kopf hinein.

"Okay, ich denke wir haben noch etwas zu sagen.", begann Namjoon mit möglichst sicherer Stimme, was uns alle zu ihm aufsehen liess. Also lag den beiden wirklich noch etwas auf dem Herzen und dieses Ungewisse machte mir verdammt Angst...

Mit mulmigen Bauchgefühl legte ich mein Besteck auf den Teller und sah neugierig zu meinen Hyungs. "Ist... ist es etwas schlimmes?", fragte ich die beiden zögerlich, was wahrscheinlich auch die beiden Geschwister interessierte, da Namjoons Worte eher an die beiden gerichtet waren. Nuri und Yugyeom tauschten kurz einen, für mich undefinierbaren, Blick aus, bevor sie sich wieder auf meinen Hyung konzentrierten.

"Oh Gott nein", antwortete Jin an Namjoons Stelle und fuhr auch sofort weiter. "Eigentlich wollten wir uns nur bei euch beiden bedanken." Irritiert sahen die beiden Geschwister zu Jin, welcher unter dem Tisch nervös mit seinen Fingern spielte. "Wir wollten uns bei euch bedanken, dass ihr für unseren Jungkook da wart. Das ihr ihn nicht allein gelassen habt, wie wir es damals taten."

Mit gläsernen Augen sah Jin zu Namjoon, welcher ihn beruhigend und stolz anlächelte. "Wir sehen es definitiv nicht als selbstverständlich, denn immerhin war er für euch ein Fremder... Und dass ihr ihm dann auch noch geholfen habt uns zu finden, bedeutet uns wirklich viel. Das hätte wirklich nicht jeder gemacht." Nach Joonies kleiner Dankesrede seufzte er tief aus als würde ihm gerade die ganze Last von den Schultern fallen.

Ein leichtes Schmunzeln legte sich auf meine Lippen, da ich ziemlich stolz auf meine Hyungs war. Denn es war wirklich nicht selbstverständlich, was die beiden Geschwister für mich taten. Natürlich war da auch der Grund, dass ich Nuri damals rettete, aber dies bedeutete erst recht nicht, dass sie sich wirklich ganze zehn Jahre um mich kümmerten.

Man sah den beiden Geschwistern an, dass sie gerade ziemlich überrumpelt waren. Selbst Nuri, welche sonst in jeder Situation etwas zu sagen hatte, war ungewöhnlich still. Nach einer Weile räusperte sich Yugyeom und sah kurz zu seiner kleinen Schwester.

"Alles gut denke ich...", begann Yugyeom noch immer ein bisschen überfordert. "Jungkook ist wirklich ein guter Mensch und irgendwann wurde es einfach zur Gewohnheit ihn in unserem Leben zu haben. Immerhin haben wir ihm sehr viel zu verdanken." Yugyeom sah mich lächelnd an, was ich schüchtern erwiderte. Ich war auf zwei wirklich tolle Menschen gestossen...

Auch Nuri sah mich kurz lächelnd an, bevor sie wieder auf ihre Beine starrte. Ab und zu machte sie sich wirklich noch grosse Vorwürfe und gab sich selbst die Schuld am Unfall. Jedoch sah ich es nicht so... So gesehen hätte man allem Möglichen die Schuld geben können. Vielleicht sollte es einfach so sein. Auch wenn ich es noch nicht wirklich akzeptieren konnte, aber das würde schon noch kommen...

"Ich glaube, dass ich dich schon damals im Krankenhaus gesehen habe...", meinte Jin an Yugyeom gerichtet und sah diesen nachdenklich an. "Ich meine an dem Tag als Jungkook den Unfall hatte, du bist mir aufgefallen als wir das Gebäude betreten haben." Mit gerunzelter Stirn sah Jin fragend zu Namjoon, welcher Jins Blick jedoch nur mit einem Schultern zucken beantwortete.

"Ich weiss es nicht mehr... Ich war damals so überfordert als wir die Nachricht bekommen haben, dass alles andere an mir abgeprallt ist.", erklärte Namjoon uns entschuldigend, worauf Yugyeom zum Reden ansetzte. "Tatsächlich war ich wirklich da...", bestätigte er Jins Vermutung.

Besorgt sah ich kurz zu Nuri, welche aber nur ruhig dem Gespräch folgte. Jedoch sah ich, wie in ihr die Anspannung stieg. "Nuri wurde damals auch ins Krankenhaus eingeliefert." Auch Yugyeom sah nun nach dem Gesagten zu Nuri, welche unwohl den Kopf einzog. Immerhin lagen nun praktisch alle Augen auf ihr.

"Ach tatsächlich warum de-" Jin unterbrach sich selbst und sah verwundert zu mir. Man sah förmlich wie es in den Köpfen der beiden Ältesten ratterte. Namjoon sah nachdenklich auf seinen aufgegessenen Teller, während Jins Augen überlegend auf Nuri lagen. Plötzlich legten sich jedoch beide Augenpaare auf mich, was mich unsicher den Kopf schieflegen liess.

"Sie war das Mädchen, welches du gerettet hast...", stellte Namjoon verdattert fest und sah mich fragend an und suchte eine stumme Zustimmung, dass er auch wirklich richtig lag. Als Bestätigung nickte ich einmal, was das Ganze schliesslich in eine grausame Stille verwandelte.

Jeder hing irgendwie seinen Gedanken hinterher. Was in diesem Moment genau in Namjoon und Jins Kopf ablief, konnte ich nicht wirklich sagen... Ich wollte nicht, dass sie Nuri dafür verantwortlich machten. Immerhin war es wirklich meine freie Entscheidung ihr zu helfen. Ich war mir damals bewusst, dass mir etwas passieren würde und dies nahm ich nun mal in kauf...

Ein kleines Schluchzen riss mich aus meinen Gedanken, worauf ich besorgt zu Nuri sah. Sie sollte doch nicht weinen... Erschrocken schlug sich die Jüngste unter uns die Hand auf den Mund und wischte sich einmal über die Augen. "I-ich wollte das nicht... wirklich nicht...", flüsterte sie leise und versuchte ihre Tränen zu unterdrücken. "Ich w-wollte nicht, dass ihr fast einen wichtigen Menschen in eurem Leben verliert. Das war ganz bestimmt nicht meine Absicht."

Nuri sprach ziemlich schnell und ratterte die ganzen Wörter nur so herunter. Gerade als ich, aber auch Yugyeom, sie in den Arm nehmen wollten, kam uns überraschenderweise Jin zuvor. Schnell schob er seinen Stuhl nach hinten und lief einmal auf die andere Seite zu Nuri. Mit grossen Augen sah ich Jin zu, wie er Nuri mit einem sanften Lächeln auf den Lippen in die Arme zog.

Stolz auf ihn, begann auch ich zu Lächeln und stiess die angestaute Luft hinaus. Dankend blickte ich kurz zu Namjoon, welcher mir sanft zuzwinkerte. "Wir geben dir nicht die Schuld Nuri...", erklärte ihr Jin mit sanfter Stimme, was die Jüngere dankend zu ihm blicken liess. "Am Anfang taten wir dies, um ehrlich zu sein, aber in zehn Jahren bekommt man ziemlich viel Zeit zum Nachdenken und man beginnt alles mit anderen Augen zu sehen."

Seufzend kniete sich Jin neben Nuri hinunter und sah zu mir. "Es war allein Jungkooks Entscheidung so zu handeln. Aber ich bin mir auch sicher, dass er dies definitiv nicht für jeden beliebigen Menschen getan hätte." Auch in meinen Augen bildeten sich langsam kleine Tränen, welche ich versuchte wegzublinzeln. Schmunzelnd sah Jin wieder zu Nuri, welche sich nervös auf der Unterlippe herumbiss.

"Er hat wahrscheinlich irgendetwas in dir gesehen, was einen Hebel in ihm umgelegt haben muss..." Auch Namjoons Augen lagen stolz auf Jin, welcher Nuri mit liebevollen Augen ansah. Ich war wirklich froh, dass vor allem Jin das ganze so sah. Denn für ihn war es definitiv die schwierigste Zeit, welche er je hatte...

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My Time / TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt