Sorgfältig strich ich Taehyung seine dunklen Haare aus der Stirn und lächelte ihn behutsam mit wässrigen Augen an. Es war in Ordnung... Für den Moment war es mehr als nur in Ordnung. Taehyung brauchte mir nichts zu erklären. Nicht hier und nicht jetzt... Seine blosse Anwesenheit reichte mir aus.
Gerade war für mich einfach nur wichtig, dass er bei mir war. Dass er in meinen Armen lag und ich mich um ihn kümmern konnte. Dass er wohl auf war... Manchmal brauchte es keine Worte. Bei Menschen, welche einem mehr als nur wichtig waren, reichten Blicke aus, um einem mitzuteilen was sie gerade fühlten und wie es ihnen ging. Was für einen inneren Sturm sie gerade bewältigen mussten...
Doch ich sah es Taehyung an. Ich sah ihm an, dass er in diesem Moment am liebsten wirklich alles erzählen wollte, einfach seinen Gefühlen freien Lauf lassen wollte. Dass er mir alles erzählen musste, was er wusste. Er wollte mir erzählen was damals geschah, damit unsere Wunden heilen, welche wir schon so lange mit uns herumtrugen.
Aber es war mehr als nur okay. Ich war ihm in diesem Moment nicht böse. Ich konnte einfach nicht... Sobald ich Taehyung wieder das erste Mal sah, waren alle negativen Gefühle wie weggeblasen. Ich vergass, welchen Herzschmerz er mir zufügte, obwohl ich dies doch eigentlich gar nicht sollte. Dieser Herzschmerz, welchen ich über all die Monate wegsperren wollte, war plötzlich einfach weg. Vielleicht war es auch besser so, wenn ich ihn überhaupt nicht mehr auf diese eine Erinnerung ansprechen würde. Möglicherweise würde sie auch einfach verschwinden. Nur ich blieb noch zurück...
Doch es war okay... Wir beide konnten immer noch später über diese Sachen reden. Es musste nicht jetzt sein, es musste nicht heute sein und es musste auch nicht diese Woche sein. Ich wollte einfach diese Woche mit meiner kleinen Familie geniessen. Einfach einmal ein paar Tage haben, in welchen ich mich um nichts Sorgen musste. In welchen wir uns um nichts sorgen mussten...
Einfach das erste Mal seit zehn Jahren wieder einmal alle zusammen auf der Couch verbringen und die Zeit miteinander geniessen. Die verlorene Zeit, welche wir so nie wieder bekommen werden... Vielleicht war es deshalb umso wichtiger, dass wir jetzt füreinander da waren, wir uns gegenseitig unterstützen und liebten. Noch mehr als wir es damals taten...
Seufzend drehte ich meinen Kopf ein wenig zu Taehyung hinüber, welcher sein Gesicht immer noch an meiner Schulter versteckte. Meine Finger fanden mittlerweile einen Platz in seinen Haaren, worauf ich sanft seinen Kopf kraulte.
"Du musst nichts sagen, hörst du? Du sollst einfach nur bei mir bleiben. Mehr will ich nicht.", flüsterte ich schon fast in sein Ohr, da sich meine Stimme so kraftlos anhörte. Als Antwort auf meine Worte bekam ich ein leichtes Kopfschütteln, während ich vernahm, wie er sich näher an mich drückte. Wie konnte ich ihm denn helfen? Denn auch ich befand mich langsam aber sicher am Ende meiner Kräfte.
Ich war müde und ausgelaugt. Meine Augen brannten vom ganzen Weinen, obwohl ich schon wieder verspürte, wie sich meine Augen mit diesen lästigen Tränen füllten. Die letzten Monate hatte ich definitiv mehr als nur genug geweint. Um ehrlich zu sein verwunderte es mich ein wenig, dass überhaupt noch Tränen meine Augen verlassen konnten. Langsam sollten auch sie ihr Limit erreicht haben...
"D-du warst plötzlich einfach Weg... Du warst plötzlich nicht mehr hier. Ich wusste doch überhaupt nicht was ich ohne dich machen sollte. Du... du kannst nicht einfach so gehen, das darfst du nicht.", seine leisen Worte am Anfang wurden zum Ende hin immer wie lauter und energetischer. Tief atmete ich einmal zittrig durch. Es war alles gut...
"I-ich wollte nicht, dass du einfach weggehst...", kam es leise aus seinem Mund, worauf er mich ganz plötzlich wieder ansah. Seine verweinten Augen sahen mir einmal mehr entgegen, worauf ich schwer schlucken musste. Und was tat ich jetzt? Was sollte ich darauf antworten?
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My Time / Taekook
FanfictionWas geschieht, wenn man nach zehn Jahren aus dem Koma erwacht? Wenn man dachte, dass man nur ein paar Tage weg war und alles noch beim Alten wäre. Doch dann schlägt einem die bittere Wahrheit ins Gesicht, welche einem in diesem Moment den Atem raub...