Kapitel 71

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Ich wusste nicht genau wie lange es so weiterging, aber was ich wusste war, dass ich trotz meinen Bedenken jede einzelne Minute genoss. Während Taehyung mich wahrscheinlich voller Schock anstarrte, starrte ich ihn voller Freude an, welche ich aber tief in mir versteckte. In diesem Moment wurde mir erst recht bewusst, wie sehr ich den Älteren doch vermisste...

Leicht rappelte ich mich aus Yoongis Umarmung auf und strich mir die Tränen von den Wangen. Aufmerksam musterte ich den jungen Mann vor mir, welcher immer noch seinen Sohn fest in seinen Armen hielt und mich dabei anstarrte.

Unter seinen Blicken bemerkte ich sofort, wie meine Wangen ein zartes Rosa annahmen. Mein Herz schlug stark gegen meine Brust, was mir nur einmal mehr zeigte, dass meine Gefühle für den Älteren auf keinen Fall verschwanden. Im Gegenteil sogar... Sie waren noch präsenter als zuvor und das machte mir Angst...

Seit einer gefühlten halben Ewigkeit konnte ich endlich wieder in seine wunderschönen Augen blicken, welche mich immer so von meinen Sorgen fernhielten. Ich liess mich in solchen Momenten einfach fallen und genoss seine Anwesenheit. Etwas was ich schon lange nicht mehr machen konnte.

Während mich Taehyungs Anwesenheit deutlich zu beruhigen schien, wühlte meine Präsenz ihn immer mehr auf. Man sah ihm deutlich an, wie überfordert er mit der ganzen Situation war und absolut nicht verstand was gerade vor sich ging. Doch das bemerkte ich alles überhaupt nicht... Ich genoss gerade einfach seine Augen auf mir, welche mich einmal nicht mit diesem ekligen Blick ansahen.

Doch meine kleine Traumwelt platzte nur allzu gleich als Taehyung seine Augen von mir abwendete und sie stattdessen auf die Personen um mich herum richteten. Mit tränenden Augen sah Taehyung zu ihnen auf. "Hyungs?", kam es hauchend aus ihm, weshalb ich meinen Blick von ihm abwendete und enttäuscht zu Boden starrte.

War ich etwa nicht da? Nahm er mich nicht wahr? Verzweifelt füllten sich meine Augen wieder mit Tränen. Weshalb brachte mich dieser Junge nur so durcheinander? Ich verstand es nicht... Weshalb war er die Person, welche mich solche Sachen fühlen liess? Liebe... Das Gefühl was man eigentlich mit einer anderen Person teilen sollte, war bei mir eine ewige unerwiderte Liebe...

"I-ich versteh es nicht...", flüsterte Taehyung überfordert und sah kurz zu seinem Sohn hinunter, welcher sich wieder an ihn kuschelte. Behutsam legte er seine grosse Hand auf dem Rücken des Kleinen ab, was ich mit einem traurigen Lächeln beobachtete.

Nur kurz darauf spürte ich den verunsicherten Blick von Jin auf mir, welchen ich sofort erwiderte. Kläglich lächelte ich ihn an und nickte mit meinem Kopf nur bestätigend in Taes Richtung. Er sollte nur zu ihm gehen... Tae brauchte sie gerade mehr als sie dachten. Er war vollkommen überfordert und durcheinander.

Nach meiner Bestätigung lief Jin sofort auf Taehyung und Jungwon zu. Währenddessen stand Tae auf und lies vorsichtig Jungwon los. Sobald Jin auch schon bei ihm ankam, sah er noch einmal kurz prüfend auf seinen Sohn hinunter, bevor er sich praktisch in die Umarmung hinein warf, was mich glücklich Lächeln liess. Meine Hyungs hatten ein happy end mehr als verdient.

Sobald ich die Schluchzer von den beiden vernahm, zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Ich wollte ihn auch endlich wieder in den Arm nehmen, aber ich sollte gerade nicht so egoistisch sein. Taehyung und meine Hyungs waren die Personen, welche sich knappe zehn Jahre nicht mehr sahen. Ich war nur der, welcher praktisch schon von der Bildfläche verschwunden war. Die Person, welche überhaupt nicht mehr existierte...

Während sich Namjoon auch zu den anderen zwei dazugesellte, blieben die anderen sechs bei mir, worüber ich in diesem Moment so unglaublich froh war. Ich wusste um ehrlich zu sein nicht, wie ich das Ganze überstanden hätte, wenn ich nicht jemanden an meiner Seite gehabt hätte.

Verletzt krallte ich mich wieder an meinen Hyung hinter mir und drehte mich dieses mal so, dass ich direkt in Yoongis Gesicht blicken konnte. Ohne noch weiter zu zögern drückte ich mein Gesicht an seine Halsbeuge, welche ich auch sogleich mit Tränen benetzte. Warum hatte ich in diesem Moment das starke Gefühl, dass er mich einfach ignorieren würde...

Ich wollte nicht, dass er mich überhaupt nicht bemerkte. Da waren mir sogar seine Blicke lieber, welche mir sagten, dass ich nichts war. Er konnte alles tun, aber er sollte mich bitte nicht ignorieren... Taehyung sollte mich anschreien. Mir sagen, wie absolut dumm es war einfach auf die Strasse zu rennen, um mein Leben für das von jemand anderem aufzugeben. Er sollte irgendetwas tun... aber bitte... er durfte mich nicht ignorieren und mich komplett aus seinem Leben verbannen...

Schluchzend krallte ich mich an Yoongi, dessen Arme ich mittlerweile um meinen Körper fühlen konnte. Durch meine geschlossenen Augen blickte ich einer gnadenlosen Dunkelheit entgegen, welche mir gerade viel lieber war als dieses ganze Durcheinander hier.

"Alles wird gut Kookie... Du hast uns alle wieder bei dir. Wir lassen dich nicht mehr alleine.", hörte ich die beruhigende Stimme von Yoongi, worauf ich instinktiv nickte, obwohl mir gar nicht danach war. Denn ich war mir nicht sicher, ob wirklich alles gut werden würde. Davon waren wir noch zu weit entfernt...

Verletzt hob ich meinen wässrigen Blick an und legte meinen Kopf auf Yoongis Schulter ab. Sofort traf ich dabei auf Jimins Augen, welche mich besorgt anblickten. Sorgsam fuhren seine Finger über meine nassen Augen, worauf mir ein kleines Schluchzen entfuhr. "Gib ihm und dir Zeit...", sprach Jimin leise. "Er wird dir bestimmt alles Mögliche erklären, aber ich glaube im Moment hat er überhaupt noch nicht wirklich wahrgenommen, dass du hier bist."

Überfordert schloss ich kurz meine Augen und krallte mich währenddessen wieder fester an Yoongi. Mein untere Gesichtshälfte versteckte ich an seiner Schulter, bevor ich zögerlich meine Augen wieder öffnete. Jimins Augen sahen mich immer noch verständnisvoll an.

"Taehyung hat nur den alten Jungkook in Erinnerung. Den Jungkook mit welchem er sich verstritten hat. Der Junge, welcher damals sein Leben komplett auf den Kopf stellte. Den Jungkook, welchen er bei einem Unfall verlor. Wir alle haben dich damals verloren, verstehst du?" Mit grossen Augen sah ich meinen Hyung an. Sie hatten mich verloren? Aber ich war doch da... Ich war nie wirklich weg. Ich lag nur im Koma...

"Als wir erfuhren, dass du ihm Koma lagst, erfüllt einem in diesem Moment fast das gleiche Gefühl, wie wir dich in einem Unfall verloren hätten. Du warst nicht mehr da... Wir hatten nur deine leblose Hülle vor uns. Nur diese schrecklichen piependen Geräte zeigten noch, dass du dich bei uns befunden hast. Dass wir dich nicht vollständig verloren hatten."

Während Jimin mir wieder einmal die Sicht von meinen Hyung erzählte, brach mein Herz wortwörtlich. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es für sie war. Mich täglich zu sehen, wie ich einfach nur leblos da lag und keinen einzigen Mucks von mir gab. Ich wüsste nicht, wie ich mit so einer Situation umgehen sollte und doch haben es meine Hyungs irgendwie geschafft...

Erschrocken zuckte ich kurz zusammen als ich kleine Hände an meinem Rücken verspürte. Nur kurze Zeit später quetschte sich Jungwon zwischen Yoongi und mich, was wir ein wenig überrumpelt zuliessen. Wie von selbst löste ich mich von meinem Hyung, während ich immer noch Jimins Worten hinterher hing.

Verwundert sah ich Taehyungs Sohn vor mir an, welcher mich sanft und besorgt zugleich anlächelte. "Ich wollte auch mit Kookie kuscheln und ihn trösten...", nuschelte der Kleine leise und sah schüchtern zu Yoongi hoch, auf dessen Schoss er gerade sass. Ohne etwas zu sagen streckte Yoongi wieder die Arme nach mir aus, was ihm Jungwon gleich tat.

Sofort entfuhr mir ein glückliches Aufschluchzen was ich hinter meiner Hand ersticken wollte. Womit hatten wir den Kleinen nur verdient? Weshalb hatten wir so einen kleinen Goldschatz verdient? Womit hatte ich ihn verdient?

Ohne noch gross zu warten, kuschelte ich mich wieder vorsichtig an die beiden, darauf bedacht, dass ich den Kleinen nicht zerdrücken würde. Ein wenig seitlich lehnte ich mich an die Brust meines Hyungs, was mir Jungwon gleich machte. Sofort kuschelte sich der Kleine auch an mich, worauf ich schützend einen Arm um ihn legte.

"Ich danke euch...", hauchte ich leise in die angenehme Atmosphäre hinein, welche aber auf einen Schlag wieder verschwand als meine Augen wie von selbst auf unser Trio trafen. Stumm weinend sah Taehyung mich direkt an, während ihm weiterhin Tränen über die Wangen rollten. Am liebsten wollte ich sofort aufspringen und ihm diese wegstreichen doch zu gross war meine Angst vor seiner Reaktion...

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My Time / TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt