Komplett neben der Spur sah ich dem Geschehen zu. Fast ein wenig hilflos stand ich neben den beiden Gruppen, welche sich bildeten und sah immer wieder zwischen ihnen hin und her. Während Jin, Jimin, Hoseok und Nuri sich bei dem kleinen weinenden Jungen befanden, kümmerten sich die restlichen drei um die junge Frau, welcher es anscheinen komplett egal war, dass sie sich gerade gewalttätig gegenüber eines Kindes verhalten hatte.
Fassungslos sah ich die Frau an, welche mich mit ihren Klamotten definitiv nicht an eine liebevolle, sorgende Mutter erinnerte. Eher an eine hochroutinierte Geschäftsfrau, welcher das wohl der Menschheit nicht an erster Stelle stand. Macht und Geld gehörten in ihrer Welt an die Spitze.
Kurz warf ich ihr einen wütenden Blick zu, welchen sie wahrscheinlich eh nicht wahr nahm, bevor ich mich vorsichtig der kleinen Gruppe mit dem Jungen näherte. Auf den ersten Blick sah ich sofort seine leicht rote Wange. Auf dieser hatte er sanft eine seiner Hände platziert. Anscheinend hatte die andere einen ziemlichen Schlag drauf.
Dieser Gedanke machte mich sofort wieder so unendlich wütend. Kinder zu schlagen oder irgendwie anders zu verletzten gehörte unter aller Würde. Selbst wenn es einem nicht gut ging, als Elternteil sollte man dies nie an einem Kind auslassen. So etwas hatten diese kleinen Wesen nicht verdient...
Mit kleinen Schritten lief ich leise zu den anderen, deren Konzentration vollkommen auf dem kleinen Jungen lagen, welchen sie irgendwie versuchten, bestmöglich zu beruhigen. Der Kleine lag komplett aufgelöst in Jimins Armen. Kurz liess ich meinen Blick nachdenklich über die Anwesenden schweifen, welche um den Jungen knieten und diesen aus besorgten Augen musterten.
Bedacht, um die anderen nicht zu erschrecken, stütze ich mich behutsam auf Jins Schultern ab, worauf der Ältere kurz leicht zusammenzuckte. Mit geweiteten Augen sah er zu mir hoch, worauf ich ihn sanft anlächelte. Sofort legte sich ein beruhigter Schimmer in seinen Pupillen ab, bevor er mein Lächeln liebevoll erwiderte.
Nur ein paar Sekunden später wendete er seinen Blick wieder von mir ab und legte dafür seine linke Hand auf meiner ab. Sofort legte sich ein breites Lächeln auf meinen Lippen ab. Ja, wir hatten ein paar Auseinandersetzungen, doch trotz allem wusste ich immer, dass ich auf meine Familie zählen konnte. Nicht um sonst nannte ich sie Familie. Sie waren meine Familie und daran würde sich auch nie etwas ändern...
Neugierig sah ich mir den Jungen genauer an. Seine dunkelbraunen bis schwarzen Haare glänzten leicht im Sonnenlicht. Der Kleine steckte in einer einfachen Jeans und einem leichten grauen Jäckchen. Also eigentlich ein komplett anderer Kleiderstil als der der Frau. Der Kleine war in gemütliche, alltägliche Klamotten gepackt, während sie aussah wie ein auf getätscheltes komisches Irgendetwas... Mehr konnte ich jedoch auch nicht wirklich erkennen, da er sein Gesicht fest in die Jacke von Jimin drückte und diesen regelrecht umklammerte.
Wenn ich ehrlich war wunderte es mich ein wenig, dass er sich uns einfach so anvertraute. Dass er sich anscheinend ohne gross Nachzudenken an Jimin krallte, als würde er diesen schon sein Leben lang kennen. Waren Kinder sonst nicht eher zurückhaltend? Oder brachten die Eltern ihnen nicht wenigstens bei, dass man fremden Menschen nicht vertrauen sollte? Machte man das heutzutage nicht mehr oder hatte ich einfach ein ganz falsches Bild von dieser Situation?
"A-ppa! Ich will zu Appa.", hörte ich es plötzlich weinerlich von dem Kleinen, worauf ich ihn ein wenig verwundert ansah. Mitleidig verzog ich mein Gesicht. Wie gerne ich ihn doch zu seinem Vater bringen wollte, aber ich hatte keine Ahnung, wo sich dieser befand. Wahrscheinlich konnte uns nur diese komische Frau ein paar Meter entfernt weiterhelfen.
"Kannst du uns verraten wer dein Appa ist?", fragte ihn Jimin mit sanfter Stimme, während er vorsichtig durch das Haar des kleineren fuhr. Zögerlich hob er sein leicht verweintes Gesicht und wischte sich einmal mit seinen kleinen Fingern über seine nassen Augen. Armes Baby...
"Mein Appa...? Mein Appa ist mein Appa." Seine Stimme hörte sich richtig schüchtern und zugleich so unglaublich niedlich an. Ein wenig fasziniert löste ich mich schliesslich von Jin und kniete mich stattdessen neben ihn. Vorsichtig legte ich eine Hand auf Jins Knie ab, damit ich noch ein wenig halt bekam und ihm so auch ein wenig näher sein konnte.
Nachdem Jimin ein kleines Seufzen entfuhr, sah der Kleine fast schon ein wenig ängstlich zu ihm hinauf. Als hätte er Angst etwas Falsches zu sagen... "Okay... willst du uns dann vielleicht erzählen, wie du heisst?" Fragend sah Jimin zum Kleinen hinunter, welcher immer noch mit grossen Augen zu Jimin sah.
"Jungwon und ich bin schon fünf.", erzählte er uns aufgeregt und zeigte mit seiner Hand fünf Finger. Ein kleines Kichern entfuhr mir, aber auch den anderen, worauf sich auch auf den Lippen des kleinen Mannes ein leichtes Schmunzeln bildete. Der Kleine war einfach zu süss...
"Wow schon? Dann bist du ja bald ganz gross", kam es mit amüsiertem Unterton aus Jimin, welcher seine Hand schützend am Rücken des Kindes hielt. Beruhigt hatte er sich zu unserem Glück schon schneller als gedacht. Sofort erhielt er von Jungwon ein hektisches Nicken, was mich wieder breit Lächeln liess.
"Das da drüben ist übrigens Nuri.", erklärte ihm Jimin, während er mit dem Finger auf das Mädchen in der Runde zeigte. Diese wank ihm kurz zu, was Jungwon ihr gleich tat. "Das neben mir ist Hoseok oder auch Hobi." Leicht lächelte ihn Hobi an, was der Kleine schüchtern erwiderte. "Der grosse da drüben ist Jin und neben ihm kniet Jungkook. Und ich bin Jimin."
Mit grossen Augen sah Jungwon jeden einzelnen von uns genau an und nickte immer wieder verstehend als Jimin unsere Namen nannte. Doch sobald seine Augen auf meine trafen, konnte er irgendwie nicht mehr wegsehen. Sanft lächelte ich ihn an und legte meinen Kopf fragend schief.
Nachdenklich liess ich meine Augen über sein Gesicht wandern. Seine braunen Augen waren noch leicht rötlich, während auf seinen Wangen leichte Tränenspuren erkennbar waren. Unwillkürlich erinnerten mich seine grossen, braunen Mandelaugen an irgendjemanden. Doch in diesem Moment machte ich mir darüber keine weiteren Gedanken mehr.
Mit geweiteten Augen sah ich ihn nun an als er mit schnellen kleinen Schritten auf mich zu lief und seine Arme urplötzlich um meinen Oberkörper schlang. Erschrocken und verwirrt zugleich sah ich zu ihm hinunter, während meine Arme neben mir in der Luft schwebten. Meine erschrockenen Augen trafen auf die fragenden Augen von den anderen in diesem Kreis, worauf ich sie nur ein wenig hilflos ansehen konnte.
Zögerlich schloss ich schliesslich meine Arme um den zierlichen Körper. Irgendwie konnte ich in diesem Moment überhaupt nicht realisieren, dass sich der Kleine in meinen Armen befand und sich an mich drückte als wäre ich ein alter Verwandter, welchen er schon lange nicht mehr sah. Genau dies verwirrte mich so sehr...
Vorsichtig fuhr ich Jungwon über den Kopf und wuschelte einmal durch seine Haare. Nach ein paar Minuten, in welchen wir einfach still an Ort und Stelle da standen, sah er ganz plötzlich zu mir hinauf. Leicht schluckte ich einmal als ich wieder auf diese Mandelaugen traf.
"Können wir jetzt zu meinem Appa?", fragte mich Jungwon leise und sah mit grossen, niedlichen Augen zu mir. "Weisst du denn wo dein Appa ist?", kam die Gegenfrage von mir, während ich sorgfältig den Reissverschluss seiner Jacke ein wenig hochzog und mich dann wieder auf den Kleinen konzentrierte.
Das kleine Nicken von ihm brachte mich kurz aus dem Konzept, während ich kurz überrascht zu meinen Hyungs und Nuri sah. "Appa ist da drüben am Arbeiten...", nuschelte er leicht und zeigte schliesslich mit seinem ausgestreckten Arm auf das Gebäude, in welchem die Ausstellung nächstens stattfinden würde.
Doch mein Interesse daran, wo sich sein Vater nun befinden würde, verschwand in der nächsten Sekunde auf die andere. Wie von selbst fokussierten sich meine Augen auf den zierlichen Schmuck um sein Handgelenk, was meine Welt für ein paar Sekunden stillstehen liess. Ich verstand absolut nichts mehr...
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My Time / Taekook
FanfictionWas geschieht, wenn man nach zehn Jahren aus dem Koma erwacht? Wenn man dachte, dass man nur ein paar Tage weg war und alles noch beim Alten wäre. Doch dann schlägt einem die bittere Wahrheit ins Gesicht, welche einem in diesem Moment den Atem raub...