Kapitel 12

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Sprachlos sah ich den Zettel vor mir an und las ihn immer wieder durch. War das sein verdammter ernst?! Je öfters ich dieses beschriebene Stück Papier durchlas, desto wütender wurde ich. Die Wut auf diese ganze Situation, die Wut auf mich und auf Tae...

Angespannt warf ich den Zettel bei Seite und griff in das Schmucksäcken. Mit zittrigen Fingern holte ich das weisse Perlenarmband hervor. Nur ein einziger schwarzer Stein stach hervor, an welchem ein halbes Herz hing. Die andere Hälfte war an dem Armband, welches Tae besass... Immer wie mehr stieg die Wut in mir hoch. Warum tat er das? Warum konnte er sich nicht einmal entscheiden?

"Dieser scheiss Idiot!", fluchte ich vor mich hin und stand ruckartig auf. Das Armband warf ich einfach aufs Bett zurück. Aufgewühlt kaute ich auf meiner Unterlippe herum und raufte mir die Haare. Warum tut er das? Er tut mir damit nur noch mehr weh...

"Was ist los? Nicht gut?", kam es zögerlich von Yugyeom, welcher die Tasche mittlerweile wieder auf den Boden stellte. Ein wenig hilflos sah er zu seiner Schwester hinunter, welche gerade den Zettel las, bevor sie es ihrem Bruder zeigte. "Er will gefunden werden... Ist das nicht gut?", fragte mich jetzt auch Nuri unsicher, was mich in dem Moment nur noch wütender machte.

"Nein! Er... er meint das nicht ernst. Ich kann ihm doch überhaupt nicht mehr vertrauen..." Meine Wörter, welche am Anfang noch sehr aufbrausend waren, verwandelten sich innerhalb des Satzes in ein kleines schüchternes Mäuschen. "Er war es, welcher mich danach mit einem gebrochenen Herz zurück liess, er ganz alleine!", schrie ich meine Wut hinaus. Dieser Junge machte mich einfach so fertig.

Warum konnten meine Gefühle für ihn nicht mal nach zehn Jahren schlaf erlöschen? Was machte ich falsch? Ich wollte das ganze doch gar nicht mehr... "Kookie beruhig dich bitte...", murmelte Nuri besorgt und stand vom Bett auf. Ich lief jedoch reflexartig ein paar Schritte nach hinten. Ich war wütend und ich wollte meine Wut nicht an ihnen auslassen. Das haben sie nämlich nicht verdient...

"Er ist ein Idiot. Ein dummer Idiot, für welchen ich gefallen bin. Ich hasse ihn..." Mittlerweile war es nicht nur die Wut, welche mich dominierte, sondern auch die Trauer, welche meinen Körper einnahm. Der Schmerz von damals. Obwohl was hiess hier damals... Für mich fühlte es sich so an als wäre das ganze vor ein paar Monaten geschehen und es schmerzte immer noch so verdammt sehr.

In der Zeit, in welcher ich in meinen Gedanken versunken war, bemerkte ich Yugyeom gar nicht, welcher anstelle von seiner Schwester mich nun, ohne zu zögern in den Arm nahm. Innerhalb wenigen Sekunden begann mein Körper zu beben, während leise verzweifelte Schluchzer meinen Mund verliessen.

Beruhigend strich der paar Monate Jüngere mir immer wieder beruhigend über den Rücken. Auch Nuri befand sich inzwischen in unserer Umarmung und sah mich traurig an, was ich mit wässrigen Augen bemerkte. Natürlich sah ich vorhin ihren verletzten Blick...

"E-er hat mich geküsst... Er hat mir Hoffnungen gemacht, nur um wenige Tage später alles wegzuschmeissen. Er hat mir wehgetan, obwohl er mir versprochen hat, dass so etwas nie passieren würde." Schluchzend trommelte ich mit geballten Fäusten auf Yugyeoms Brust herum. Doch weh tat ich ihm damit eher weniger...

"Alles was aus seinem scheiss Mund kam, war gelogen... alles..." Nicht mehr gegen meine innere Wut ankämpfend, krallte ich mich in den Arztkittel von Yugyeom was ihn leise seufzen liess. "Das wird schon wieder... Ein gebrochenes Herz tut weh, ich weiss. Aber die Zeit schliesst doch bekanntlich alle Wunden, oder?"

Schniefend sah ich kurz zu ihm hoch und strich über meine verweinten Augen, bevor ich mich wieder an ihn krallte. Ein winziges Schulterzucken war alles was er von mir als Antwort bekam. "Ich schätze ich muss jemandem gewaltig in den Hintern treten...", zischte Nuri leise vor sich hin, während sie wütend die Arme vor der Brust verschränkte und sich an ihren Bruder lehnte.

"E-er hat mir versprochen mich nicht alleine zu lassen... er hat es v-versprochen...", schluchzte ich immer wieder und drückte mein Gesicht in Yugyeoms Oberkörper, welcher seine Arme nur noch fester um mich schlang. "Er hat... er hat mich e-einfach auf unserem Treffen geküsst." Mit wässrigen Augen sah ich zu Yugyeom hoch, der mich aus traurigen Augen beobachtete.

"D-danach war alles normal... Er hat so getan als wäre nichts passiert...", weinend trommelte ich wieder auf seiner Brust herum. Warum tat er mir das an? Warum musste ich mich in diesen Arsch verlieben...

"Als ich i-ihn darauf ansprach hat er mich nur mit diesem ekligen, kalten Blick angesehen. Mir eingetrichtert, dass alles ein Fehler war..." Kraftlos löste ich mich aus Yugyeoms sicheren Armen und fiel einfach leblos neben Nuri ins Bett... Dieses Arschloch! Verdammt noch mal, was denkt er eigentlich wer er ist...

Die Tränen aus dem Gesicht streichend, rappelte ich mich auf und sah mit enttäuschtem Blick zu Boden. "Wenn jemand in der Lage ist Aufforderungen zu stellen, dann bin ich das. Aber ganz sicher nicht dieses verlogene Arschloch." Meine ganze Wut brüllte ich mir in diesem Moment einfach regelrecht von der Seele. All das worüber ich bisher mit niemandem sprechen konnte... Einfach, weil ich Angst vor der Reaktion meiner Hyungs hatte. Tae hatte damals auch nicht wirklich den Anschein gemacht ihnen etwas davon zu erzählen...

Damals... Als mir dies bewusst wurde, wich mir die Farbe aus dem Gesicht. Mit geweiteten Augen sah ich zu den beiden Geschwistern, die mich unsicher betrachteten. Wahrscheinlich kam ich gerade rüber wie eine tickende Zeitbombe. "Zehn Jahre...", hauchte ich ungläubig. "Die ganze Scheisse war für Tae vor zehn Jahren, es geschah nicht vor ein paar Monaten."

Wie von selbst fiel mein Blick auf das Armband. Meine ganze Wut verblasste, nur noch die Ungläubigkeit und die Trauer blieb zurück. Zehn Jahre... Zehn unglaublich lange Jahre... Mit nun wieder wässrigen Augen nahm ich das Armband in meine Finger und drehte es in ihnen. "Das Armband gehörte nicht mir... Das war Taes. Ich hatte das haargleiche einfach nur in schwarz."

Ein bitteres Lächeln lag auf meinen Lippen. Aufgewühlt sah ich in das Säckchen, doch zu meinem Bedauern musste ich feststellen, dass meins nicht dabei war. Meinte Tae das Armband als Gegenstück... oder etwas komplett anderes?

Ein tiefes Seufzen entfuhr mir, bevor meine Augen endlich wieder auf die der Geschwister fielen. "Ich brauche nur Zeit... Zeit, bis ich das ganze verarbeitet habe, dann wird es mir auch wieder besser gehen.", erklärte ich ihnen mit einem schmerzhaften, erzwungenen Lächeln, um sie wenigstens ein wenig zu beruhigen. Ich kriege das schon hin... irgendwie...

"Kookie zwing dich bitte nicht... Wir sehen doch wie sehr es dich mitnimmt und so etwas kann man nun nicht wirklich einfach so wegstecken." Nuris traurigen, braunen Augen schimmerten mir entgegen. "Ich verspreche dir, dass wir dich in allem möglichen Unterstützen und Helfen werden. Wir sind für dich da, aber deinen Schmerz können auch wir dir leider nicht wegnehmen..."

Seufzend strich sich die Jüngste im Raum eine Haarsträhne nach hinters Ohr, bevor sie mich zurückhaltend anlächelte. Um ehrlich zu sein war gar nicht diese Erinnerungen und Taes verletzendes Verhalten das schmerzhafteste an allem. Viel Schmerzhafter waren meine immer noch anwesenden Gefühle für ihn. Mein Herz, welches mir mit jedem Atemzug sagte, dass ich ihn trotz allem gerade bei mir haben möchte...

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My Time / TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt