Kapitel 63

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Weinend lag ich auf meinem Bett. Meine Hände presste ich fest auf meinen Mund, damit ich meine eigenen kläglichen Schluchzer nicht hören musste. Ich wollte nicht weinen... Ich wollte meine erbärmlichen Schluchzer nicht hören... Mit verklärten Augen sah ich starr an die Wand vor mir und versuchte gerade irgendwie zu verarbeiten was nur vor wenigen Minuten geschah. Was hatte ich bloss wieder angerichtet?

Ich wollte doch nur meinen Hyungs helfen und für sie da sein. Ich wollte endlich wieder die Familie sein, welche wir noch vor zehn Jahren waren. Ich wollte endlich wieder glücklich sein und diesen einen Tag vergessen. Aber natürlich vermasselte ich mal wieder alles... Ich schrie sie an, beschuldigte sie für Sachen, welche wahrscheinlich überhaupt nicht wirklich wichtig waren...

Aber trotz allem tat es gut, dass ich einfach einmal rausschreien konnte was mich alles beschäftigte. Ich konnte mich endlich einen Moment von den ganzen Sorgen befreien... Meine Sorgen, welche in der letzten Zeit immer nur an zweiter Stelle standen. Im ersten Augenblick, nach dem ich meine Hyungs anschrie, fühlte ich mich einfach nur befreit, aber nun prasselten gefühlt alle möglichen schlechten Emotionen auf mich ein und nahmen mir den Platz zum Atmen weg.

Fest rollte ich mich zu einer kleinen Kugel zusammen, in dem ich die Beine an meine Brust zog. Ich brauchte einen Halt. Eine rettende Hand, welche mich aus dem ganzen Mist hier raus zog. Welche mir mein Leben wieder ein wenig normaler gestalten könnte. Ich wollte nicht mehr... Warum musste auch immer alles so unglaublich kompliziert sein. Ich verstand es einfach nicht oder vielleicht wollte ich es auch einfach nicht verstehen...

Doch gleichzeitig verfluchte ich mal wieder, dass ich mich nicht selbst aus diesem Loch holen konnte. Dass ich gerade nicht allein stark sein konnte. Ich wollte Taehyung bei mir haben... Meinen Taehyungie, welcher mir jetzt gut zureden würde, mich fest in seinen Armen halten würde und mir dabei einen seiner liebevollsten Blicke schenken würde. Ich wollte gerade einfach bei ihm sein. Ich würde mich gerade überall wohler fühlen als hier allein in diesem Zimmer...

Warum konnte ich nicht einfach ein ganz normaler Junge sein? Ein Junge mit unterstützenden Eltern. Ein Junge, welcher keine zehn Jahre seines Lebens verpasste. Ein Junge, welcher keinen Schicksalsschlag erlitt. Ich wollte einfach in Ruhe mein Leben leben können, ohne dass es noch komplizierter wurde als das Leben sonst schon von allein war.

Wieder entfloh mir ein klägliches Aufschluchzen, während tausende von Tränen über mein Gesicht rollten und die Decke unter mir durchnässten. Ich wollte nicht mehr weinen, aber ich konnte nicht aufhören. Mein Herz schmerzte und ich konnte nichts dagegen tun...

Ein kleiner Aufschrei entfloh meinen Lippen, welcher gerade den Schmerz in mir widerspiegelte. In diesem Moment wollte ich einfach nur aufstehen und zu meinen Hyungs rennen. Ich wollte ihnen diesen Schmerz nehmen, welchen sie nach unserem Streit in sich trugen, genau wie sie mir meinen Schmerz nehmen würden. Aber ich hatte keine Kraft. Ich konnte nicht aufstehen ohne dass meine Beine komplett unter mir nachgeben würden. Ich konnte gerade wirklich nicht mehr...

Doch zum Glück wurde mein kleiner Wunsch auch so erfüllt. Denn während ich in meinem Leid versank, bekam ich überhaupt nicht mit, wie sich meine Zimmertür öffnete und zwei Gestallten mein Zimmer betraten. Ich war einfach nur beschäftigt damit mich irgendwie wieder zu beruhigen, was aber nicht wirklich funktionierte. Viel eher steigerte ich mich noch mehr in diesen Schmerz hinein.

Erst als ich urplötzlich an einen schützenden Oberkörper gezogen wurde, reagierte ich. Durch meine verklärte Sicht sah ich sofort zu Hoseok hoch, welcher meinen Kopf aber nur zugleich wieder an seinen Körper presste. Mal wieder krallte ich meine Finger fest in seinen leichten Pullover und liess dieses eine Mal meinen Tränen einfach freien Lauf. Ich hatte wirklich keine Kraft mehr für auch nur irgendetwas...

Und so kam es, dass ich total aufgelöst in den Armen von Hobi Hyung lag und mich einfach gehen liess. Etwas was ich möglicherweise schon bereits früher hätte tun sollen. Ich hätte schon längstens über meine Sorgen sprechen sollen... aber ich wollte nicht oder verdrängte es einfach. Dies war leider etwas was ich zu gut konnte.

Nur spärlich nahm ich wahr, wie noch ein zweites paar Arme um mich gewickelt wurden. Durch meine verschwommene Sicht konnte ich nur die schwarzen Haare von Nuri ausmachen, worauf mir wieder ein stärkeres Schluchzen entfuhr. Mit zusammengekniffenen Augen schnellte mein linker Arm in Nuris Richtung aus, um sie auch bei mir zu haben.

Ich könnte mir mein Leben ohne die Kleine nicht mehr wirklich vorstellen... Ich würde es mir nie verzeihen, wenn Yoongi und Jimin sie jetzt verstossen würden. Sie traf keine Schuld... In dieser verzwickten Situation damals hätte man so vielen die Schuld geben können, aber bestimmt nicht ihr. Ich wollte mir überhaupt nicht ausmalen was alles geschehen wäre, wenn ich sie nicht gerettet hätte.

"S-sind die anderen sehr böse auf mich?", brachte ich, mit immer wieder unterbrechenden Schluchzern, über die Lippen. Ein wenig kläglich sah ich zu Hoseok hoch, welcher mein tränenverschmiertes Gesicht nur liebevoll betrachtete. "Ich weiss es nicht Kookie...", gab mein Hyung nachdenklich von sich, bevor er kurz einen Seitenblick zu Nuri wagte.

"Eigentlich haben wir überhaupt keinen Grund, um wütend auf dich zu sein. Du hast nur das erzählt was dir schon seit einigen Wochen auf dem Herzen lag. Also alles gut." Beruhigend lächelte mich mein Hyung an, worauf ich mich auf seinen Schoss setzte und meine Arme um seinen Hals schlang, um daraufhin mein Gesicht in seiner Halsbeuge zu vergraben.

"Wir müssen das ganze einfach verarbeiten, damit wir beide Seiten unterstützen können." Während seinen Worten fuhr er mir immer wieder mit seiner Handfläche beruhigend über den Rücken. "Wir sind unglaublich stolz auf dich Jungkookie.", murmelte Hobi Hyung noch hinterher, worauf ich mich nur noch näher an ihn drückte.

Sobald ich mich wieder einigermassen im Griff hatte, löste ich mich wieder von ihm und wischte mir einmal über das Gesicht. Tief atmete ich einmal durch, bevor meine Augen automatisch die von Nuri fanden. Vorsichtig strich ich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr, während sie sich weiterhin an Hobis Schulter kuschelte.

"Es... es tut mir leid Nuri...", betroffen sah ich die Jüngere an, welche mich schwach anlächelte. "Es geht schon wieder.", murmelte sie mir nur zu, was ich ihr aber nicht wirklich abkaufte. "Nachdem du aus dem Raum verschwunden bist hat sich Jin sofort bei mir und Yugyeom entschuldigt. Ich glaube er hat das nur gesagt, weil er gerade so überfordert mit allem war."

Schwach nickte ich nach ihren Worten und wendete nachdenklich meinen Blick ab. Jin hatte sich bei Nuri entschuldigt... Dieser Gedanke erwärmte tatsächlich mein Herz ein wenig. Durch diese ganze Wut, welche in uns herrschte, warfen wir uns Dinge an den Kopf, welche wir überhaupt nicht so meinten. Einfach weil man sich so sehr in diese Emotion hineinsteigerte...

"Und was ist mit Jimin und Yoongi?", fragte ich schlussendlich doch noch zögerlich nach, weil ich mir zuerst nicht ganz sicher war, ob ich wirklich eine Antwort auf diese Frage haben wollte. Doch nach Nuris Schultern zucken sass ich ein wenig deprimiert da. Seufzend liess ich meine Schultern hängen, bevor ich mich wieder an Hoseok lehnte. "Gib ihnen Zeit Kookie...", hörte ich es leise von ihm, während er sanft durch meine Haare fuhr.

"Es war vermutlich einfach ein kleiner Schock, da sie es nicht vermuteten. Möglicherweise fühlen sie sich, besonders Jimin, verletzt und verstossen, da sie es erst jetzt erfuhren. Aber das wird schon, da bin ich mir sicher." Seufzend sah ich zu Nuri, welche immer noch ein wenig betreten auf das Bett starrte. Es nahm sie mit, ob sie es nun zugeben wollte oder nicht...

"Namjoon, Jin und ich haben Nuri schliesslich auch in unser Herz geschlossen. Dann werden es die anderen beiden auch können." Dankbar lächelte Nuri ihn an, was auch mich wieder leicht Schmunzeln liess. Wie dankbar ich doch in diesem Moment für Hobis Unterstützung war. Das brauchten Nuri und ich gerade ein wenig...

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My Time / TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt