Kapitel 18

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Während sich die Menschenmasse so langsam, aber sicher um uns auflöste, stand ich immer noch weinend in Yugyeoms Armen da. Inzwischen waren die Tränen zwar versiegt und es blieben nur noch die restlichen Tränenspuren übrig, aber in mir drin schmerzte es gewaltig. Ich hatte versagt, und zwar haushoch...

Stumm sah ich starr den Boden neben mir an, während sich mein Kopf auf Yugyeoms Oberkörper befand, dessen Arme locker an meiner Taille lagen. Auch meine Arme lagen inzwischen wieder lockerer um seinen Körper.

Körperlich war ich zwar anwesend, aber meine Gedanken waren irgendwo komplett anders. Warum war ich nicht früher losgelaufen, dann hätte ich vielleicht noch ihre Aufmerksamkeit auf mich lenken können... Warum plagten mich vorher diese ekligen Gedanken? In diesem Moment kam es mir viel schlimmer vor nicht bei ihnen zu sein. Erst recht jetzt, wo ich sie seit einer halben Ewigkeit nicht mehr sehen konnte.

Es wäre mir so etwas von egal gewesen, wenn sie mich abgewiesen hätten. Wenn sie mich wieder weggeschickt hätten. Aber ein letztes Mal wollte ich sie noch einmal umarmen. Ein aller letztes Mal ihre Nähe spüren und sie geniessen... Wenn sie mich danach nicht mehr sehen wollen, hätte ich es schweren Herzens akzeptiert...

"Es tut mir leid, Kookie... Aber wir finden bestimmt einen anderen Weg, wie du endlich wieder zu ihnen kannst. Da bin ich mir sicher.", aufmunternd kraulte Yugyeom mir den Rücken, worauf ich einfach nur stumm nickte. Ich war ihm wirklich dankbar, dass er gerade da war. Auch seine Worte halfen mir, wenn auch nur ein kleines Stück.

Denn ich wollte sie jetzt sehen. Jetzt in meine Arme schliessen. Ihnen jetzt sagen, dass es mir leid tat. Dass ich nie wollte, dass es zu so einem Streit kam. Dass ich nicht wegrennen wollte. Dass ich sie nicht so anschreien wollte und dass ich sie nicht hasste. Denn dies waren die letzten drei Wörter, welche mir über die Lippen kamen, bevor ich aus unserer Wohnung rannte.

Mit einem tiefen Seufzen entfernte ich mich ein wenig von Yugyeom und strich die verbliebenen Tränen auf meiner Wange weg. "Es ist schon in Ordnung, alles gut...", murmelte ich noch leicht von der Spur, bevor ich zögerlich meinen Blick vom Boden löste und zum Jüngeren sah.

Dieses sah mich aber nur kopfschüttelnd an. "Das stimmt nicht... Hör auf dich selber anzulügen.", meinte er seufzend zu mir und fuhr sich durch die Haare. Ein wenig ertappt wendete ich meinen Blick wieder von ihm ab und krallte meine rechte Hand in meinen Oberarm. Warum war ich immer so durchschaubar?

Erschrocken zuckte ich zusammen als ein leises Räuspern neben uns erklang. Mit grossen Augen sah ich zu einem mittelalten Mann, welcher seine Augen einmal über meinen ganzen Körper schweifen liess, bevor sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.

Ein wenig unwohl trat ich näher zu Yugyeom heran, welcher den Neuling mit skeptischen Augen betrachtete. "Können wir Ihnen irgendwie helfen?", fragte ihn Yugyeom möglichst höflich und zog die Augenbrauen zusammen. Der Mann verbeugte sich vor uns, was wir ihm zögerlich gleich taten. "Verzeihen Sie, ich bin Herr Lee. Freut mich sehr euch kennenzulernen, wenn ich richtig liege sind Sie Jeon Jungkook?"

Immer noch verwirrt sah ich zu ihm, bevor ich schliesslich zögerlich nickte. "Und was möchten Sie von mir?" Meine Stimme klang immer noch ein wenig verheult, was mir aber nicht wirklich etwas ausmachte. Viel mehr interessierte es mich, was dieser fremde Mann im Anzug von mir wollte...

"Ich sollte Sie zu meinem Chef bringen." Mein Herz setzte für ein paar Sekunden aus, nur um in doppeltem Tempo weiterzuschlagen. Ein wenig perplex sah ich den älteren Mann an, welcher mich aber nur freundlich anlächelte. "Kim Seokjin und Kim Namjoon?" Fragend sah er zu mir, worauf ich aber nur fassungslos auf den Boden sehen konnte. Sie haben mich doch gesehen?

Auch Yugyeom sah überrascht zu mir herunter, was ich möglichst ruhig erwiderte. Doch in mir tobte ein Sturm... "Könnten Sie uns zu ihnen bringen?", fragte Yugyeom ihn an meiner Stelle, da ich immer noch komplett sprachlos da stand. Sofort nickte der gegenüberstehende und deutete uns mit einer einfachen Handbewegung an, ihm zu folgen. Schwer schluckend folgten wir ihm beide in das grosse Tanzstudio hinein.

Ein wenig erstaunt sah ich mich um. Es war sehr modern eingerichtet, aber sah immer noch sehr heimelig aus. Nervös spielte ich mit meinen Händen herum. Werde ich sie wirklich gleich sehen? Herr Lee lief eine Treppe herauf, welche sich ziemlich mittig in Raum befand. Dann waren oben wahrscheinlich die Büros...

"Den Gang hier runter und dann links. In der ersten Tür gerade rechts halten sich die beiden auf." Dankend nickte ich ihm zu, was Herr Lee freundlich erwiderte, bevor er genauso schnell verschwand, wie er auch gekommen war. Immer noch ein wenig verblüfft sah ich ihm hinterher, was Yugyeom mir gleich tat. Als unsere Blicke sich kreuzten zuckte er nur mit den Schultern.

"Jetzt geh schon. Willst du, dass ich mitkomme oder auf dich warte?" Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Ich wollte mich nicht alleine mit ihnen treffen. Zu sehr hatte ich Angst davor, plötzlich zusammenzubrechen und meinen halt zu verlieren. "Mitkommen bitte...", nuschelte ich leise meine Antwort auf seine Frage vor mich hin, was er aber trotzdem verstand.

Wieder einmal nahm er meine Hand in seine was mir aber nicht wirklich etwas ausmachte. Er wusste, dass ich gerade mehr halt brauchte als ich zugab, also war ich ihm wirklich dankbar dafür.

Je näher wir uns dem besagten Zimmer näherten, desto nervöser wurde ich als ich sonst schon war. Plötzlich erklang jedoch lautes Geschrei im Flur, was mich zusammenzucken liess. Denn es kam genau aus dem Zimmer, in welchem sich meine beiden Hyungs befinden sollten. "Verdammt Jin! Warum musstest du jetzt Lee dorthin schicken?", erklang es schreiend, aber auch ein wenig verzweifelt aus dem Zimmer, dessen Tür nur leicht angelehnt war.

Namjoons Stimme erkannte ich sofort und erst jetzt wurde mir richtig bewusst, wie nah ich den beiden nach vielen Jahren endlich wieder war. "Aber ich habe ihn gesehen!", hörte ich Jin zurück schreien, was mir die Tränen in die Augen rieb. Sie stritten sich...

"Denkst du ich erkenne unseren Keks nicht?", kam es nun viel ruhiger und gebrochener aus ihm. "Wir hätten ihn besuchen sollen..." Mit wässrigen Augen sah ich zu Yugyeom, welcher wieder ruhig einen Arm um mich legte und gespannt zur Tür sah. Ein lautes Seufzen erklang aus dem Raum. "Ich weiss Jin, ich weiss... Aber ich konnte ihn nicht so sehen, ohne komplett zusammenzubrechen und du ebenso nicht."

Wieder erklangen mehrere Schritte, was mich schier kirre machte. Am liebsten wollte ich sofort zu ihnen reingehen, aber auf der anderen Seite wollte ich auch hören was sie zu sagen hatten.

"Es tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe. Das wollte ich nicht...", erklang es nun entschuldigend von Namjoon, was mir schlussendlich den Rest gab und die erste Träne über mein Gesicht rollen liess. Zuerst dachte ich wirklich, dass sie sich verändert hätten, doch dies haben sie in den ganzen zehn Jahren nicht. Namjoon und Jin waren immer noch die gleichen führsorglichen Menschen, auch wenn ich viele ihrer Taten nicht nachvollziehen konnte...

"Wenn du willst können wir im Krankenhaus anrufen, dann haben wir wenigstens ein wenig mehr Klarheit über die ganze Sache. Das hätten wir schon viel früher machen sollen...", murmelte der Jüngere der beiden leise, worauf ich mit verweinten Augen zu Yugyeom sah, dessen Augen bereits besorgt auf mir lagen.

"Na los geh schon rein...", flüsterte er mir leise ins Ohr. "Ich bin bei dir okay?" Nickend erwiderte ich seinen fragenden Blick, bevor ich tief ausatmete. Jetzt gab es wohl kein Zurück mehr...

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Haltet die Taschentücher bereit. Die nächsten Kapitel werden emotional...😔✋🏻

My Time / TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt