„Och nö, wer hat den bitteschön eingeladen?" Lilith packte Lissa am Arm und zog sie in einen Seitengang. „Schlimm genug, dass wir Kasdeya und Konsorten ertragen müssen, aber jetzt noch Aswa? Das geht zu weit."
„Aswa? Wer ist das? Von dem habe ich noch nie gehört."
„Sei froh, der ist eine echte Spaßbremse." Die Blondine linste in die Eingangshalle, zum Objekt ihrer Verachtung. „Aswa-Djalihd, eisiger Bringer der Seelenkälte. Halte dich bloß fern von ihm."
„Keine Sorge, seit Kasdeya aufgetaucht ist, ist meine Begeisterung für Neue eher gering." Lissa lehnte sich an die Wand und schloss für einen Moment die Augen. So viel hatte sich verändert, seitdem sie angefangen hatte, für Hadal zu arbeiten.
„Du warst doch nie sonderlich erpicht darauf, Leute kennenzulernen." Die Frau knuffte sie in die Seite. „Vor mir hattest du anfangs einen Heidenrespekt."
„Kein Wunder, so wie du aussiehst. Ich habe mich im Vergleich zu euch allen klein und hässlich gefühlt." Dieselben Leute, mit denen sie nie etwas zu tun haben wollte, zählten nun zu ihren Freunden. Freundschaft, noch etwas, was sie hier erst richtig kennengelernt hatte. Davor war ihr Leben nur durch ihre Familie und das Lernen geprägt worden. Um später genug Geld zu verdienen, um ihre Eltern zu unterstützen. Ein Punkt, den sie jetzt bereits von ihrer Liste streichen konnte, obwohl sie nur Teilzeit arbeitete.
„Dabei bist du wundervoll und wer das nicht einsieht," Lilith fuchtelte wild mit dem Zeigefinger in der Luft herum, „dem ist auch nicht mehr zu helfen. Immerhin hast du selbst Donn gezähmt. So brav habe ich ihn noch nie erlebt, dabei kenne ich ihn ewig."
„Jetzt fang du nicht auch noch damit an." Lissa seufzte. „Es reicht mir schon, dass ich bei Donn immer das Gefühl habe, dass er hunderte von Jahren alt ist."
„Hunderte trifft es nicht ganz." Die Blondine kicherte vergnügt. „Aber du kannst mir glauben, wenn ich dir sage, dass er weitaus älter ist, als es den Anschein hat. Mehr verrate ich dir aber nicht. Sonst gibt es Ärger mit dem obersten Boss."
„Nicht hilfreich. Aber erzähl, was stört dich so an dem Neuen? Je mehr ich weiß, desto besser kann ich ihn einschätzen und ihm aus dem Weg gehen." Bettelnd schaute sie die Freundin an.
„In Ordnung, aber lass uns dazu in die Kantine gehen. Ein zweites Frühstück wäre nicht schlecht." Lilith hakte sich bei Lissa unter und zog sie zur Betriebskantine, in der kaum ein Tisch belegt war.
Flaga winkte die beiden Frauen zu sich heran. „Zwei Schokocroissants. Oder ihr wartet einen Moment, dann mache ich euch Waffeln mit heißen Kirschen und Vanillesoße."
„Soll es das nicht erst heute Mittag geben?" Lilith zog ihre entzückende Stupsnase kraus.
„Du kannst auch gerne eine Scheibe Brot mit Wurst bekommen, wenn dir meine Speisen nicht gut genug sind." Die Köchin stemmte die Fäuste in die Seiten. „Dann bekommt halt nur Lissa einen Leckerbissen von mir." Sie drehte sich um und verschwand im hinteren Bereich der Küche.
„Flaga, warte! Natürlich freue ich mich über eine Waffel. Ich habe mich nur gewundert, dass du es jetzt extra für uns zubereiten willst", rief Lilith der Frau hinterher.
„Brauchst dich nicht zu wundern. Sie liebt es, Lissa zu verwöhnen." Zagan lief an ihnen vorbei zum Süßigkeitenautomaten, der in der Ecke stand, und zog sich vier Snickers. „Nervennahrung, sonst überlebe ich Aswa nicht. Er wurde mir zugeteilt." Er winkte ihnen zu und schlenderte dann Richtung Kantinenausgang, als die Türen plötzlich aufflogen und ihn fast trafen. Ein breit gebauter Mann mit aschblonden zu Stacheln gestylten Haaren trat ein. Der Blick seiner eisblauen Augen ließ die Temperatur um gefühlte fünf Grad sinken.
Lissa hatte eine Vermutung, um wen es sich handelte, obwohl sie ihm nie zuvor begegnet war. Das war der neue Mitarbeiter. „Keine Sorge", flüsterte sie. „Dem komme ich sicher nicht freiwillig in die Quere." Sie hörte, wie die in der Kantine anwesenden Kollegen tuschelten. Ihnen gefiel es ebenso wenig, dass Aswa aufgetaucht war. Ein Mann, der völlig leidenschaftslos schien. Ihn schätzte sie mit Sicherheit nicht falsch ein, so wie es ihr bei Andhaka zu Anfang passiert war. Der Partner ihrer besten Freundin wirkte nur auf den ersten Blick teilnahmslos, doch wenn man ihn erst einmal kennenlernte, erkannte man seine Leidenschaft für viele Dinge. Zum Beispiel seine Liebe zu Pflanzen. Aswa dagegen war durch und durch ein Eisklotz.
Ihr Eindruck verschärfte sich noch, als eine von Kasdeyas Gefolgsleuten in die Kantine trat, nur um nach einem Blick auf den Mann den Rückzug anzutreten. Wenn selbst solch eine Zicke den Rücktritt antrat, war Vorsicht geboten.
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Dem Tode zu nahe
ParanormalEin Mädchen - ein Job. Das Unternehmen? Rätselhaft bis skurril. Die Kollegen? Wie den Covern von Modezeitschriften entsprungen. Der Chef? Zwischen unheimlich und charmant. Der direkte Kollege ein Arsch und obendrein Sohn des Chefs. Was kann da schon...