Feuer und Flamme

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Amüsiert beobachtete Lissa, wie Aswa krampfhaft versuchte, Liliths Aufmerksamkeit zu erhaschen. Die aschblonde Schönheit ignorierte ihn gnadenlos, seitdem er sie beim Training als Einsatz verwendet hatte.

„Gibt er noch immer nicht auf?" Andhaka ließ sich schmunzelnd auf die Bank sacken. „Da ich dich hier gerade alleine antreffe. Kannst du mir mal verraten, wer dem Boss den Floh mit dem Enkelkind ins Ohr gesetzt hat? Er lässt Cassy und mich ständig antanzen und fragt, ob wir unsere Meinung zu dem Thema nicht doch geändert haben."

„Du bist dem Gedanken doch nicht mal abgeneigt", murmelte Lissa, den Blick weiterhin auf den Hünen gerichtet, der mit Dackelblick auf ihre zweitbeste Freundin einredete. Die Dämonin drehte sich um und ließ ihn eiskalt stehen.

„Das ändert nichts daran, dass Cassandra nicht so weit ist." Andhaka seufzte verhalten. „Wenn das so weitergeht, macht ihr mich eher zum Onkel, als dass ich ein eigenes Kind im Arm halten werde."

„Keine Sorge," Lissa tätschelte ihm den Handrücken, „aber bei uns dauert es noch einige Jahre. Ich werde erst das College beenden. Die letzten Prüfungen liefen zwar ganz gut, aber ich brauche Ruhe zum Lernen. Für ein Baby ist da mit Sicherheit kein Platz. Die Katze ist bereits anstrengend genug."

„Inwiefern?" Andhaka lehnte sich zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt.

„Ständig springt sie mir auf die Unterlagen, schlägt ihre spitzen Zähne in die Seiten oder versucht, ihre Krallen an einem Bucheinband zu wetzen." Lissa schloss für einen Moment die Augen. „Da hat Hadal wirklich einen kleinen Teufel erwischt."

„So wie ich ihn kenne, hat er die Katze genau nach solchen Maßstäben ausgesucht. Mach dir nichts draus, uns hat er einen Welpen angeboten, aber wir haben beide dankend abgelehnt."

„So weit kommt es noch, dass ich mich um ein sabberndes, stinkendes und jaulendes Etwas kümmere", schnaufte Cassandra, die sich zu Andhaka setzte. „Und ein Hund kommt mir auch nicht in die Wohnung." Knurrend musterte sie die Anwesenden. „Ich bekomme gerade Lust, Aswa zu verprügeln, um meine aufgestauten Aggressionen abzuarbeiten. Machst du mit, Lissa?"

„Nein, den kannst du schön alleine angreifen", winkte die Angesprochene ab. „Ich bin froh, dass er mich momentan beim Training in Ruhe lässt und Lilith wie ein junger Welpe hinterherläuft."

„Ein winselndes Riesenbaby ist er", schnaubte die Dämonin. „Kann es einfach nicht begreifen, dass er nicht Liliths Typ ist."

„Ihr Typ wäre er schon, nur versetzt er sie nach wie vor in Schrecken. Erst recht, weil er Feuer und Flamme für sie ist", erläuterte Lissa ihre Beobachtungen der vergangenen Tage. „Aber wenn er abgelenkt ist, bewundert sie heimlich seine Muskeln."

Andhaka kicherte leise. Auf die irritierten Blicke der Frauen hin zuckte er nur mit den Achseln. „Dass ein eiskalter Typ wie er so für eine heißblütige Dämonin brennt, ist schon amüsant, findet ihr nicht?"

Die Freundinnen stimmten mit ein. Der eisige Bringer der Seelenkälte starrte in diesem Moment sehnsüchtig hinter dem Objekt seiner Begierde hinterher.

Lissa tippte sich ans Kinn. So lustig sie die Situation auch fand, so tat der Hüne ihr mittlerweile doch leid. Schon allein, weil sie davon überzeugt war, dass er Lilith gefiel. Irgendeinen Weg musste es doch geben, die beiden miteinander zu verkuppeln. „Entschuldigt mich mal, ich sollte mein Training fortsetzen." Kurzentschlossen lief sie auf Aswa zu. Durfte er sie durch die Halle scheuchen, lenkte ihn das zumindest kurzfristig von seinem Dilemma ab.

„Na mal schauen, ob du den Angriff auch abwehrst", murmelte sie und sprintete auf den Dämon zu. Einzig ihre Fußballen berührten dabei den Hallenboden. Das Geräusch ging in den Kampfgeräuschen der Kollegen unter, die sich im Zweikampf maßen. Sie sprang ab, bereit, wie eine Katze auf Aswas Rücken zu landen. Stattdessen klebte sie an seiner Brust, seine Arme wie Schraubstöcke um ihren Körper gewunden.

„Netter Versuch", brummte er. „Du wirst besser. Ich hab dich erst im letzten Moment gehört."

Lissa reagierte nicht auf sein Lob. Da er sie noch immer nicht absetzte, nutzte sie den Augenblick, um mit seinen zu Igelstacheln geformten Haaren zu spielen. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie ihre dreiste Aktion die Aufmerksamkeit von Lilith weckte.

„Was wird das, wenn es fertig ist?", knurrte der Dämon bedrohlich. Sein barscher Tonfall täuschte nicht darüber hinweg, dass er die Berührung genoss.

„Noch eben durchhalten. Sie schaut zu uns rüber", flüsterte Lissa ihm ins Ohr. „Wenn sie sieht, dass du nicht jeden zerfleischen willst, der dich berührt, ändert sie vielleicht ihre Meinung über dich." Sie spürte, wie Spannungen von Aswas Körper abfielen. Seine Miene wurde sanfter. Selbst seine eisblauen Augen versprühten keine Kälte mehr. Er atmete tief durch, stellt Lissa schließlich behutsam auf dem Fußboden ab. Fast überhörte sie den gewisperten Dank, der sein Handeln begleitete. Zufrieden über seine Reaktion kehrte sie zu ihren Freunden zurück. Es würde womöglich noch etwas dauern, doch dann würde er Lilith in seinen Armen halten.

Dem Tode zu naheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt