Das Klatschen hallte im Büro wider. Lissa rieb sich ihre brennende Handfläche. Donn starrte sie finster an. Die Linien seiner Tätowierung schienen wieder wie Schlangen über sein Gesicht zu kriechen. Der Blick seiner eisblauen Augen ließ sie frösteln. Sie drehte sich auf dem Absatz um und stürmte zur Tür.
„Wenn du jetzt gehst, brauchst du gar nicht erst wiederzukommen." Die Stimme ein eisiger Hauch. Eine Drohung? Die konnte er sich dorthin stecken, wo die Sonne nie schien.
„Ach, soll ich mich etwa nochmals von dir sexuell belästigen lassen?" Ihre Gedanken wanderten zurück zu dem Moment nur wenige Minuten zuvor, als ihr Kollege sie gegen die Wand drückte und ungefragt seine Lippen auf ihre presste. „Ich gehe jetzt zu deinem Vater und kündige. So zufrieden, wie er mit meiner Arbeit ist, wird er mir ein gutes Arbeitszeugnis ausstellen. Dann beende ich erst in Ruhe das College, suche mir danach einen Job, wo mich nicht der Sohn meines Chefs bespringt." Sie streckte die Hand nach dem Türgriff. Ein stechender Schmerz hinter ihrer Stirn zwang sie in die Knie. Keuchend lehnte sie sich gegen die Wand.
„Du kannst die Firma nicht verlassen. Wann lernst du endlich, dass du keine Wahl hast?" Schritte hinter ihr. Donn schlang einen Arm um sie, hob sie mühelos hoch und warf sie über seine Schulter. „Du gehörst mir, ob es dir gefällt oder nicht."
„Lass mich los, du Idiot!" Was war nur wieder in ihn gefahren? Seit Wochen hatte er sich anstandslos benommen. Und jetzt? Drehte er völlig durch? Lissa trommelte ihm auf den Rücken, kassierte dafür einen Schlag auf den Hintern.
„Hör endlich auf, dich dagegen zu wehren", knurrte ihr Kollege. „Ich kann mit dir machen, was ich will."
„Warte nur ab, bis ich mit deinem Vater gesprochen habe." Sie kniff ihn fest in beide Seiten, flog im nächsten Moment von seiner Schulter. Etwas Weiches bremste ihren Fall. Das Sofa, das seit wenigen Tagen im Büro stand. Donn beugte sich über sie, sein spöttisches Grinsen veranlasste sie, weiterzusprechen. „Er wird von deinem Verhalten nicht begeistert sein."
„Wenn du dich da mal nicht täuscht." Der Mann lachte leise. „Er hat dich mir zum Geschenk gemacht. Es ging nie darum, dass du mir Manieren beibringst oder meine Arbeitsmoral besserst. Die ist tadellos. Auch wenn du nach wie vor nicht weißt, was meine wirkliche Rolle im Unternehmen ist." Er packte ihre Handgelenke fest. „So ahnungslos", schnurrte er ihr ins Ohr.
„Donn, bitte, lass mich in Ruhe. Ich will das nicht." Ihr Blick huschte wild umher, suchte nach einem Ausweg. Das Ticken der Wanduhr erhaschte ihre Aufmerksamkeit. Es war fast Mittag. Andha wollte sie und ihren Kollegen zum Essen in der Kantine abholen. Der Mann würde ihr mit Sicherheit helfen. Womöglich war er schon auf dem Weg zu ihnen. Sie brauchte nur Donn dazu bringen, sie loszulassen, dann hatte sie eine Chance, seinen Übergriffen zu entkommen. Lissa schluckte. Sie ahnte, welche Karte sie dafür ausspielen musste.
„Donn, ich habe doch keinerlei Erfahrung. Das geht mir alles zu schnell." Der Druck an ihren Handgelenken verschwand.
„Entschuldige bitte." Seine Stimme wurde sanfter, sein Blick wanderte zu ihren Lippen. Glaubte er ernsthaft, dass er sie küssen durfte, nur weil er sich entschuldigt hatte? Was war überhaupt heute in ihn gefahren? Lissa überlegte. Einer der fremden Männer hatte ihm beim Frühstück etwas gegeben. Einen unschuldig aussehenden Keks. Nachdem Donn diesen gegessen hatte, hatte das Theater angefangen. Sie musterte Donns Gesicht, das ihrem gefährlich nahe war. Die Pupillen wirkten starr. „Du siehst heute aber auch wirklich zum Anbeißen aus." Er beugte sich weiter runter. Lissa stieß ihn von sich, sprang vom Sofa.
„Spinnst du?" Sie rannte zur Tür, riss sie auf und stolperte in Andhakas Arme, der seinen Blick auf Donn richtete, der ihr langsam folgte.
„Du bleibst besser hier", knurrte Andha, zog Lissa hinter sich her zum Fahrstuhl. „Was ist denn mit seiner Wange passiert?"
„Nur eine Ohrfeige." Die er sich redlich verdient hatte. Sie nahm sich vor, später mit Cassandra über das Erlebte zu sprechen. Womöglich hatte sie eine Vermutung, woher sein Sinneswandel kam. Oder der Mann bei ihr hatte eine Idee. „Sag mal Andha, was weißt du über Pflanzen und ihre aphrodisierende Wirkung?"
„Eine Backpfeife also, hm. Um deine Frage zu beantworten, würde ich gern noch einmal mit dir zum Botanischen Garten fahren. Dort redet es sich ungestörter."
DU LIEST GERADE
Dem Tode zu nahe
ParanormalEin Mädchen - ein Job. Das Unternehmen? Rätselhaft bis skurril. Die Kollegen? Wie den Covern von Modezeitschriften entsprungen. Der Chef? Zwischen unheimlich und charmant. Der direkte Kollege ein Arsch und obendrein Sohn des Chefs. Was kann da schon...