Fette Beute

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„Lilith und Cassandra müssten gleich zurückkommen." Donn schaute auf die Uhr an der Wand und legte die Skizze für einen Flyer, an dem er den Vormittag über gearbeitet hatte, zur Seite.

„Wieso zurück? Hatte gar nicht mitbekommen, dass sie heute einen Auftrag für auswärts hatten." Lissa sah von der Zeichnung auf, die vor ihr auf dem Tisch lag. Seit Hadal ihre künstlerische Begabung entdeckt hatte, hatte er sie von den normalen Aufgaben abgezogen und gab ihr nur solche, für die sie zeichnen oder malen musste. Sie beschwerte sich nicht, denn es bereitete ihr Freude, ihre Fähigkeiten so einzusetzen, statt nur am PC zu arbeiten.

„Sie sollten ein paar Snacks für die Weihnachtsfeier einkaufen." Donn lehnte sich auf seinem Schreibtischstuhl zurück und verschränkte die Hände im Nacken. „Sie sind mit zwei Kleinbussen los und haben Andhaka, Aswa, Chil und Zagan mitgenommen. Bin mal gespannt, was sie dieses Mal anschleppen."

„Zagan? Der verlässt doch kaum sein Büro. Höchstens für das Mittagessen."

„Eben drum. Zagan liebt Essen. Ist er beim Einkauf dabei, kann man sich immer auf ein paar besondere Leckerbissen einstellen." Der Tod schloss die Augen, leckte sich genießerisch über die Lippen.

„Wieso nehmen sie dich dann nicht mit?" Stirnrunzelnd radierte sie eine Linie weg, setzte etwas versetzt eine Neue.

„Eventuell, weil ich erst von allem ein Stück probieren möchte und der Einkauf dadurch doppelt so lang wie geplant dauert."

„Vermutlich eher dreifach so lang." Lissa stand auf und streckte ihrem Freund die Zunge raus, weil er sie pikiert anschaute. „Dann lass uns mal runtergehen. Sonst verpasst du noch die Köstlichkeiten und kannst dir nichts vor der Weihnachtsfeier stibitzen."

„Du kleine Teufelin." Donn schüttelte grinsend den Kopf. „Wenn du so weitermachst, gehen wir heute Abend nicht auf die Feier, sondern verbringen die Stunden anderweitig." In seinen Augen leuchtete es gefährlich auf.

Lissa tat so, als bemerkte sie davon nicht. „Was schwebt dir denn so vor?"

„Ein Besuch auf dem Spielplatz könnte dir die überschüssige Energie nehmen, damit du wieder zahm und mir ergeben bist."

„Dir ergeben war ich noch nie. Da hast du etwas falsch in Erinnerung." Sie öffnete die Tür und linste in den Flur. „Wir haben freie Bahn." Gleich darauf quiekte sie wie ein erschrockenes Ferkel, als ihr Freund sie über seine Schulter warf. Seelenruhig spazierte er mit ihr zum gläsernen Fahrstuhl.

„Oh nein, nicht das Höllengefährt." Sie kniff Donn in die Seite. „Lass mich sofort runter, du Folterknecht."

„Wenn ich im Sturzflug mit dir in den Armen auf die Erde zurase, jubelst du wie eine Verrückte. Aber wehe, ich möchte den Aufzug nach unten nehmen, dann jaulst du. So viel Angst kann der dir doch gar nicht mehr machen."

Lissa zog die Nase kraus. Recht hatte der Blödmann ja. Seufzend gab sie die Gegenwehr auf und hielt bei der Fahrt in den Keller ihren Mund.

„Endstation Partyraum." Donn ließ sie von seiner Schulter runter. Hinter der breiten Flügeltür raschelte es. Er stieß diese energisch auf und lief mit großen Schritten auf seine Schwester zu, die damit beschäftigt war, Einkaufskisten auszuräumen. Lilith ordnete die unterschiedlichen Einkäufe und packte sie nach Sorten sortiert wieder ein.

„Wo stecken denn die Männer?", fragte Lissa, nachdem sie über die Menge an Knabberkram den Kopf geschüttelt hatte. Damit konnte man ein ganzes Heer füttern.

„Bringen die Sachen in die Kühlung, die man nicht bei Raumtemperatur lagern soll", erwiderte Cassy. „Kannst du mal deinen Freund an die Leine nehmen und hier rausschaffen? Der bringt uns sonst alles durcheinander." Sie zeigte auf Donn, der wie ein kleines Kind freudig vor den Einkäufen auf und ab lief. Dabei murmelte er sich etwas in seinen nicht vorhandenen Bart.

„Oder hilf ihm beim Aussuchen einiger Snacks und schaffe ihn dann hier raus", schlug Lilith vor. „Sonst gibt der eh keine Ruhe."

Lissa seufzte, trat dann zu ihm und den Kisten. „Komm, wir stören hier nur und halten die Mädels von der Arbeit ab." Sie nahm ihm zwei Chipstüten ab und legte sie wieder zurück. „Du darfst dir drei Sachen aussuchen, aber jeweils nur ein Teil pro Sorte", erklärte sie in einem mahnenden Tonfall.

„Du wirst mal eine gute Mutter abgeben." Lilith kicherte vergnügt. „Bekommst ja jetzt schon genügend Übung."

„Deinem kleinen Bäuchlein nach zu urteilen, kommst du eher in den Genuss, stinkende Windeln zu wechseln." Donn steckte Lissa zwei Packungen Kekse zu, als die Dämoninnen gerade wegschauten. „Jetzt bloß raus hier", wisperte er.

Vor der Tür zählte sie die Sachen durch, die Donn hatte mitgehen lassen. Zwei Tüten Chips, die Kekse, drei Schachteln Cracker und vier Tafeln Schokolade.

„Fette Beute, würde ich mal behaupten." Grinsend schob er seine Freundin zum Aufzug, damit sie nichts zurück in den Partyraum brachte.

Dem Tode zu naheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt