Was zusammen gehört

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Erschöpft aber ausgeglichen trat sie oben zusammen mit ihrem Kollegen aus dem Aufzug. In der Sauna hatte er sich ausgesprochen zuvorkommend verhalten und ausnahmsweise keine bösartigen oder abwertenden Kommentare vom Stapel gelassen. Sie lächelte zufrieden. Mit ein wenig Glück waren jetzt alle Probleme zwischen ihnen aus dem Weg geräumt. Hatte ihre Aktion doch etwas Positives bewirkt.

„Kriechst du bitte unter meinen Schreibtisch und entknotest die Kabel? Ich habe noch etwas zu erledigen." Lissa nickte, sah ihm hinterher, wie er zum anderen Lift lief. Sofort bildete sich ein Schweißfilm auf ihren Handflächen. Verpfiff Donn sie jetzt doch bei seinem Vater? Sie schüttelte den Kopf, weigerte, sich dem Gedanken Glauben zu schenken. Dennoch eilte sie in das gemeinsame Büro, kroch unter den Tisch. In tiefer Konzentration löste sie den Kabelsalat.

„Na also, nichts passiert", murmelte sie, als sie etwa zehn Minuten später das Chaos beseitigt hatte. Sie krabbelte hervor und ließ sich auf ihrem Platz nieder. Gähnend linste sie auf die Uhr. Eine Stunde bis zum Feierabend. Danach würde sie zu Hause in ihr Bett fallen und bis zum nächsten Mittag schlafen. Sonntag, ihr einziger Ruhetag. Oder warteten noch Aufgaben vom College auf sie? Sie runzelte die Stirn.

„Alles wieder in Ordnung?" Donn schlenderte in den Raum, ein Grinsen auf dem Gesicht. „Du siehst fix und fertig aus." Er stützte sich auf der Tischplatte ab, betrachtete amüsiert, wie sie abermals gähnte.

„Entschuldige." Sie schlug eine Hand vor den Mund. „Wollen wir jetzt noch etwas weiterarbeiten? Viel Zeit bleibt uns nicht mehr."

„Nein, packe deine Sachen zusammen und fahre den Rechner runter." Er beobachtete gelassen, wie sie die Stifte beieinander kramte und in den Stifthalter steckte. „Ich habe gerade mit meinem Vater gesprochen." Lissa hielt in der Bewegung inne. Eisige Finger schienen sich an ihre Kehle zu pressen, ihr die Luft abzuschnüren. Das war es dann wohl. Wieso hatte sie sich nur in Sicherheit gewähnt? Der Sohn ihres Arbeitgebers, ihres ehemaligen Bosses war durchtrieben wie niemand anders, den sie kannte. Resignierend schloss sie die Augen, ließ den Tag noch einmal Revue passieren. Warum hatte er sie nicht direkt in das Arbeitszimmer seines Vaters gezerrt, statt sie erst durch die Trainingshalle zu scheuchen und danach mit ihr Zeit in der Sauna zu verbringen? Wenigstens hatte er nicht versucht, mit ihr zu schlafen.

„Dann gehe ich mal heim." Mit Mühe hielt sie ihre Stimme unter Kontrolle. Diesen letzten Triumph gönnte sie dem Mistkerl nicht. Sie stand auf, den Kopf hoch erhoben. Hatte er doch seinen Dickkopf durchgesetzt.

„Wo willst du hin?" Donn sah sie verwirrt an. „Vater meinte zwar, dass wir Feierabend machen dürften, aber nach Hause verschwindest du nicht. Ich habe dir Kleidung organisieren lassen. Du kommst mit in den Nobiskrug. Es ist nicht nur ein Club. Im ersten Stock befindet sich ein kleines Restaurant." Ihr Gegenüber zog eine Kreditkarte aus der Hosentasche. „Wie wäre es mit Pizza auf Kosten des Chefs? Bisschen die verlorenen Kalorien wieder auffüllen."

„Dein Ernst?" Nun war es an ihr, verwirrt zu blinzeln. Aus diesem Kerl wurde sie einfach nicht schlau. Der hatte mehr Stimmungsschwankungen als eine Schwangere.

„Klar," er hakte sich bei ihr unter, „ich habe dich heute schon genug herumgescheucht. Könnte sein, dass du dich morgen nicht besonders gut rühren kannst. Hoffen wir mal, dass die Sauna zumindest ein wenig deine Muskeln entspannt hat."

„Sie hat so ausgezeichnete Arbeit geleistet, dass ich auf der Stelle einschlafen könnte." Lissa gähnte abermals. „Aber eine Pizza hört sich gut an." Falls er nicht plante, sie erneut hereinzulegen oder anderweitig zu terrorisieren. Andererseits wirkte er wieder so offen und freundlich wie im Park.

„Sehr schön." Donn zog sie hinter sich her zum Aufzug, der just in dem Moment eintraf. Doch er war zu ihrem Entsetzen nicht leer. Lissa zuckte zusammen. Hadal, der sie kritisch musterte. War alles nur ein abgekartetes Spiel? Ihr Puls überschlug sich. Nervös nestelte sie an ihrer Kleidung. Ihr Boss räusperte sich.

„Hervorragend. Ich freue mich, dass du mit uns kommst." Hadal schenkte ihnen ein strahlendes Lächeln, das sie an die perfekten Zähne der Leute aus Zahnpastawerbung erinnerte. „Ich habe bereits einen Tisch reserviert. Zieht euch im Erdgeschoss um, es sollte alles bereitliegen." Er musterte kritisch den Hoodie seines Sohnes. „Unser Chauffeur ist bereits informiert, er bringt uns zum Club." Donns Vater kam mit? Das konnte ja heiter werden. Lissa drückte sich an die Seite ihres Kollegen, der sogleich seinen Arm um sie schlang. Der ältere Mann betrachtete sie einen Augenblick nachdenklich.

„Was zusammen gehört", hörte sie ihn murmeln. Glaubte er etwa? Oh nein, was hatte Donn jetzt wieder angerichtet?

Dem Tode zu naheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt