Der Protagonist hat heute nicht so gut geschlafen. Er war unnötig früh aufgewacht und konnte nicht mehr einschlafen, sein Kopf war so voller Gedanken und irgendwie war er sehr nervös. Um sich zu beruhigen, hatte er eine unnötig lange Dusche genommen. Manchmal fühlte sich das an, als könnte die Dusche die ganzen Sorgen einfach abwaschen. Deshalb ging er immer, wenn er schlecht gelaunt war oder sich nicht besonders gut fühlte, duschen. Teilweise auch zur Ideenfindung. Immerhin hatte sich sowohl die Einleitung seiner Bachelorarbeit als auch die Struktur seiner Masterarbeit in der Dusche ergeben.
Nach einem letzten seiner Lieblingsbrötchen zum Frühstück, strickte er weiter an den Socken für seine Mutter. Die erste war bereits fertig und er ärgerte sich etwas, dass er die zweite nicht mehr schaffen würde, bevor er losfahren müsste. Allerdings hat er seiner Mutter bestimmt schon 30 paar Socken gestrickt, es ist jetzt auch nicht so als hätte sie für die nächste Zeit kalte Füße. Im Sommer ja sowieso nicht.
Im Fernsehen liefen Sendungen aus den USA, wo Häuser umgestaltet und sehr sehr teure Wohnungen verkauft werden. Der Protagonist findet die Sendungen viel zu gestellt und auch die Makler total künstlich. Dennoch guckt er es gerne. Wahrscheinlich hat es ungefähr den gleichen Effekt wie Barbara Salesch.
Die letzten Sachen fanden auch noch ihren Weg in seinen Koffer, darunter auch eine Brotdose mit Käse, der noch übrig war. Da seine Familie den nicht so gerne isst, hat er den jetzt zusammen mit einem Kühlakku eingepackt. Dazu noch ein paar Scheiben Brot. Das Wetter ist allerdings sehr schlecht, die Luft so schwül und später Gewitter. Möglicherweise würde das Essen auch schlecht werden auf der 7 Stunden Fahrt. Er findet aber, dass es das Risiko wert ist, denn bei seinen Eltern würde der Rest wahrscheinlich auch weggeschmissen werden. Und er hatte die Hoffnung, dass er so bereits ein Mittagessen Zuhause hatte für morgen. Dann würde er nicht direkt nach der Arbeit einkaufen müssen, sondern könnte sich erstmal stärken, hatte er doch sonst nichts im Kühlschrank.
Eine Runde Karten konnte er auch noch mit seiner Schwester spielen, bevor er zum Bahnhof musste. Die Luft war bereits sehr schlecht, aber noch war es sonnig. Am Bahnhof standen ungewöhnlich viele Menschen, aber das hatte sich der Protagonist auch vorher schon gedacht. Immerhin wohnen seine Eltern in einem Ort, der bei Touristen sehr beliebt ist. Bestimmt waren wegen Pfingsten mehr Leute dort als sonst zu dieser Jahreszeit. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie schlimm es werden würde, wenn Sommer war. Wahrscheinlich würde es unerträglich sein, mit dem Zug zu fahren. Aber darüber will der Protagonist noch nicht nachdenken.
Leider begann es kurz vor dem ersten Umstieg direkt zu hageln. Kurz später ein Gewitter. Und der Protagonist musste eine Strecke laufen, die nicht überdacht ist. Er war das Stück gerannt und weit war es auch nicht, vielleicht 200 Meter. Dennoch hatte er danach Wasser in den Schuhen, gefühlt genug für eine Schwimmhalle. Die Hose vollkommen durchnässt. Er war dann ganz froh, dass er noch eine weitere Hose im Koffer hatte, sodass er sich schnell auf der Toilette umziehen konnte. Das ändert zwar nichts an den nassen Socken und Schuhen, aber dennoch fühlt er sich damit ein bisschen besser. Der Gedanke daran, dass er noch über fünf Stunden mit den kalten, nassen Füssen unterwegs sein würde, war nicht besonders erheiternd. Auch wenn er ja eigentlich positiv denken will, das hat nicht geklappt. Immerhin war bei diesem Umstieg genug Zeit, um ein belegtes Brötchen beim Bäcker zu holen, er würde nachts nichts mehr kochen wollen, wenn er endlich zuhause ankommt.
Am Bahngleis war es bereits unnötig voll, als noch eine weitere Ladung Fahrgäste aus einem Zug aus der nächsten Großstadt stieg. Bei dem Gedanken, dass die alle mit seiner kurzen Regionalbahn fahren wollten, bekam er direkt Panik. Es war absehbar, dass nicht alle reinpassen würden. Außerdem stand er in der Schlange ganz hinten, er hatte keine Lust aufs Gedrängel. Aber er hatte es rein geschafft, nicht so wie manch andere. Darüber war er dann froh, es war auch noch keine Verspätung oder ähnliches zu erkennen.
Tatsächlich konnte er ohne große Probleme alle Anschlüsse erreichen. Teilweise war es sehr stressig und voll, aber er hatte zumindest in jedem Zug einen Sitzplatz gefunden. Die zehn Minuten Verspätung des vorletzten Zugs war auch gar nicht so schlimm, hatte er doch beim letzten Umstieg außergewöhnlich viel Zeit. Also genau zehn Minuten. Das war deutlich mehr als an allen anderen Stationen der Fahrt.
Sobald der Protagonist Zuhause ist, muss er erstmal warm duschen. Seine Füße sind in den Socken und den Schuhen so kalt. Er hofft jetzt, dass er sich nicht erkältet deswegen. Seine Jacke war auch immer noch so nass, dass er wahrscheinlich den Weg zur Wohnung ohne gehen müsste, schließlich wäre das weniger kalt.
Er möchte außerdem auch ganz kurz auf seine animal crossing Insel, weil er gucken will, ob jemand umgezogen ist. Er hofft, dass alle noch dort wohnen. Nur wenn dieser Vogel Iris ausgezogen wäre, wäre das nicht so schlimm. Alle anderen hat er jedoch sehr gern.
Besonders lang wird er dann auch nicht mehr wach bleiben, er kommt ja erst so spät Zuhause an und nach dem Auspacken und Duschen wird es wahrscheinlich schon 23 Uhr sein. Dann bereitet er sich noch ein Frühstück vor, das er morgen mit zur Arbeit nehmen wird.
Eigentlich hat er keine Lust auf die Arbeit. Er weiß ja, dass außer ihm niemand gearbeitet hat seit Mittwoch letzte Woche. Er wird dann wahrscheinlich 300 ungelesene Mails haben. Er hofft deshalb, dass er morgen eine Antwort von dem Unternehmen bekommt, bei dem er als freier Mitarbeiter arbeiten soll. Eine gute Antwort. Damit er dann endgültig kündigen kann. Es hatte sich zwar noch kein Ersatz für ihn gefunden, aber das ist nicht sein Problem. Er hat eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. Und wenn es bis dahin keinen Ersatz gibt, ist ihm das egal. Aber mal sehen, vielleicht ist das Angebot auch so schlecht, dass er absagen wird.
Das wird der Protagonist hoffentlich morgen berichten.
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100 Positive Tage
RandomEine Challenge für den Protagonisten, der versuchen wird, in Tagebuchform jeden Tag nur positiv zu berichten. Der Protagonist erhofft sich dadurch eine optimistischere Einstellung und ein besseres Weltbild. Ob das klappt, sehen wir in 100 Tagen