Fazit

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Der Protagonist hat den ganzen Tag Bauchschmerzen und ist wie immer zu früh aufgewacht. So würde ich normalerweise beginnen. Ich weiß auch nicht, was das mit den Bauchschmerzen soll, eigentlich habe ich nichts gegessen, das ich nicht vertrage. Aber nun ist es so und ich kann es nicht ändern.

100 Tage sind rum, für die ich mir vorgenommen hatte, jeden Tag in 1000 Wörtern nur positiv über mein Leben zu berichten. Am Anfang habe ich das (finde ich) wirklich gemacht. Irgendwann wurde mir dann klar, dass es schwierig ist, 1000 Wörter zu füllen, wenn man nichts positives zu sagen hat. Ich würde sagen, nach 3 Wochen hat sich das verschoben und ich habe einfach generell von meinem Tag erzählt.

Die ganze Zeit habe ich dabei von mir in der dritten Person gesprochen, weil ich dachte, das würde es einfacher machen. Das Leben einer anderen Person bewertet man oft wohlwollender als das eigene. Ich dachte, es würde mir leichter fallen, positiv über das Leben des "Protagonisten" zu erzählen. Auch wenn es bei manchen zu Verwirrungen geführt hat.

Das wichtigste, das ich aus dieser Challenge gelernt habe: Das Leben ist nicht immer positiv. Es gibt auch negative Dinge, fast jeden Tag passieren sie. Es ist wichtig, das anzuerkennen, man kann sich nicht verbieten, dass man sich ärgert oder sauer ist. Man kann sich auch nicht verbieten, traurig oder frustriert zu sein, das gehört zum Leben dazu.

Ich will nicht behaupten, dass es unmöglich ist, 100 Tage am Stück nur positiv zu sein, mache Menschen können das bestimmt. Ich konnte es jedoch nicht. Ich habe gelernt, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind. Vor allem habe ich aber gelernt, auch meine negativen Gefühle zu akzeptieren. Anfangs habe ich mich immer geärgert, wenn ich etwas negatives gedacht oder gefühlt habe. Ich dachte, ich hätte meine Challenge "verkackt". Aber das stimmt nicht. Stattdessen habe ich die Dinge so genommen, wie sie waren. Früher habe ich mich in negative Dinge oft hinein gesteigert. Das mache ich auch immer noch manchmal, 100 Tage verändern kein Leben.

In gewisser Weise hat es mir geholfen, meine Gefühle zu verarbeiten, wenn ich einfach alles nieder geschrieben habe. Da sind ja ganz banale Dinge dabei, wie die Tatsache, dass ich manchmal mit Kundengesprächen nicht so gut klar komme. Das bleibt mir dann den ganzen Tag im Gedächtnis, wie seltsam die Beratung abgelaufen ist, weil ich nicht dazu in der Lage war, mich wie ein vernünftiger Mensch zu verhalten. Indem ich es aufgeschrieben habe, habe ich es ein Stück weit aus meinem Gehirn hinaus gelassen.

Anfangs war es nicht so einfach, auf die 1000 Wörter zu kommen. Oft habe ich abends vor dem Laptop gesessen und mich gefragt, was ich noch erzählen könnte. Nach einiger Zeit konnte ich es dann einigermaßen einschätzen, wie viel Raum welcher Abschnitt des Tages in meinem "Tagebuch" einnehmen würde. Ich glaube, deshalb waren meine ersten Kapitel deutlich kreativer als die letzten. Aber für mich war es irgendwie beruhigend, immer den gleichen Ablauf zu haben. Ich wusste genau, in welcher Reihenfolge ich von meinem Tag erzählen wollte und was alles dazu gehören sollte. So war es in den letzten ungefähr 30-40 Kapiteln oft so, dass ich ohne Probleme auf 950 Wörter gekommen bin und dann halt noch von meinen Plänen für den nächsten Tag berichtet habe, um den Platz zu füllen.

Es hat mir auch irgendwie geholfen, meine Pläne so niederzuschreiben, weil ich dadurch etwas hatte, woran ich mich am nächsten Tag entlang orientieren konnte. Ich schreibe mir zwar To-Do-Listen, aber irgendwie helfen die nicht wirklich. Mein Gehirn ist früher konstant dabei gewesen, meine Gedanken und Pläne zu ordnen. So hatte ich es dann oft schon den Tag davor erledigt und konnte einfach alles nach einander abarbeiten. Zumindest so lange, bis ich mir am Abend überlegen musste, was am nächsten Tag passieren sollte.

Die 100 Tage sind vorbei und ich glaube, ich werde es vermissen, jeden Abend 30 Minuten damit zu verbringen, hier etwas zu schreiben. Es ist ja nun schon eine Gewohnheit. Ich glaube, dass ich in irgendeiner Art und Weise das Tagebuchschreiben beibehalten werde, auch wenn es nicht mehr hier stattfindet. Denn um ehrlich zu sein, so interessant ist mein Leben jetzt auch nicht, dass ich es für alle veröffentlichen müsste. Grundsätzlich passiert immer das gleiche.

Ich habe auch einige Dinge bemerkt, an denen ich nun arbeiten will. Darauf wäre ich wahrscheinlich nie gekommen, wenn ich es nicht in Schrift vor mir gehabt hätte. Das ist einmal, dass ich mir Gedanken über meine Ernährung machen möchte. Es kann nicht sein, dass ich so viel Focaccia esse. Irgendwas muss ich da mal verändern. Ich bin noch nicht sicher, wie ich das machen werde, aber mir wird schon noch was einfallen. Vielleicht würde es auch helfen, mir mal für einige Zeit aufzuschreiben, was ich den Tag über so esse. Das zweite ist, dass ich mich mehr bewegen will. Klar, ich tanze (heute nicht, wegen der Bauchschmerzen). Aber das wars gefühlt auch schon. Ich möchte wieder mehr spazieren gehen. Eigentlich möchte ich auch häufiger mit dem Fahrrad fahren. Der Weg zum Strand wäre schon mal ein Beispiel, das könnte man ja zumindest einmal alle zwei Wochen ins Auge fassen. Erstmal kleine Schritte.

Wer anfängt, mich zu vermissen, ich hab ja noch andere Bücher. In "Abendgedanken" geht es um meine Gefühle, Weltansichten und alles mögliche andere. Die 900 Wörter, die von meinem "Kranktag" mit Corona übrig waren, sind nun voll und ich ende mit dem Wort Einhunderttausend.

100 Positive TageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt