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Der Protagonist ist heute schlecht gelaunt. Bereits am morgen war die Stimmung schlecht. Dieses mal nur 45 Minuten zu früh war er aufgewacht und fühlte sich so, als hätte er gar nicht geschlafen. Alles hatte länger gedauert, deshalb war er auch zu spät bei der Arbeit, was aber nicht aufgefallen ist, da sein Chef und die Sekretärin sowieso irgendwo auf dem Hof unterwegs waren. Wirklich zu spät war er auch nicht, er war eine Minute vor Arbeitsbeginn dort. Aber normalerweise ist er mindestens 5, wenn nicht sogar 10 Minuten vorher dort, damit der Computer hochfahren kann, bevor um 10 der erste Kunde etwas von ihm will.

Schnell war dann auch klar, dass der Protagonist heute nicht viel Zeit mit der eigentlichen Arbeit verbringen würde, denn sein Chef hatte ihm alte Poster gebracht, die er sortieren sollte. Warum auch immer, die Poster hängen nirgendwo aus, sind auch sowieso mindestens 30 Jahre alt, nicht von diesem Unternehmen und wurden danach wieder zurück in die Abseite gelegt. Generell musste einiges sortiert werden, bereits die ersten Vorbereitungen für den Sperrmüll. Der Protagonist sollte auch eine alte Kiste von der Mutter des Chefs sortieren, wo Sammeltassen drin waren. Und zwei Hörgeräte. Der Protagonist fragt sich, warum sein Chef ihm sowas gibt.

Immerhin hatte sein Chef danach Pizza bestellt. Der Lieferant konnte das Gebäude nicht finden, obwohl es in der Straße kein einziges anderes Gebäude gibt, in dem jemand wohnt, alles andere sind nur Baustellen. Über die Pizza hatte sich der Protagonist dennoch gefreut, denn so würde er sich das warme Essen heute sparen können und zum Abendbrot zwei Scheiben Brot essen.

Nach der Arbeit war er kaputt, irgendwie tut ihm beim Laufen auch der Fuß weh, eine Sehne oder sowas zieht bei jedem Schritt. Dennoch nahm er schnell sein Buch und ging an den Hafen, um weiter zu lesen. Die ersten 50 Seiten sind nun schon geschafft. Beim Lesen störten ihn jedoch die Schiffe. Es gibt ein Schiff, das Rundfahrten anbietet. Dieses war gerade dabei, wieder zurück in den Hafen zu fahren. Es hupte wild und laut. Wirklich laut. "Der Boden wackelt"- laut. An ihrem Anleger lag ein kleines Segelboot. Wahrscheinlich wollten sie die Besitzer des Bootes darauf aufmerksam machen, dass sie sich verpissen sollen. Als diese endlich auftauchten, folgte lautes Geschrei in beide Richtungen. Offensichtlich haben die Leute des kleinen Segelboots dort nicht rechtmäßig gehalten, wollten das aber nicht einsehen. Der Protagonist wollte einfach nur Lesen.

Schon seit einigen Minuten, bestimmt seit 20 Minuten, tanzte ein Typ mit Fahrrad um ihn herum. Er sah den Protagonisten immer wieder an, dieser ließ sich aber nicht irritieren und blätterte weiter in seinem Buch. Irgendwann setzte sich dieser Typ auf die Bank neben ihm. Der Protagonist blätterte weiter. Er sah nicht mal von seinem Buch auf, er wollte seine Ruhe. Dann sprach ihn der Typ an. Darauf hatte der Protagonist keine Lust, also schwieg er, sah weiter auf sein Buch und vermied jeden Augenkontakt. Der Typ blieb weiterhin einige Minuten sitzen, bis er wieder mit seinem Fahrrad um die Bänke kreiste. Das wurde dem Protagonisten irgendwann zu viel, also stand er auf und ging nachhause.

Zuhause angekommen spielte er etwas Animal Crossing. Danach wollte er sein Abonnement bei Just Dance verlängern. Das wollte er eigentlich gestern schon, aber da kam immer wieder ein Fehlercode. Auch heute was das der Fall. Online standen keine weiteren Infos dazu. Deshalb entschied er, beim Support von Ubisoft nach zu fragen. Das war ein Fehler, der sich auf über 3 Stunden streckte. Er diskutierte mit dem Kundensupport, der offensichtlich nicht verstand, was er wollte. Alle 15 Minuten wechselte der Gesprächspartner, der sich nicht mal die Mühe machte, sich durch zu lesen, was davor schon besprochen worden war. Immer wieder musste der Protagonist bestätigen, dass er eine Switch hat und das Problem bei dem Spiel Just Dance liegt.

Er musste dann alle möglichen Dinge fotografieren. Erst sollte er nur die Fehlermeldung fotografieren, danach den Nintendo e Shop, dann seine Profileinstellungen, dann sollte er den Kaufbeleg für das Spiel sowie die Vorder- und Rückseite der Verpackung fotografieren (warum auch immer). Immer wieder musste er seinen Benutzernamen bestätigen und seine Tänzerkarte per Screenshot einreichen. Das alles, nur damit der nächste Chat Partner ihn darauf hinweißt, dass Just Dance auf der Xbox nicht funktioniert (welche Xbox??). Immer wieder musste er sein Anliegen von vorne schildern, dabei war er dann froh, dass sein Chatpartner ihn nicht hören konnte, denn er war inzwischen schon richtig sauer und beleidigte die Inkompetenz des Supports, schlug dabei auf den Tisch und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Und all das, nur weil er ein Abonnement verlängern möchte. Nach 3 1/2 Stunden wurde ihm mitgeteilt, dass sein Anliegen endlich an das spezialisierte Team weiter geleitet wird (man fragt sich, mit wem er denn vorher geschrieben hatte und warum diese Weiterleitung nicht bereits viel früher stattfinden konnte?). Jetzt wartet er auf eine E-Mail von den "Experten".

Diese Zeit ist jetzt natürlich verschwendet, eigentlich wollte er heute Abend Just Dance spielen, aber geht natürlich immer noch nicht. Hoffentlich antwortet man ihm innerhalb der nächsten Tage. Immerhin sind die Bewertungen von Ubisoft auch bei Trustpilot grauenhaft und spiegeln das, was er gerade selbst erlebt hatte. Einige davon sind sogar beleidigend, aber nach dieser Stundenlangen Tortur kann der Protagonist das durchaus nachvollziehen. Er hatte nicht gedacht, dass es tatsächlich so kompliziert sein kann, ein Problem zu beheben oder zumindest heraus zu bekommen, was überhaupt das Problem ist. Mit einer Begründung wäre er ja schon zufrieden, selbst wenn es vorerst keine Lösung geben würde. Aber selbst die gibt es nicht.

Nun gut, zum Abend wird der Protagonist noch Duolingo machen müssen, weil er noch nicht dazu gekommen war. Dabei isst er den Rest der Wassermelone. Seine Kniestrümpfe hatte er gestern Abend tatsächlich fertig bekommen und als nächstes würde er welche für seine Mutter stricken. Aber das muss noch nicht heute sein, vorher muss er ein gutes Muster finden. Vor dem Schlafen will er dann noch duschen, um den Stress des Tages von sich zu spülen und erfrischt ins Bett gehen zu können.

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