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Der Protagonist ist sehr zufrieden mit dem Tag. Er findet, dass er viel geschafft hat und sich deshalb nicht zu sehr darüber beschweren sollte, dass er nach der Arbeit das Haus nicht mehr verlassen hatte. Und das alles, obwohl er wirklich schlecht geschlafen hatte. In seinem frisch bezogenem Bett war er relativ schnell eingeschlafen, obwohl ihn eine Zahnfleischentzündung nervte. Jedoch war er immer wieder aufgewacht und hatte die schwachsinnigsten Träume, die man sich vorstellen kann. Er war wieder 40 Minuten zu früh aufgewacht und konnte nicht mehr einfschlafen, das lag aber auch daran, dass er aufgeregt war. Aufgeregt wegen der Arbeit.

Er war früher losgegangen als sonst, weil er sich nicht sicher war, ob er ohne Pause ankommen würde. Da der Protagonist doch keine Pause gebraucht hatte, war er zu früh bei der Arbeit. Sein Chef hatte gar nicht richtig wahrgenommen, dass er krank gewesen ist, zumindest kam das nicht rüber. Er wurde auch nicht gefragt, ob er wieder völlig gesund sei oder so etwas. Aber egal, vielleicht erwartet er zu viel. Erstaunlicherweise hatte er nur 83 ungelesene Mails, was sehr wenig ist im Vergleich. Normalerweise bekommt er über das Wochenende von 50 neue. Könnte natürlich auch daran liegen, dass er in der letzten Woche selbst keine verschickt hatte.

Unnormal oft hatte heute das Telefon geklingelt, aber jedes mal war jemand dran, der mit seinem Chef sprechen wollte. Warum sie nicht direkt seinen Chef anrufen, ist dem Protagonisten ein Rätsel. Oder zumindest bei der Sekretärin, deren Telefonnummer online angegeben ist. Mit dem Protagonisten wollte heute keiner sprechen und es ist auch kein Kunde vorbei gekommen. Stattdessen hatte er aber noch 6 offene Kunden, die per Mail etwas von ihm wollten, und 2 größere Unternehmen, die auch gerade bearbeitet werden. Das sah auf den ersten Blick alles sehr viel aus, aber er ist eigentlich ganz gut darin, sich einen Überblick zu verschaffen und nach Dringlichkeit zu sortieren. Außerdem macht er keine Pausen oder lenkt sich zwischendurch ab, also ging es dann doch relativ schnell. Nach seiner Arbeitszeit war nur noch eine Kundin übrig, die aber ein perfekter Fall wäre, um ihn der neuen Mitarbeiterin zu überlassen. Sie würde irgendwann in den nächsten Tagen nochmal vorbeikommen und weiter eingearbeitet werden, dafür würde der Protagonist diese Kundin nun "aufbewahren". Wenn seine neue Mitarbeiterin diese Woche nicht vorbei kommen würde, könnte er die Kundin auch schnell am Mittwoch noch bearbeiten.

Die Arbeitszeit war um, so schnell konnte er gar nicht auf die Uhr gucken. Als er fertig war und nachhause gehen wollte, wurde er jedoch von seinem Chef gestoppt. Dieser hatte ihn darum gebeten, noch die Teller und das Besteck aus der Spüle in den Geschirrspüler zu räumen. Nun gut, so viel kann das nicht sein, hatte er sich gedacht. Aber: doch. Eine riesige Schüssel mit Besteck lag in der Spüle, das seit Freitag nach dem Mittsommerfest seines Chefs in einer eigenartigen Flüssigkeit schwomm, natürlich mit Essensresten daran. Zu Mittsommer gibt es immer Fisch, es roch ekelhaft und fühlte sich auch ekelhaft an, davon abgesehen mag der Protagonist generell keinen Fisch. Die letzten 10 Minuten Arbeitszeit gestalteten sich also fast wie ein Horrorfilm und er ist sich jetzt sicher, dass er diese 10 Minuten morgen auf seinen Dienstplan nachtragen wird, damit er dafür wenigstens Geld bekommen würde.

Zuhause angekommen setzte er sich erstmal etwas hin. Der Weg ist zwar nicht weit, aber auf den jeweils letzten 100-200 Metern konnte er seine Lunge fühlen. Auch wenn er gerne zu Edeka wollte, entschied er, das auf Mittwoch zu verschieben. Morgen muss er schließlich nach der Arbeit noch zu dem Unternehmen, das ihm ein schlechtes Angebot gemacht hat. Und danach würde er ganz sicher nicht einkaufen. So dringend ist es wohl auch nicht, die wichtigsten Sachen hat er vom Einkauf am Samstag noch zuhause.

Um nicht ganz unproduktiv zu sein, hatte er dann nochmal nach freien Stellen gesucht, was wieder vergeblich war. Es gibt zwar viele freie Stellen, aber keine, die auf ihn passen. Zumindest hat er nicht vor, Elektriker zu werden, hat er doch keine Ausbildung darin gemacht und in Physik immer eine 5 gehabt. Das ist natürlich etwas, wodran er nichts ändern kann, dennoch ärgert ihn das ein bisschen. Er ist immer so ungeduldig und gerade hat er das Gefühl, dass er einfach mal wieder zu lange warten muss.

Irgendwie muss man sich bei sowas dann ablenken, also entschied er sich, weiter in seinem schwedischen Buch zu lesen. 50 weitere Seiten hatte er geschafft, obwohl er dabei sehr müde geworden war und sich am Ende fast gar nicht mehr konzentrieren konnte. Der Protagonist ist sich nicht sicher, ob das nun eine Folge von seiner Corona-Erkrankung ist, oder ob das daran liegt, dass er so schlecht geschlafen hatte. Oder vielleicht beides.

Da er noch den Rest Hollandaise im Kühlschrank hatte und es langsam notwendig wurde, diesen aufzubrauchen, hatte er sich dazu den Rest seiner Pommes und Griddies in den Backofen geschoben. Dabei war ihm mal wieder aufgefallen, dass er dringend seinen Tiefkühlschrank abtauen sollte. Da er nun weniger in dem Tiefkühlfach im Kühlschrank hatte, versuchte er Tetris-artig alles aus dem Schrank in das Fach zu stapeln. Das war nicht einfach und seine Eiswürfel und Kühlakkus hatten nicht hinein gepasst, aber das lässt sich verschmerzen. Eiswürfel kann man neu machen, die Akkus neu einfrieren. Während des Essens hatte er eine große Schüssel warmes Wasser und einige kleine in den Tiefkühlschrank gestellt und hoffte, dass alles abgetaut wäre, sobald er aufgegessen hatte. Das war natürlich nicht so und außerdem ist so viel Eis geschmolzen, dass seine Küche gefühlt unter Wasser stand. Aber nun hat er das endlich mal fertig und es ist nur eine Frage der Zeit, dass er auch das Tiefkühlfach im Kühlschrank abtauen wird. Da das aber mit dem Kühlschrank verbunden ist und man diesen nur vollständig ausstellen kann, er aber noch zu viele Lebensmittel darin hat, wird das nicht heute und auch nicht morgen sein.

Für morgen nimmt er sich wieder nichts vor, außer Arbeit und nach der Arbeit das Gespräch bei dem Unternehmen, das ihm ein Angebot gemacht hat.



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