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Tatsächlich hat der Protagonist im Laufe des Tages sein Buch fertig geschrieben. Das hatte er nicht erwartet, aber es hatte sich so ergeben. Ursprünglich hatte er geplant, bis 10 Uhr zu schlafen, denn er war gestern lange wach. Bis morgens um 2 Uhr. Warum? Gegen 0:15 Uhr lief eine Live-Übertragung des Avantasia Konzerts beim Wacken Open-Air. Der Protagonist ist seit seinem 12. Lebensjahr Fan dieser Band, war inzwischen zumindest schon drei Mal auf einem Konzert, das letzte mal in Oulu, 2022. Häufiger waren sie auch gar nicht auf Tour (glaubt er). Am Mittwoch war mit der Post ein Briefumschlag gekommen, in dem sein Ticket für die Tour 2025 enthalten war. Dennoch hatte er gezweifelt, ob er so lange wach bleiben wollen würde. Aber es hatte sich gelohnt. Während der Live-Übertragung, die nicht mal einen guten Ton hatte, hatte er die Zeit seines Lebens. Das hat ihm so viel Freude bereitet, so viel Freude hatte er lange nicht mehr.

Immerhin bis 9 Uhr hatte er tatsächlich geschlafen. Zum Frühstück gabs zwei Scheiben Brot, ein gekochtes Ei, eine Kiwi und ein Stück Schokolade. Dann überlegte er, wie er seinen Tag gestalten würde. Er erinnerte sich, dass er sein Buch weiter schreiben wollte, und entschied, zumindest für ein paar Minuten daran zu arbeiten. Dabei kam er in so einen Schreibfluss, dass er es sogar beenden konnte. Bis zum 14. November wird jetzt alle 5 Tage ein Kapitel online kommen, dann ist auch die Veröffentlichung beendet. Gegen 12 Uhr war er damit fertig, aber er entschloss sich, die Datei noch in Buchsatz um zu ändern. Seine ursprünglich 92 Seiten in Schriftgröße 12, standard Word-Einstellungen, wurden so nach und nach immer mehr. Wenn er sein Buch jetzt drucken lassen würde, ohne weitere Veränderungen, käme er auf 257 Seiten. Das ist zufälligerweise genau die Länge, die er selbst bei Büchern gut findet.

Als nächstes will er das Buch komplett noch einmal lesen und bearbeiten, so dass alles perfekt und nach seinen Vorstellungen ist. Und danach wird er überlegen, ob er es direkt selbst drucken lassen will oder ob er es an einen Verlag schickt. Das ist aber vor allem davon abhängig, wie begeistert er von seinem Endergebnis sein wird.

Fertig war er mit allem gegen 13:30 Uhr. Und dann kam die große Leere. Was nun? Das Schreiben hatte ihn in den letzten Monaten so sehr vereinnahmt, dass er jetzt eine große Lücke in seinem Zeitplan hat, wenn er nicht mehr schreiben muss. Er dachte darüber nach, ob er noch ein weiteres Buch schreiben wollen würde, aber ihm wollte nichts so wirklich einfallen. Um den Kopf zu leeren, machte er sich für einen Spaziergang fertig. Auf dem Weg würde er auch in einem Geschäft vorbei kommen, um nach etwas zum Schwimmen zu suchen. Er hatte überhaupt keine Schwimmsachen zuhause, alles lag noch bei seinen Eltern in einer Schublade. Als er Donnerstag am Strand gelesen hatte, kam es ihm aber so vor, als würde es sich vielleicht doch lohnen, demnächst mal wieder schwimmen zu gehen.

Er hatte auch tatsächlich eine Badehose anprobiert, eine Größe größer als er sonst trug. Diese war viel zu klein. Noch eine Nummer größer gab es nicht und drei Nummern größer, da findet er, das können die behalten. Sollen sie doch entweder die Kleidung vernünftig schneiden oder zumindest die richtige Größe dran schreiben. Ohne Badehose ging er dann noch zu dem teuren Supermarkt in der Innenstadt. Er wollte sich nur schnell eine Knoblauchcreme holen, denn er hatte das Gefühl, für die Zwiebelringe, die er sich zum Abendessen machen wollte, keine passende Soße zuhause zu haben. Und weil er schon mal da war, kaufte er auch noch Kekse und Eis, dazu das Wasser mit Zitronengeschmack, das er immer mit zur Arbeit nimmt. So war sein "ich hole schnell eine Soße" zu einem 20€ Einkauf geworden.

Wieder zuhause angekommen, hatte er den Rest Erdbeeren mit Vanilleeis gegessen. Die Erdbeeren schmeckten tatsächlich nach etwas, aber nicht nach viel. Das Eis schmeckte nach noch viel weniger. Der Protagonist denkt, dass nur Eiswunder dieses Eis retten könnte. Aber das hat er natürlich nicht zuhause und bevor er noch einmal mehr kauft als geplant, bleibt er lieber zuhause und begnügt sich vorerst mit dem geschmacksneutralen Eis. Nächste Woche beim Einkaufen könnte er immer noch die Schokosoße holen.

Danach hatte er wie geplant 50 weitere Seiten in seinem finnischen Buch gelesen. Da er eh nicht viel verstand, waren seine Gedanken immer wieder abgeschwiffen. Das war nicht besonders produktiv, wenn es darum geht, dem Inhalt zu folgen, aber dafür hatte er eine Idee entwickelt, worüber er sein neues Buch schreiben wollen würde. Und weil er noch keinen Hunger hatte, setzte er sich an seinen Schreibtisch und schrieb. Die ersten beiden Kapitel sind fertig. Mal schauen, ob er die Geschichte auch bis zum Ende bringen würde.

Zum Abendessen hatte er dann eine Hälfte von den Zwiebelringen gemacht. Als diese aufgegessen waren, war er immernoch hungrig, also machte er auch noch den Rest der Packung. Wirklich lecker war das ganze nicht. Die Zwiebelringe schmeckten nicht nach viel und die Knoblauchsoße passte nicht dazu. Es ist immer ärgerlich, wenn das Essen nicht zufriedenstellend ist, weil man dann dazu tendiert, noch mehr zu essen, bis man zufrieden ist. Und deshalb wird er nachher noch ein weiteres Eis essen.

Heute will er eine Pause vom Tanzen machen, denn sein Handgelenk hat sich entzündet. Ob das mit dem Tanzen zusammenhängt oder nicht, kann er nicht genau sagen, aber es wäre wohl gut, die Hand nicht zu viel zu bewegen. Stattdessen möchte er gegen 20:45 Uhr die Live-Übertragung von Cradle of Filth sehen, eine Band, die er bestimmt seit 13 Jahren nicht mehr gehört hatte. Als Jugendlicher mochte er das gerne und nun denkt er, man könnte zumindest mal rein hören. Außerdem muss er noch eine neue Strickanleitung für Sneakersocken raussuchen, die er für seine Mutter stricken will.

Für morgen nimmt er sich vor, weitere 50 Seiten zu lesen. Er muss außerdem putzen, es wäre ganz gut, auch mal wieder zu wischen. Vielleicht schafft er es auch, an seinem neuen Buch weiter zu schreiben.

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