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Irgendwie fühlt sich der Protagonist heute nicht gut. Nicht mal, weil er krank ist oder so, einfach ohne Grund. Schlecht geschlafen hat er wieder, aber dieses mal etwas länger. Das Wetter war beständig, es hatte kein Gewitter gegeben. Das wüsste er, weil er selbst von einem minimalen Geräusch wach wird.

Er hatte gar keine Lust, aufzustehen, deshalb blieb er auch bis halb 12 liegen, spielte Animal Crossing und Quizduell und scrollte durch Instagram. Dabei erinnerte er sich immer wieder daran, dass er sich eigentlich viel vorgenommen hatte. Aber nichts konnte ihn motivieren. Um 12 Uhr gabs Frühstück, was dann schon eher Mittagessen war. Dazu hatte er auch die letzten Erdbeeren gegessen, die nach der Nacht im Kühlschrank schon leicht matschig waren.

Danach hatte er angefangen, weiter an seinem Buch zu schreiben. Auch dafür fehlte die Motivation und er wusste einfach nicht, wie er weiter schreiben sollte. Zum Glück legte sich das dann schnell und er schaffte heute 3 Kapitel. Mit denen war er sehr zufrieden. Er findet, dass er jetzt schon die ersten Anzeichen auf das Ende gegeben hat, ohne dabei zu direkt zu sein. Die meisten Leser werden diese wahrscheinlich falsch deuten und am Ende überrascht sein. Zumindest hofft er das. Er hat nur jetzt das Gefühl, dass sein Anfang nicht mehr richtig zur Geschichte passt und auch zwischendurch vieles vollkommen überflüssig ist. Deshalb laß er die ersten Kapitel erneut. Ein paar Rechtschreibfehler ließen sich finden, aber er stellte fest, dass die Kapitel gar nicht so schlecht waren, wie in seiner Erinnerung. Insgesamt las er 2 Stunden, die ersten 14 Kapitel. Er möchte jetzt gerne einmal bis zum Ende weiter lesen, um zu gucken, ob alles logisch ist und Sinn ergibt. Allerdings würde das viel Zeit in Anspruch nehmen und eigentlich will er auch noch weiter in seinem finnischen Buch lesen.

Mit nichts tun, so hatte sich das zumindest angefühlt, hatte er reichlich Stunden verschwendet. Gegen 17 Uhr lag er auf seinem Bett und hatte Hunger. Heute würde er den Rest Karotten mit Hollandaise essen müssen, allerdings fand er, dass er nichts passendes dafür zuhause hatte. Deshalb wollte er nochmal schnell zum roten Netto laufen, der Laden ist wahrscheinlich von allen Supermärkten am nächsten an seinem Zuhause. Er möchte dort Brokkoli kaufen. Erbsen hat er noch zuhause. Dann könnte er sich Karotten, Brokkoli und Erbsen mit Hollandaise machen. Vielleicht noch Blumenkohl dazu. Es war nicht einfach, Motivation zu finden, sich etwas vernünftiges an zu ziehen, denn er trug zuhause immer eine gemütliche Hose und kein T-Shirt. Das gefällt ihm so am besten. Im Winter trug er manchmal einen Pullover und manchmal eine Strickjacke, aber das war ihm jetzt zu warm. Mit den Sachen, die er zuhause an hat, geht er auch nie raus. Das ist seine Regel. Es gibt "Draußen-Kleidung" und "Drinnen-Kleidung". Die Draußen-Kleidung muss immer gut getrennt werden und darf weder sein Bett noch die "Drinnen-Kleidung" berühren. Wer weiß, was dort alles drauf landet, wenn man draußen so rum läuft?

Als Motivation konnte er dann doch noch eine Sache finden. Sein Müll war voll. Wenn er doch schon raus bis zum Mülleimer läuft, könnte er auch direkt zu Netto gehen. Immerhin lohnt es sich dann auch, die "Draußen-Kleidung" angezogen zu haben. Auch wenn das ganze bedeuten würde, dass er seine Essenszeit wieder verpasst, die zwischen 17 und 18 Uhr liegt. Das ist seine eigene Schuld, er hat eigentlich immer Brokkoli zuhause, weil es zu seinem Lieblingsessen zählt. Nur er hatte keinen neuen gekauft. Das war ein Fehler, den er wieder gut machen musste. Wahrscheinlich klingt das auch gerade seltsam, weil er so gut wie nie in diesem Buch davon erzählt, dass er Brokkoli isst. Hatte er in den letzten 68 Tagen überhaupt einmal davon geschrieben? Das wird er jetzt nicht überprüfen, das würde zu lange dauern.

Umso enttäuschender war es, als er bei Netto nach dem Brokkoli suchte und es keinen gab. Weder frisch noch gefroren. Aus purer Verzweiflung nahm er sich dann eine Gemüsemischung aus der Tiefkühltruhe, bei der Brokkoli enthalten sein soll. Die Hälfte davon kocht er gerade fertig. Blumenkohl und Karotten sind auch in der Mischung dabei, aber er hatte einfach keine Karotten genommen, denn er hat noch frische. Die gefrorenen kann er immer noch mal an einem anderen Tag machen. Erbsen gab er noch dazu und jetzt hofft er, dass diese Erfahrung gut sein wird. Wahrscheinlich hat er jetzt auch viel zu viel Gemüse für den Rest Hollandaise, alles zusammen würde auf 1 Kilo kommen. Kann er das alles essen? Wahrscheinlich schon. Wahrscheinlich ist das gar kein Problem. Auch wenn er sich dann wieder wundern wird, wie er 1Kilo Lebensmittel in seinen Körper bekommen hat. Außerdem verträgt er weder Brokkoli noch Blumenkohl, was ihn aber nicht davon abhält, davon zu viel zu essen.

Am Abend möchte er gerne noch etwas lesen. Ganz spät soll auch noch ein finnischer Film laufen, das hatte ihm sein Vater geschrieben. Da der Protagonist eigentlich nur 15 Sender empfangen kann und One keiner davon ist, muss er wohl darauf verzichten. Auch wenn es sich dabei ja um einen öffentlichrechtlichen Sender handelt, eigentlich sollte der auf seinem Fernseher laufen. Wahrscheinlich muss er einfach nochmal vernünftig suchen. Denn er hat ja fast 500 Sender, die er nicht empfangen kann, vielleicht ist da irgendwo One dabei. Und wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. In letzter Zeit kam ja mal wieder jeden Abend nichts im Fernsehen, zumindest auf den 15 Sendern nicht, sodass er immer Bobs Burgers geguckt hatte. Auf Dauer nervt das aber schon fast.

Für morgen nimmt sich der Protagonist vor, morgens motivierter zu sein. Denn je früher er sein Bett abzieht, desto eher kann er die Waschmaschine anstellen. Und je früher die Waschmaschine fertig ist, desto besser kann sie trocknen, bevor er abends schlafen will. Bei dem Wetter weiß er nicht, ob er den Ständer vielleicht sogar drinnen hinstellen müsste. Er möchte dann noch das Buch möglichst bis zum Ende lesen, sein eigenes Buch weiter schreiben und sich auf das Vorstellungsgespräch am Dienstag vorbereiten. Er hatte nämlich schon vergessen, worum es dabei genau ging.

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