Auch wenn der Protagonist heute weniger geschafft hatte, als die letzten Tage, war er genauso zufrieden mit dem Ergebnis. Morgens hatte er entschieden, dass er sein Bett neu beziehen möchte. Eigentlich war es erst nächstes Wochenende dran, aber er fand, dass er im Sommer natürlich mehr schwitzte und es dadurch nicht schaden konnte, häufiger den Bettbezug zu wechseln.
Als er mit dem Frühstück fertig war, ging er schnell zu Animal Crossing, um bei dem kleinen Schwein ein paar Rüben zu kaufen, das ist nämlich nur sonntags möglich. Er bemerkte dabei auch, dass er wieder ein Unwohlsein in seiner Bauchregion hatte, wie schon gestern mit den Kreislaufproblemen. Dieses mal hielt es den ganzen Tag an. Immerhin war keine Übelkeit dabei.
Nach dem Aufhängen der Wäsche, nahm er sich sein Buch von Nadine Gordimer und ging an den Hafen. Er hatte im Wetterbericht gesehen, dass es gegen 14 Uhr schlechter werden sollte, eventuell sogar Regen. Deshalb wollte er das gute Wetter bis dahin nutzen und ein paar Seiten lesen, bevor er zurück musste, um nach seiner Wäsche zu sehen. Er wollte nicht riskieren, dass seine Bettwäsche wieder nass wurde.
Das Buch handelt laut Buchrücken von einem Mann, der nach seiner Krebsbehandlung zurück zu seinen Eltern zieht, weil er durch die Behandlung radioaktiv ist. Es sollte darum gehen, dass er in dieser Situation wieder zu dem Kind wurde, das er früher war, als er noch bei seinen Eltern gelebt hatte. Nun ist der Protagonist nicht fertig mit diesem Buch, er möchte sich jedoch darüber beschweren. Natürlich geht es darum, dass der Krebspatient zurück nachhause geht. Aber das ist eigentlich nur Nebenhandlung. Viel mehr geht es um zwischenmenschliche Beziehungen. Darum, wer seine Frau war und wie sie sich verhielt, wenn sie mit unterschiedlichen Menschen zusammen war. Darum, wie er darum kämpfte, die Natur Südafrikas zu schützen. Darum, wie die Situation zwischen der wießen und der schwarzen Bevölkerung war. Darum, wie seine Mutter seinen Vater betrogen hatte und deshalb nichts dagegen sagen kann, dass sein Vater sie in seinem Ruhestand nun auch betrügt.
Es geht um diese Familie, um ihre Charaktere, ihre Gefühle und Geheimnisse. Es geht nicht um einen Patienten, der sich von seiner Krankheit erholt. Es wird nichts über seine Behandlung erzählt, außer von seiner Opteration. Man erfährt nichts darüber, wie er sich fühlt. Man erfährt nichts genaueres über diese Krankheit. Der Protagonist findet den Schreibstil grauenhaft und hatte bereits beim ersten Satz das Gefühl, einen Schlaganfall zu bekommen. Aber er will das zuende lesen. Er wird das wohl aushalten, es fehlen nur noch 50 Seiten. Und er möchte gerne wissen, ob der Vater tatsächlich bei seiner Affäre bleibt oder zurück kommt.
Wieder zuhause angekommen, bezog er sein Bett, hängte seine Wäsche noch einmal um, dass die noch nassen Stellen besser trockneten, und putzte ein wenig. Es hatte gar nicht angefangen zu regnen, was natürlich dahingehend positiv war, dass er seine Wäsche weiter auf dem Balkon trocknen lassen konnte. Manchmal war es schwierig in der kleinen Wohnung, wenn man dort den Wäscheständer aufstellen würde. Den Wäscheleinen im Keller vertraute er nicht, er hatte irgendwie Angst, ihm könnte etwas geklaut werden. Einmal hatte er das ausprobiert, im Winter. Aber nach 30 Minuten ging er zurück in den Keller, um seine Wäsche doch im Zimmer auf zu hängen. Er hatte vor seinem inneren Auge gesehen, wie eine seiner Nachbarinnen ihren Ehemann herunter schicken würde, um die Wäsche zu holen. Und so wie man eben Vorurteile über Männer hat, glaubte der Protagonist, dieser Mann würde auch seine Wäsche mitnehmen. Das würde der Ehefrau wahrscheinlich auffallen und vermutlich wusste der Mann auch selbst, dass sie keine Eulenbettwäsche besitzen, aber dennoch erschien das dem Protagonisten in dem Moment so bedrohlich, dass er es nicht ausgehalten hatte.
Im Sommer hat er seine Balkontür immer offen, weil es ansonsten bei der Hitze nicht auszuhalten war. Die Geräusche von draußen störten ihn nicht, es sei denn, es war irgendeine Feier und bis spät lief laut Musik. Aber das kam nicht oft vor. Normalerweise hörte er nur ein paar vorbeifahrende Autos und Busse, zwischternde Vögel und die Glocken der drei Kirchen der Stadt, die alle mehr oder weniger in direkter Nähe lagen. Wirklich gestört hatte die Geräuschkulisse nur, als er während der Corona-Zeit Onlineseminare belegen musste. Dann musste er die Fenster zu machen, da er kaum etwas verstanden hatte und auch selbst nicht gehört wurde, wenn er etwas beitragen wollte.
Zum Abendessen macht sich der Protagonist ein Nudel-Brokkoli-Gratin. Das isst er sehr gerne, denn sowohl Nudeln als auch Brokkoli gehört zu seinem Lieblingsessen. Das ganze war mit einer Art Hollandaise und Gouda überbacken. Er versuchte aber, das Gericht nicht zu oft zu essen, höchstens alle drei Wochen, weil er glaubt, dass Nudeln wohl zu viele Kohlenhydrate haben. Aber vielleicht war das auch Schwachsinn, er kennt sich mit sowas nicht aus.
Er möchte heute Abend außerdem das Buch zuende lesen, um es endlich hinter sich zu haben. Es warten noch so viele andere Bücher in seinem Regal auf ihn, von denen er hofft, dass sie besser sind. Obwohl er gar nicht sagen möchte, dass dieses Buch schlecht ist. Er kommt nur wirklich nicht sehr gut mit dem Schreibstil klar. Jetzt fragt sich der Protagonist, ob es auch Menschen gibt, die das gleiche über seinen Schreibstil sagen würden. Wahrscheinlich. Das liegt wohl auch daran, dass einige mit falschen Erwartungen an seine Bücher gehen. Er fragt sich manchmal, wie das sein kann. Zu Beispiel, dass man sich über den Aufbau dieses Buchs aufregen konnte. Es steht ja auf dem Buchcover, im Titel, in der Buchbeschreibung und im aller ersten Kapitel drin, dass es sich um ein Tagebuch handelt. Nicht mehr und nicht weniger.
Für morgen nimmt sich der Protagonist vor, bei der Arbeit wieder so entspannt zu sein wie letzte Woche. Außerdem möchte er sich weiter mit Bewerbungen beschäftigen und vielleicht einkaufen. Aber wahrscheinlich würde es mehr Sinn ergeben, erst Dienstag einkaufen zu gehen. Das würde er morgen erörtern müssen. Er wird morgen auch berichten, wie er das Buch nun findet, wenn er es komplett durchgelesen hat.
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100 Positive Tage
AcakEine Challenge für den Protagonisten, der versuchen wird, in Tagebuchform jeden Tag nur positiv zu berichten. Der Protagonist erhofft sich dadurch eine optimistischere Einstellung und ein besseres Weltbild. Ob das klappt, sehen wir in 100 Tagen