25

1 0 0
                                    


Der Protagonist findet, dass er den Tag heute gut gemeistert hat. Er glaubt zwar, dass er nicht immer zu hundert Prozent nur positive Dinge in diesem Buch geschrieben hat, aber er hat dennoch das Gefühl, dass er insgesamt eher positiv denkt und sein Leben anders beschreibt, als er das vielleicht früher getan hätte. Nun ist das erste Viertel der Challenge schon rum und er möchte als kleines Zwischenfazit sagen: Natürlich hilft diese Challenge. Er verbringt den Tag oft damit, darüber nachzudenken, was er gerne über den Tag berichten möchte. Dadurch ruft er sich auch während des Tages immer schon hervor, was gerade positiv läuft. Es ändert quasi sein ganzes Mindset. Aber es ist noch zu verführt, um wirklich darüber urteilen zu können, denkt er.

Warum hat er den Tag gut gemeistert? Es ist gerade mal 17 Uhr und er hat, seiner Meinung nach, alle Ziele des Tages erreicht, ohne dabei seine gute Stimmung zu verlieren. Der Tag hatte früher als er sich das wahrscheinlich gewünscht hätte begonnen, denn er konnte nicht mehr weiter schlafen. Aber das wollte er positiv sehen, denn je früher er aufsteht, desto früher hat er wohl auch seine To-Dos erledigt. Das entspricht ganz offensichtlich der Wahrheit.

Nach dem Frühstück sah er sich erneut die Stellenausschreibungen an, die er sich zuvor markiert hatte. Eine war bereits nicht mehr zu finden, obwohl das Abgabe-Datum eigentlich erst in zwei Wochen sein sollte. Das ist nicht so schlimm, das war nämlich genau die Stelle, über die er sich zuvor die meisten Gedanken gemacht hatte. Jetzt musste er nicht mehr entscheiden, ob er sich bewerben wollen würde. Stattdessen bewarb er sich bei den ersten beiden Stellen, die er markiert hatte. Eine in der Stadt, in der er gerade lebt, und eine bei einem Unternehmen, wo er sich bereits im Februar schon einmal beworben hatte. Damals war er abgelehnt worden und das auf eine Art und Weise, die ihm nicht gefallen hatte. Dennoch wollte er es noch einmal versuchen, immerhin würde das Unternehmen so auch merken, dass er wirklich ernstes Interesse hatte. Vielleicht würde er dieses mal mehr Glück haben. Wenn nicht, würde er es auch nicht so schlimm finden.

Manchmal denkt der Protagonist darüber nach, was passiert wäre, wenn er direkt nach dem ersten Jobinterview genommen worden wäre. Das ist unrealistisch, das weiß er heute. Damals konnte er das nicht einschätzen, war es doch auch sein aller erstes Vorstellungsgespräch. Heute weiß er, dass das Unternehmen gar nicht nach neuen Angestellten sucht, sondern nur nach Außen so wirken möchte, als würden sie expandieren. Darüber möchte er sich nicht all zu sehr ärgern, auch wenn es natürlich nicht fair von dem Unternehmen war, ihn extra dafür anreisen zu lassen. Das ganze Gespräch war auch nur eine Art Wissensaustausch. Jemand aus der Marketingabteilung wollte einfach nur herausfinden, welche Marktmöglichkeiten es in dem Wohngebiet des Protagonisten gab. Der Protagonist hofft, dass nicht noch mehr Leute auf dieses Schema hereingefallen sind.

Aber davon abgesehen, wenn das aus irgendeinem Grund doch geklappt hätte, dann würde der Protagonist inzwischen ganz woanders wohnen. Und er fragt sich manchmal, ob es ihm gut gehen würde. Er glaubt, dass er in dem Moment wahrscheinlich auch davor bewahrt wurde, eine Entscheidung zu treffen, die für ihn nicht gut gewesen wäre. Es ist nicht mal ein halbes Jahr vergangen, aber der hat das Gefühl, dass er in dieser Zeit so viel gelernt hat über den Bewerbungsablauf und die Maschen mancher Unternehmen, dass es für ihn jetzt einfacher wäre, eine Entscheidung zu treffen, aus der eine positive Zukunft entstehen würde.

Nach den beiden Bewerbungen nähte er noch das Kleid seiner Schwester zu. Dort war ja hinten an der Naht ein Loch. Nun ist es besser genäht als zuvor, mit einem Stich, der zu dem Stoff besser passt. Dass die Nähmaschine dann schon draußen war, hat er direkt genutzt, um eine seiner Unterhosen zu nähen, bei der sich ebenfalls eine Naht aufgelöst hatte. Da diese noch nicht so alt war, fand er, dass es sich durchaus lohnen würde, auch wenn er Unterhosen normalerweise nicht repariert.

Gestern hatte er sich ja vorgenommen, bei schlechtem Wetter zu schreiben und bei gutem Wetter zu lesen. Nun war das Wetter irgendwo in der Mitte. Es war bewölkt und etwas kühler als in den letzten Tagen. Aber er entschied dann trotzdem, sich an den Hafen zu setzen und weiter zu lesen. Er wollte das Wetter nutzen, weil es in den nächsten Tagen eventuell schlechter werden könnte. Tatsächlich laß er dann die letzten 150 Seiten des Buchs und er möchte sagen, dass er das Buch gerne gelesen hat. Er konnte sich so gut in die Hauptperson hinein versetzen. Ihm hatte vor allem das letzte Kapitel gefallen, das 20 Jahre nach der Hauptgeschichte spielte. Beim Lesen war er ganz froh um seine Sonnenbrille, denn das Ende rührte ihn zu Tränen. Zuhause angekommen wollte er das letzte Kapitel nochmal lesen, im Schutz seiner eigenen Wohnung. Dort weinte er dann tatsächlich kurz.

Nun überlegt der Protagonist, welches Buch er als nächstes Lesen will. Wahrscheinlich wird es: "Fang an zu leben" von Nadine Gordimer. Darin soll es um einen Krebskranken gehen, der eine Chemotherapie macht. Aber er nimmt sich für morgen erstmal vor, etwas für seine eigene Geschichte zu schreiben. Er möchte außerdem auf jeden Fall kurz rausgehen, möglicherweise zu Netto, um Wasser zu kaufen. Allerdings würde das vielleicht auch reichen, wenn er das erst Montag machen würde. Es half ihm nur immer, ein Ziel vor Augen zu haben, wenn er raus gehen wollte. Ansonsten fühlte er sich manchmal so orientierungslos.

Er nimmt sich außerdem vor, nochmal nach weiteren freien Stellen zu suchen. Vielleicht würde sich noch etwas gutes finden. Zumindest möchte er jetzt nicht mehr darauf warten, bis er eine Antwort auf seine Rückfrage zum Angebot bekommen würde. So langsam fühlt er sich davon nämlich etwas verarscht. In der Nacht hatte er auch schon wieder davon geträumt, was eigentlich ein Zeichen ist, dass er weniger darüber nachdenken sollte.

Der Protagonist wird morgen berichten, ob er es geschafft hat, sich weniger über die nicht vorhandene Mail zu ärgern.

100 Positive TageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt