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Heute sitzt der Protagonist wieder im Zug. Er hat das Gefühl, dass er irgendwie ständig um Zug sitzt. Aber so oft ist das dann wohl auch nicht. Es kommt einem nur so vor, weil es jedes Mal viel Stress mit sich bringt.

Die Nacht war für ihn wieder kurz. Es schläft sich so schlecht, wenn man ungewohnte Geräusche hört, die aus einem Zimmer kommen, das sonst leer ist. Zumindest hat er ja einen sehr leichten Schlaf und wacht auch so schon ständig auf. Aber gut, er will sich nicht zu sehr beschweren. Das mit dem Ausschlafen hatte dieses Wochenende mal wieder nicht geklappt, aber es hofft jetzt auf nächstes Wochenende.

Gestern Abend hatte er auch noch eine Mail bekommen von einem Unternehmen, bei dem er sich noch beworben hatte. Bewerbungsschluss war Anfang Juni, deshalb hatte er das schon wieder verdrängt. Wer sich so lange nicht meldet, will wohl auch nichts. In der Mail stand dann nicht, wie er eigentlich erwartet hätte, eine Absage, sondern eine Info, dass sie noch nicht so weit sind mit der Auswahl für die Bewerbungsgespräche. Nun gut, also ist er noch nicht ausgeschieden, das ist auch irgendwie positiv.

Nach dem Duschen und einem guten Frühstück, bei dem er wieder alleine gesessen hatte, hatte er noch kurz mit seiner Schwester Karten gespielt. Er hatte einfach keine Lust, sich weiter mit seiner Tante zu unterhalten. Sein Vater war gestern schon leicht krank und fühlte sich heute ganz grauenhaft schlecht, was dem Protagonisten leid tut. Normalerweise verbringt er viel Zeit mit seinem Vater, wenn er mal zu Besuch kommt. Dadurch, dass die Tante jetzt auch da war, ist es anders gekommen. Und der Protagonist glaubt, dass er das seinem Vater ansehen kann. Er vermisst den Protagonisten immer so sehr, was ihn überrascht. Er hatte das Verhältnis zu seinem Vater nie als so innig wahrgenommen. Jetzt tut es ihm leid, dass er schon nach Hause fährt, ohne dass sie wirklich Zeit für einander hatten. Aber man würde sich wohl bald wieder sehen, irgendwann im Juli.

Zusammen mit seiner Tante ist er dann gestartet, er hatte eigentlich erwartet, dass sie ihm für die fast 2 Stunden gemeinsamen Weg unterhalten wird. Aber sie hatten dann an unterschiedlichen Orten gesessen, was auch gut war. Auf dem ersten Abschnitt wurde er so unglaublich müde, so als würde die ganze Müdigkeit der letzten Tage gesammelt über ihn kommen. Und so konnte er dann etwas entspannen, obwohl man natürlich sagen muss, dass sowas im Zug schwierig ist.

Bis zum zweiten Zug hat er eine Wartezeit von einer Stunde, die er damit genutzt hat, sich etwas zu essen zu holen. Ein Baguette und für später, während der Zugfahrt bekam er für gewöhnlich nochmal Hunger, noch ein belegtes Brötchen. Und vollkommen anders als erwartet und gewohnt, hatte er in jedem Zug einen Sitzplatz bekommen. Er war zwar immer mal wieder zu spät angekommen, aber hatte die Anschlüsse ohne Probleme erreicht.

In Anschluss Nummer 4 hörte er die neue eivør CD, die er zum Geburtstag bekommen sollte. Da sie am Freitag erst rausgekommen ist und Amazon Probleme hatte, war sie aber nicht angekommen. Immerhin hatte man kostenlos einen mp3 Download bekommen, sodass er schonmal reinhören kann. Der Protagonist sammelt CDs von seinen Lieblingskünstlern. Schon als Kind hatte das begonnen und obwohl es inzwischen kaum noch jemand macht, er hält daran fest. Ihm gefällt es, etwas im Schrank stehen zu haben, das seine Vorlieben repräsentiert. Manchmal gibt es in den Booklets extra Infos zu den Liedern oder der Band, was ihm auch gut gefällt. Mp3 fühlt sich unpersönlich an, ist aber immer noch besser als es zu streamen, findet er. Denn dann kommt keine Werbung zwischendurch. Und es verbraucht auch kein Datenvolumen.

Das neue Album von eivør ist nicht grauenhaft, aber insgesamt doch eher enttäuschend, zumindest beim ersten Hören. Er findet, dass die Lieder alle keine richtige Melodie haben. Naja so ist das manchmal, auch die Lieblingskünstler können nicht immer überzeugen. Schlecht ist es außerdem auch nicht. Vielleicht muss er die CD auch einfach häufiger hören.

Der Protagonist wird heute erst spät nachts nach Hause kommen, aber er möchte dennoch schnell zu animal crossing und schauen, ob jemand umgezogen ist. Er hofft, dass alle geblieben sind. Dann geht er noch schnell duschen, weil er das Gefühl hat, dass er nach so einer Reise immer schmutzig ist, auch wenn das wohl eher psychisch als tatsächlich körperlich ist.

Für morgen nimmt er sich vor, freundlich und möglichst normal zu der neuen Mitarbeiterin zu sein, vor allem aber geduldig. Er ist ja immer so ungeduldig. Aber wenn jemand neu ist, kann es immer mal vorkommen, dass man etwas mehrmals erklärt bekommen muss. Er möchte sich dann nach der Arbeit nach weiteren freien Stellen umsehen. Einkaufen muss er auch noch, er hat nichts Zuhause außer den Käse, der hoffentlich noch nicht grün ist.

Möglicherweise, ganz vielleicht, bekommt er morgen oder im Laufe der Woche ja auch mal eine Antwort von dem Unternehmen. Wenn nicht, würde er das wohl als Antwort akzeptieren. Aber ein bisschen dreist ist das natürlich schon. Egal, von sowas will er sich nicht unterkriegen lassen. Das sagt viel mehr über das Unternehmen aus als über ihn.

Für Donnerstag hatte er sich auch schon mit seiner Freundin verabredet. Er wollte sie eigentlich dazu bekommen, dass sie sich mal bei ihr treffen, aber das hat nicht geklappt. Und das Argument, man könnte sich an einem Tag dort und am anderen Tag hier treffen, das hat auch nicht geklappt, denn sie meint, sie hätte keine Zeit. Sie muss an ihrer Masterarbeit schreiben. Das ist eine Lüge. Also natürlich muss sie das, aber sie tut es nicht. Das weiß er, weil sie ihm seit Wochen nichts anderes erzählt. Immer das gleiche, sie beschwert sich, dass sie noch so viel machen muss und aber nie dazu kommt, tatsächlich was zu machen, weil sie ADHS hat. Er hat sich lang genug darüber geärgert, letztlich muss sie es am Ende selbst wissen. Er hatte mehrfach versucht, zu helfen. Aber sie nimmt überhaupt nichts an. Dann ist das so.

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