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Der Protagonist hat gestern vergessen, sich ein Ziel für den heutigen Tag zu setzen. Aber vielleicht tut es auch mal ganz gut, sich alles von alleine entwickeln zu lassen. Wie gewohnt war der Protagonist früh wach, aber heute war er ausgeschlafener. Bei der Arbeit hat alles so glatt funktioniert, wie man es sich wünschen kann. Der Protagonist hat alles geschafft, das er sich vorgenommen hatte und sogar noch etwas mehr. Auf dem Weg nachhause wurde ihm dann noch hinterher gerufen, dass er sich erneut Gedanken über das Angebot machen sollte, das ihm sein Chef vor einigen Wochen gemacht hatte.

Der Protagonist freut sich darüber, dass sein Arbeitgeber ihn und seine Arbeit schätzt, er findet aber nicht, dass es sich in der Bezahlung spiegelt und auch nicht in dem Angebot. Vielleicht würde er darüber nachdenken, das Angebot nochmal zu verhandeln, wenn bei dem Vorstellungsgespräch am Freitag nichts herauskommen würde. Aber richtig Lust hatte er darauf nicht, wollte er doch etwas neues anfangen, am liebsten in einem anderen Bereich.

Es scheint gar nicht so einfach, einen Job zu finden, obwohl man ständig vom Arbeitermangel und ähnlichem hört. Aber wahrscheinlich sind damit ganz andere Berufe gemeint. Der Protagonist glaubt, dass so etwas vor allem schlecht bezahlte Berufsfelder trifft, für die man keine höhere Ausbildung benötigt. Er denkt dabei vor allem an Lagermitarbeiter und ähnliches. Das sind Jobs, von denen er denkt, dass sie nicht viele Leute machen wollen. Der Mangel an Arbeitnehmern scheint geringer zu sein, wenn es um Bürojobs geht.

Eigentlich möchte der Protagonist nicht im Büro arbeiten, langweilte ihn das doch so schnell. Allerdings würde man für andere Berufe eine Ausbildung benötigen, auf die er noch weniger Lust hatte. Nach 7 Jahren Studium will der Protagonist nichts mehr mit Prüfungen zu tun haben. An den Berufsschulen gehören eben Prüfungen dazu. Auch wenn er gerne lernt, kann er sich gerade nichts schlimmeres vorstellen, als nochmal in einem Raum zu sitzen, wo eine Person etwa 20 anderen Personen etwas beibringen will. Die Schule hatte der Protagonist gehasst. Und mit Beenden des Masterstudiums hatte er sich geschworen, nie wieder etwas im institutionellen Rahmen zu lernen, hatte ihn seine Masterarbeit doch fast in den Wahnsinn getrieben.

Schon während der Arbeit war ihm eine Email aufgefallen, die er vom Prüfungsamt bekommen hatte. Sein Zeugnis sei fertig und abholbereit. Das hatte aber auch lange gedauert, fast einen Monat. Das Bachelorzeugnis hatte man ihm zugeschickt, deshalb war er darüber irritiert. Das Prüfungsamt hat ja auch nur zu Phantasie-Zeiten geöffnet, wie soll man das also persönlich abholen? Aber er hatte Glück und es war heute nachmittag tatsächlich jemand im Büro. Auf dem Heimweg holte er noch etwas Schokomilch, die er seiner Freundin für das Treffen am Donnerstag versprochen hatte. Den Donnerstag hatte er ausgewählt, weil sie dann spätestens 18 Uhr gehen würde, um zum Training zu fahren.

Beim Einkaufen hatte er dann ein Risotto entdeckt, das ausschließlich auf Italienisch beschriftet war. Dadurch fühlte sich der Protagonist herausgefordert, er wollte also heute abend diese italienische Anleitung auf der Rückseite entziffern und hoffentlich ein leckeres Essen zubereiten. So schwer kann das aber gar nicht sein, immerhin muss man dafür nur etwas Reis aufkochen und dann halt den Rest der Packung untermischen.

Er hatte sich auch noch Schokoeis gekauft. Eigentlich hatte der Protagonist vor einigen Seiten geschrieben, dass er auf seine Ernährung achten will. Dafür isst er aber viel zu oft Süßes. Er redet sich dabei ein, dass eine Sache schon okay sein würde. Da steht er auch vollkommen hinter, man sollte sich keine Lebensmittel verbieten, außer bei Allergien oder ähnlichem. Dennoch ist die Strategie nicht die beste. Er würde eigentlich ganz gerne 5 Kilo abnehmen. Wirklich dringend ist das aber nicht. Er fühlte sich auch nicht unwohl in seinem Körper, nur fand er seinen Fettanteil zu hoch. Wenn er nicht aufhört, ständig fettreiche Lebensmittel zu essen, wird sich das auch nicht ändern. Im Moment ist er dafür nicht konsequent genug, das weiß er selbst.

Im Regal des Protagonisten steht ein neues Buch, das er demnächst anfangen wollte. Dieses Buch ist seit 2022 noch original verpackt, wobei er sich wunderte, warum man Bücher überhaupt in Plastik einwickeln sollte, konnte man doch so überhaupt nicht reinlesen, ob einem das Buch zusagen würde. Da er das Buch vom Übersetzer geschenkt bekommen hatte, war das aber egal. Er wusste auch gar nicht richtig, worum es in dem Buch gehen würde, es wurde ihm nur als "queer" beschrieben. Es ist nicht wichtig, worum es geht, der Protagonist mochte den Gedanken daran nicht, dass er ungelesene Bücher im Regal hatte und würde es alleine deshalb lesen.

Während seines Studiums hatte der Protagonist verhältnismäßig viele Übersetzer kennengelernt, dabei hatte er nicht Übersetzen studiert. Dennoch versicherte ihm jedes Gespräch, dass Übersetzen ein Job wäre, den er niemals machen könnte. Das lag an der finanziellen Unsicherheit. Schließlich bekommt man als Übersetzer immer nur dann Geld, wenn man gerade einen Auftrag hatte. Es könnte also auch längere Leer-Phasen geben, was ihn total verunsichern würde, plant er doch so gerne im Voraus.

Für morgen nimmt sich der Protagonist erneut vor, auch auf der Arbeit positiv zu denken. Immerhin hätte er nach morgen erstmal Urlaub, auch wenn Freitag das Vorstellungsgespräch noch kommt. Am nachmittag würde er noch ein paar Besorgungen erledigen müssen, aber bei dem Wetter machte ihm das Spaß. Er war außerdem der Meinung, dass er sich erlauben könnte, etwas zu kaufen, das er eigentlich gar nicht braucht. Solche Einkäufe bereiteten ihm meistens viel Freude, auch über den Tag hinaus. Vielleicht war das etwas kindlich.

Die nächsten Abende würden auch dadurch bereichert werden, dass wieder Reality-TV im Fernsehen lief. Heute kommt Bauer sucht Frau international und der Protagonist freute sich besonders auf den Bauern aus Togo, fühlte sich das doch am romantischten an. Abends träumte er dann vor dem Schlafen immer davon, selbst als Aussteiger irgendwo im Dschungel zu leben. Dafür liebte er aber fließendes Wasser zu sehr. Außerdem glaubt er, dass man dafür ausreichend Geld braucht, was irgendwie paradox ist.

Morgen berichtet der Protagonist davon, wie gut ihm der positive Start in den Urlaub gelungen ist.

100 Positive TageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt