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„Guten Morgen, Livi," begrüßt Julian mich mit einem breiten Grinsen. Dieses typische Julian-Grinsen ist heute besonders schelmisch. Wir waren gestern Nachmittag spät angekommen, und ich hatte insgeheim gehofft, er würde mich heute auch in Ruhe lassen. Aber das war wohl nichts.

„Na, hast du endlich ausgeschlafen, Dornröschen? Du warst ja gestern kaum ansprechbar," sagt er und zieht dabei seine Augenbrauen so weit nach oben, dass es fast komisch aussieht.

Ich seufze und gebe ihm einen leicht mürrischen Blick. „Hast du nichts Besseres zu tun, als dich in mein Schlafverhalten einzumischen? Muss dir wohl das Leben retten, dass ich halb tot war gestern."

Julian lässt sich nicht beirren und schüttelt den Kopf, das Grinsen bleibt auf seinem Gesicht. „Ich hab ja auch nur Angst, dass du mir hier gleich wieder auf dem Tisch einschläfst. Aber hey, kein Problem, ich stütze dich dann ab."

„Wie großzügig von dir, wirklich." Ich strecke ihm die Zunge raus und lehne mich an den Stuhl zurück. Er zieht die Augenbrauen hoch und mustert mich von Kopf bis Fuß.

Ich schnaube und versuche, mir nichts anmerken zu lassen. „Ist noch irgendwas? Oder möchtest du mich jetzt weiter begutachten bis dir die Augen rausfallen?."

„Nehm es als Kompliment an," zwinkert er mir zu. Plötzlich setzen sich auch Marco und Mats zu uns. Beide sehen uns belustigt an, während Julian und ich uns weiter wie zwei Kinder benehmen.

„Sagt mal, ihr zwei, wollt ihr eure kleine Sandkastenfreundschaft nicht endlich offiziell machen?", fragt Mats mit hochgezogenen Augenbrauen und einem schelmischen Blick.

„Oh, komm schon, Mats, das hier ist fortgeschrittene Freundschaftsdynamik. Die würdest du doch gar nicht verstehen," entgegne ich mit einem selbstsicheren Grinsen und strecke Mats die Zunge raus.

Julian schnappt sich die Gelegenheit und klatscht grinsend mit mir ein. „Genau, Mats, lass das die jungen Leute regeln."

Marco kann sich das Lachen nicht verkneifen und schüttelt leicht den Kopf. „Ich glaube echt, das hier könnte eine schlechte Sitcom werden. Aber mal ehrlich, was läuft da eigentlich zwischen euch?"

Julian wirft mir einen flüchtigen Blick zu, seine Stimme diesmal etwas weniger lässig. „Mehr als nur Freundschaft, denk ich mal. Vielleicht sind wir... beste Freunde?" Die Frage schwingt ein wenig in seinem Ton mit, und ich fühle, wie meine Lippen ein Grinsen formen, während ich nicke und ihm zustimme. In den letzten Wochen hatte sich wirklich eine besondere Freundschaft zwischen uns entwickelt, die mir mehr bedeutet, als ich zugeben will.

Marco schüttelt den Kopf und lacht, während er aufsteht. „Ihr lügt euch doch bloß selber an, aber gut.," sagt er grinsend und geht mit einem letzten Blick, der deutlich mehr sagt als Worte es könnten. Mats folgt ihm kurz darauf.

Nachdem Marco den Essenssaal verlassen hat, wird die Stimmung für einen Moment etwas ruhiger. Ich sehe Julian an und werde ernster. „Sag mal, Juli, wie geht's dir eigentlich? Heute ist ein großer Tag. Bist du nervös?"

Er lächelt etwas schwach, und ich merke sofort, dass es ihm ernst ist. „Ja, wenn ich ehrlich bin, schon. Es ist ein Topspiel, das Wichtigste der Woche. Und der Druck, der auf uns allen lastet... das spürt man schon."

Ich nicke langsam und lege eine Hand auf seinen Arm. „Ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht ist. Aber du hast so viel drauf. Und vergiss nicht, ich bin auch da. Die ganze Zeit. Ich werde dich anfeuern, euch alle!"

Er sieht mich einen Moment lang an, und seine Augen werden ein wenig weicher, als er nickt. „Danke, Livi. Echt, das bedeutet mir viel."
Mit einem letzten motivierenden Grinsen tauschen wir ein Lächeln aus und gehen zurück auf unsere Zimmer.

Kurz darauf steht für die Jungs noch eine kurze Warm-up-Einheit an, und wie immer bin ich mit dabei. Ich sehe ihnen zu, mache ein paar Scherze, um die Nervosität ein wenig aufzulockern, und versuche einfach, das Team zu unterstützen, so gut ich kann. Ich weiß, wie wichtig das Spiel für sie alle ist. Nach der kurzen Einheit ging es auch schon direkt los Richtung Stadion. Für mich ist heute extra ein Platz auf der Auswechselbank. Edin meinte, dass die Jungs wohl gerade heute meine Unterstützung brauchen werden. Ich habe ja bereits bei den letzten Spielen gemerkt, wie angespannt sie sind. Aber heute, dass ich nochmal eine ganz andere Nummer.

Mittlerweile sind wir schon im Stadion angekommen und die Jungs machen sich warm. Die Nervosität ist mittlerweile auch auf mich übertragen worden. Doch ich versuche mir natürlich nichts anmerken zu lassen, das wäre wirklich kontraproduktiv für die Jungs.

Das Spiel beginnt, und von Anfang an ist die Spannung in der Luft. Doch schon nach wenigen Minuten fällt mir auf, dass etwas nicht stimmt. Unsere Jungs , die sonst ein eingespieltes Team sind,wirken irgendwie... zerstreut. Sie laufen nicht wie gewohnt, Pässe kommen nicht an, und das Zusammenspiel fehlt. Es ist, als würden sie sich gegenseitig blockieren. Uns genau das wirkt sich dann auch auf das Ergebnis zur Halbzeit aus.

Zur Halbzeit steht es 2:0 für die Bayern, die Jungs wirken niedergeschlagen und demotiviert, als sie in die Kabine gehen. Verständlich. Auch ich bin gerade ziemlich durch den Wind. Ich mein, ich habe die Jungs noch nie so schlecht spielen sehen. Auf dem Platz ist es gerade so, als wären sie kein Team. Als würden sie das erste mal zusammenspielen.

Aber die Jungs können es besser. Sogar Edin lässt den Kopf hängen. Das kann nicht sein. Also folge ich ihnen, in die Kabine. Sie alle sitzen mit gesenkten Köpfen da. Es ist still. Niemand sagt etwas. Man hört nur ab und zu sein seufzen, mal von Marco, mal von Edin und mal von irgendwem anderes. Ich kann einfach nicht fassen, dass sie sich so hängen lassen. Ohne groß nachzudenken, stelle ich mich vor sie.
„Was soll das hier werden Jungs? Ihr seht aus, als hättet ihr schon verloren! So kenne ich euch nicht."

Die Jungs schauen überrascht auf, und ich merke, wie sich einige erstaunt die Augen reiben. Julian und Marco sehen mich an, als hätte ich ihnen eine Ohrfeige verpasst.

„Hört mir zu", fahre ich fort, meine Stimme entschlossen. „Ihr seid besser als das hier. Ihr seid ein Team und das ist heute das Wichtigste. Reißt euch zusammen, kämpft, und spielt miteinander! Ich will sehen, dass ihr als Team auftretet und nicht als Einzelkämpfer! Spielt Miteinander! Hört auf hier Trübsal zu schlagen und geht verdammt nochmal da raus und dreht das Spiel!"

Meine Worte scheinen endlich durchzudringen. Die Jungs nicken, werfen sich entschlossene Blicke zu, und als sie zurück auf das Feld gehen, sieht man sogar noch vor dem Anpfiff, dass sie motivierte sind. Sie laufen akribischer, wirken fokussierter, und die Stimmung ist deutlich anders. Sie sind wieder da, auf dem Platz, als Team.

Die zweite Halbzeit startet, und langsam beginnt sich das Spiel zu drehen. Marco bekommt in der 60. Minute einen Freistoß, und mit voller Konzentration verwandelt er ihn, sodass der Spielstand auf 2:1 verkürzt wird. Die Fans jubeln, und auch ich merke, wie die Anspannung langsam sinkt.

Kurz vor Schluss bekommen die Chance mit einer Ecke. Julian machte sich direkt auf dem Weg zur Eckfahne. Er tritt den Ball perfekt, und Mats, der in der Mitte lauert, nimmt Anlauf und köpft den Ball unhaltbar ins Tor.  Ausgleich! Ich kann meine Begeisterung kaum zurückhalten und feuere die Jungs weiter an „Los Jungs. Genau so kenn ich euch!" schreie ich quer über den Platz. Edin scheint mittlerweile auch viel motivierte zu sein und gibt den Jungs ein paar Ansagen, die sie wirklich gut umsetzten können.
Ich kann kaum glauben, dass meine kleine Ansprache wirklich funktioniert hat.

Leider sollte die Freude nicht lange halten. In der letzten Minute kommt der Rückschlag. Die Bayern schaffen es, ein drittes Tor zu erzielen, und der Schlusspfiff erklingt. Das Spiel endet mit einer bitteren 3:2-Niederlage. Ich bin sprachlos. Die Jungs hatten die zweite Halbzeit komplett dominiert, und dann das.

When we meet againWhere stories live. Discover now