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Julian hat vor ein paar Minuten geschrieben, dass er unterwegs ist, und jetzt stehe ich in meiner Wohnung und mustere mein Spiegelbild. Mein Herz klopft schneller, die Unsicherheit wirbelt in mir, und während ich die Kissen auf der Couch nochmal zurechtlege, frage ich mich, was ich mir von diesem Abend erhoffe und wovor ich solche Angst habe. Es ist nur Julian.

Es ist alles so verwirrend. Seit Wochen fühle ich dieses Kribbeln, dieses besondere Gefühl in Julians Nähe. Und heute Abend will ich, dass alles perfekt ist. Die Wohnung ist sauber, auf dem Couchtisch steht eine Schüssel mit Chips, dazu zwei Gläser und eine Flasche Cola. So oft haben wir Abende wie diese zusammen verbracht, und doch ist heute alles anders. Jedes kleinste Detail scheint mir plötzlich wichtig, und ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist.

Ein Klopfen an der Tür reißt mich aus meinen Gedanken. Ich atme tief durch und gehe zur Tür, öffne sie, und da steht er mit einem Lächeln. In seiner Hand hält er eine Tüte mit Popcorn, und seine Augen strahlen, als er mich ansieht.

„Hey", begrüßt er mich, und sein Blick ruht für einen Moment länger auf mir, als es vielleicht nötig wäre. „Bereit für einen entspannten Abend?"

„Hey", sage ich, versuche ruhig zu klingen, aber meine Stimme zittert leicht. „Ja, klar. Komm rein."

Julian tritt ein und zieht die Schuhe aus, wirft seine Jacke über den Stuhl, und dann folgt er mir ins Wohnzimmer. Er lässt sich lässig auf die Couch fallen und klopft auf den Platz neben sich. „Komm schon, du siehst aus, als würdest du gleich weglaufen wollen."

Ich zwinge mich zu einem Lächeln und setze mich neben ihn, meine Hände in meinem Schoß verschränkt, damit er nicht sieht, wie nervös ich bin. Er öffnet die Popcorn-Tüte und stellt sie zwischen uns. Anschließend startet er einen Film, den er extra Mitgebracht hatte. Die Vorspannmusik des Films beginnt, und ich versuche mich zu entspannen, aber die Gedanken in meinem Kopf überschlagen sich, machen es mir schwer, mich auf das zu konzentrieren, was auf dem Bildschirm passiert. Julian lacht an den passenden Stellen, kommentiert hier und da eine Szene, doch ich bekomme kaum etwas mit. Stattdessen denke ich daran, wie es wäre, wenn ich ihm sagen würde, was ich fühle.

Er bemerkt wohl, wie still ich bin, denn irgendwann dreht er sich zu mir, ein schiefes Grinsen auf den Lippen. „Sag mal, bist du irgendwie geistesabwesend, oder hab ich einfach vergessen, wie man spannende Filme aussucht?"

Ich schaue auf und sehe, wie er mich mit einem neugierigen Lächeln mustert. Es ist, als wolle er mich aufheitern, aber ich kann nicht einfach so in den gewohnten Austausch einsteigen, kann nicht so tun, als wäre alles normal. „Nein, nein, der Film ist gut. Ich bin nur... ich weiß auch nicht."

„Ach komm", sagt er und rückt ein Stück näher. „So kenne ich dich doch gar nicht. Wo ist die Olivia, die immer bei den besten Szenen mitgeht? Soll ich vielleicht versuchen, dich zu unterhalten?"

Sein Tonfall ist leicht, aber die Nähe zwischen uns, der spielerische Ausdruck in seinen Augen, all das bringt mein Herz nur noch mehr aus dem Takt. Ich zwinge mich zu einem Lächeln, doch er lässt sich nicht täuschen. Stattdessen legt er seine Hand auf meine und kneift die Augen leicht zusammen, als versuche er, meine Gedanken zu lesen. „Du bist komisch heute Abend. Sag mir, was los ist."

Die Sorge in seiner Stimme macht mich nur noch unsicherer, und ich wende den Blick ab. „Es ist nichts. Mach dir keine Sorgen."

„Nichts?" Julian zieht skeptisch eine Augenbraue hoch. „Olivia, du hast kaum ein Wort gesagt, seit ich hier bin. Das ist so ziemlich das Gegenteil von deinem Normalzustand."

Ich versuche, die Spannung mit einem Lachen zu überspielen, aber es klingt gezwungen, und Julian entgeht das nicht „Normalzustand? Wie soll das denn aussehen?".

When we meet againWhere stories live. Discover now