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Ich stand am Spielfeldrand, den Blick auf das leere Stadion gerichtet, und lauschte Edin zu. Er hatte bedenken wegen dem Spiel gegen Chelsea. Irgendwie Angst, könnte man auch sagen. Die Atmosphäre war irgendwie ruhig, aber draußen konnte man die Fans hören. Ihre Gesänge und Rufe hallten bis zu uns herüber. Die BVB Fans sind einfach der Wahnsinn.

„Die letzten Wochen waren gut," begann Edin und strich sich nachdenklich über den Bart, „aber Chelsea... das ist nochmal ein anderes Kaliber. Vor allem mit Havertz im Sturm. Das könnte knifflig werden."

Ich nickte verstehend, aber ich wollte ihm irgendwie auch etwas von meiner eigenen Zuversicht vermitteln. „Klar, aber hey, die Jungs haben die letzten Wochen bewiesen, wie viel sie draufhaben. Wir haben die letzten drei Spiele gewonnen, und das hat das Team noch enger zusammengebracht. Ich hab ein gutes Gefühl."

Ich hatte noch nicht ganz ausgesprochen, da spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehte mich um und blickte direkt in ein freches, grinsendes Gesicht – Julian. Natürlich.

„Zisch ab, Brandt, ich hab hier was Wichtiges zu bereden!" fauchte ich spielerisch und lachte dabei. Ich schüttelte ihn sanft ab, und Julian hob nur die Hände, als würde er kapitulieren.

„Schon gut, schon gut, ich warte hier," meinte er mit einem gespielt beleidigten Gesichtsausdruck, der mich fast zum Lachen brachte. Als Edin und ich unser Gespräch beendeten, wartete Julian natürlich immer noch dort.

„Okay, Livi, ich muss dir jemanden vorstellen," begann Julian mit einem Grinsen.

„Wen willst du mir denn jetzt vorstellen? Den Rasenwart?"

Julian verdrehte die Augen. „Nicht ganz. Meinen Bruder, Jannis! Er ist heute auch hier als Fotograf."

Ich erinnerte mich gut an Jannis. Vor all den Jahren, als Julian und ich... na ja, damals zusammen waren, hatte er ständig von Jannis erzählt. Aber irgendwie hatte ich ihn nie persönlich kennengelernt. Die Entfernung zwischen Wolfsburg und Bremen war wohl der Grund.

„Ah, Jannis," sagte ich grinsend. „Du weißt schon, dass ich durch deine ständigen Erzählungen fast das Gefühl habe, ihn schon zu kennen, oder?"

Bevor Julian noch etwas erwidern konnte, kam Jannis tatsächlich schon auf uns zu. Mittelgroß, blond und mit einer Kamera um den Hals. Er sah schon irgendwie aus wie Julian, nur in kleiner. Er wirkte entspannt und scheint den selben Blick von Julian zu haben. Ich musste schmunzeln.

„Hey, Jannis!" rief ich und ging auf ihn zu, ohne zu zögern. Ich umarmte ihn zur Begrüßung, was ihn im ersten Moment etwas überraschte, doch er erwiderte die Umarmung lächelnd. Ja selbst mich überraschte das, schließlich gehe ich nie einfach sobald Leute zu, die ich selbst ja garnicht kenne.

„Endlich lerne ich dich auch mal in echt kennen!" Jannis grinste mich an und schüttelte leicht den Kopf. „Julian hat ja immer viel von dir erzählt."

„Ich hoffe nur, er hat nicht übertrieben." Ich warf Julian einen schnellen Seitenblick zu, während ich Jannis ansah. „Und vor allem hoffe ich, dass du nicht auch so ein Idiot bist wie dein Bruder," sagte ich lachend.

Julian tat empört. „Also wirklich, Livi, das nennst du eine Begrüßung?"

Jannis lachte, während ich ihm scherzhaft die Zunge herausstreckte. „Hey, ich muss ja schließlich vorbereitet sein! Jetzt hab ich schon einen Brandt, der mich in den Wahnsinn treibt, da ist ein zweiter definitiv ein Risiko."

Julian verschränkte die Arme und schaute mich gespielt beleidigt an. „Du hast doch wohl nicht vergessen, dass ich das Herz und die Seele dieses Teams bin."

„Ach ja? Herz und Seele? Ich hätte eher an nervendes Maskottchen gedacht." Ich grinste breit und merkte, wie Jannis amüsiert den Kopf schüttelte.

„Ihr seid echt wie kleine Kinder," meinte Jannis schmunzelnd. „Das ist also die berühmte Olivia, die Julian immer zum Schweigen bringt?"

„Und das immer mit Stil!" Ich warf Julian einen triumphierenden Blick zu, während ich die Arme verschränkte.

„Mach dir keine Hoffnungen, Livi. Diesmal hab ich Verstärkung!" Grinste Julian mich an.
Jannis lachte, aber ich konnte sehen, dass er Julian mit einem leicht skeptischen Blick musterte.

„Verstärkung, ja?" Ich verschränkte die Arme und trat einen Schritt näher an Julian heran, bis unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. „Denkst du wirklich, ein bisschen Familienrückhalt wird dir helfen, Brandt? Du weißt genau, dass ich selbst gegen zwei von euch gewinne."

Julian ließ sich natürlich nicht einschüchtern. Mit diesem typischen Grinsen, das ich inzwischen fast genauso gut kannte wie meinen eigenen, sagte er: „Oh, du überschätzt dich gewaltig, Dornröschen. Irgendwann wird selbst die beste Taktikerin untergehen. Die Frage ist nur... wann."

Ich lachte laut und stieß ihm spielerisch gegen die Brust. „Warte nur, Brandt. Eines Tages bereust du es, mich herausgefordert zu haben."

„Ich liebe es, wenn du so tust, als wärst du unbesiegbar," sagte er grinsend und versuchte, ernst zu klingen, doch in seinen Augen blitzte dieses schelmische Funkeln auf. Genau das Funkeln, das mich manchmal mehr nervte, als ich zugeben wollte und das mich zugleich immer wieder zum Lachen brachte.

„Genau das macht mich doch so heiß," entgegnete ich mit einem übertrieben schelmischen Grinsen.

Jannis schüttelte schmunzelnd den Kopf und sah zwischen uns hin und her. „Also, ich hätte nie gedacht, dass meine kleine Pause hier so... lebhaft wird."

„Gewöhn dich dran, Bruderherz." Julian klopfte ihm grinsend auf die Schulter. „Mit Olivia wird's nie langweilig. Ein ständiges Training in Geduld und Humor."

Ich zog eine Augenbraue hoch. „Geduld und Humor? Also wirklich, Julian, das klingt fast wie ein Kompliment. Was ist los mit dir heute? Hast du etwa Lampenfieber?"

Julian zuckte mit den Schultern, aber ich sah kurz, wie er unsicher zur Seite blickte. Einen Moment lang war das schelmische Lächeln verschwunden, und ich erkannte den Anflug von Nervosität, die er sonst so gut zu verbergen wusste. Die Anspannung vorm Spiel war sicher da, auch wenn er es nicht zugeben wollte.

„Ach, Quatsch." Er versuchte, die Unsicherheit schnell wegzulachen. „Ein bisschen Kribbeln gehört dazu."

Doch ich kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er nicht so locker war, wie er vorgab. Als er abgelenkt in die Ferne schaute, legte ich kurz meine Hand auf seinen Arm und flüsterte: „Hey, mach dir keinen Kopf. Heute rockt ihr das, wie immer."

Er nickte langsam, und für einen Moment schien er sich durch meine Worte zu beruhigen. Dann verschwand die Unsicherheit wieder aus seinem Blick, und er klatschte einmal in die Hände. „Na gut, dann lass ich euch mal kurz allein, bevor die Fans hier reinstürmen."

„Oh nein, bloß nicht, Julian!" Ich zog gespielt panisch die Augenbrauen hoch. „Wag es ja nicht, Jannis und mir eine ruhige Minute zu gönnen. Wer weiß, was wir alles gegen dich planen könnten."

„Das wäre mein Untergang," sagte er grinsend und hob die Hände in gespielter Panik, bevor er sich langsam zurückzog.

„Was für ein Wirbelwind," kommentierte Jannis schmunzelnd, als sein Bruder außer Hörweite war. „Der lässt dich ja wirklich keine Sekunde in Ruhe, oder?"

Ich schüttelte grinsend den Kopf. „Keine Sekunde. Aber so ist das eben, wenn man mit Julian befreundet ist. Entweder man lebt mit seinem ewigen Charme und seinem Ego – oder man geht daran zugrunde."

„Klingt nach der Freundschaft meines Bruders," meinte Jannis und grinste. „Aber es scheint, als würdest du ihn ganz gut im Griff haben."

„Ich hab's zumindest besser raus als die meisten." Ich lachte.

When we meet againWhere stories live. Discover now