38

53 6 0
                                    

Ich saß auf meinem Bett, die Beine untergeschlagen, und starrte auf mein Handy. Julians Nachricht war kurz und mysteriös gewesen: „Mach dich bereit. Ich hole dich um sieben ab." Keine weiteren Hinweise, keine Details typisch Julian eben. Doch gerade diese Geheimniskrämerei ließ mein Herz schneller schlagen. Ein kleines Date? Oder doch nur ein lockeres Treffen? Bei ihm wusste man es nie genau. Die letzten Wochen waren intensiv gewesen, geprägt von neuen, ungewohnten Gefühlen und Nächten voller Gespräche. Wir waren uns so nahe, dass es fast Angst machte. Aber das alles blieb immer noch undefiniert wir hatten es nicht „offiziell" gemacht.

Ein Teil von mir konnte es kaum erwarten, ihn zu sehen. Der andere Teil hatte diese seltsame, pochende Angst im Hinterkopf, etwas falsch zu machen. Ich wusste, dass Julian mehr Erfahrung hatte als ich. Er wirkte immer so selbstsicher, als hätte er alles im Griff, während ich oft ins Grübeln geriet. Und diese Sorge war mir unangenehm, dass er all das wissen könnte, dass er sehen könnte, wie unerfahren ich mich fühlte. Doch ich wollte den Abend genießen, ihm zeigen, dass ich mich in seiner Nähe wohl fühlte.

Um kurz vor sieben zog ich meine Jacke an und machte mich fertig, zupfte ein letztes Mal an meinen Haaren. Ich hatte ein schlichtes Kleid gewählt, nichts Großes, aber doch etwas Besonderes für ihn. Und gerade, als ich mich zum Spiegel drehte, klingelte es. Mein Herz machte einen kleinen Sprung, und als ich die Tür öffnete, stand er da.

„Wow," sagte er, seine Augen funkelten, als er mich musterte. „Du siehst... großartig aus, Olivia."

Ein leichtes Lächeln stahl sich auf meine Lippen, und ich fühlte mich tatsächlich ein kleines bisschen selbstbewusster. „Danke... aber verrätst du mir jetzt endlich, was du geplant hast?"

„Geduld ist eine Tugend," neckte er mich grinsend und hielt mir seine Hand hin. „Vertrau mir."

Ich legte meine Hand in seine, und dieses kleine Berühren löste ein angenehmes Kribbeln in mir aus. Er führte mich nach draußen, und wir stiegen in sein Auto. Die Fahrt verlief schweigend, aber es war eine schöne, angenehme Stille, die Art von Stille, in der man nicht gezwungen ist zu reden. Ich beobachtete die Straßenlichter, die an uns vorbeizogen, und schließlich verließen wir die Stadt, fuhren eine schmale Landstraße entlang, bis wir an einem kleinen, versteckten See ankamen, von dem ich noch nie gehört hatte.

Julian hielt an, und ich stieg aus. Die Luft war kühl und frisch, und der See lag ruhig und spiegelglatt da, reflektierte den sanften Schein des Abendhimmels. Ein kleiner Steg führte ein Stück hinaus auf das Wasser, und als ich näherkam, sah ich, dass Julian eine kleine Picknickdecke und eine Laterne dorthin gestellt hatte. Es war alles einfach, aber perfekt , die Art von Romantik, die man in Filmen sah, und es fühlte sich unglaublich an, dass er das alles für mich geplant hatte.

„Das hast du alles vorbereitet?" fragte ich leise und versuchte, das aufgeregte Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken.

Er zuckte nur mit den Schultern und grinste. „Du hast es verdient, Olivia."

Wir setzten uns auf die Decke, und Julian öffnete eine kleine Kühltasche, die er mitgebracht hatte. Er reichte mir eine Flasche Wasser und einige Snacks, und dann saßen wir einfach da, ließen die Dunkelheit um uns herum dichter werden und die Lichter des Himmels über uns aufleuchten. Es war fast surreal, und ich musste mich selbst daran erinnern, dass das wirklich passierte. Julian und ich, hier, gemeinsam.

Irgendwann legte er sich zurück und sah zu den Sternen hoch. „Weißt du... das wollte ich schon lange machen."

„Mit jemandem ein Date am See haben?" fragte ich, etwas unsicher.

Er lachte leise. „Nicht mit irgendjemandem. Mit dir."

Seine Worte ließen mich innehalten. Ich schlang meine Arme um meine Knie, blickte hinaus auf den stillen See und spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte. Es war dieses besondere Gefühl, dass er nicht nur hier war, um einen netten Abend zu haben, sondern weil er wirklich Zeit mit mir verbringen wollte. Aber gleichzeitig machte mir das auch Angst, diese neuen Emotionen, die sich so stark anfühlten. Ich wollte ihm das alles zeigen, aber die Worte blieben in meinem Kopf stecken.

„Julian," begann ich vorsichtig, „ich... Ich weiß nicht, wie ich das alles sagen soll."

Er richtete sich auf, legte seinen Kopf schräg und musterte mich geduldig. „Sag einfach, was du denkst. Ohne nachzudenken. Was du fühlst, was du denkst... alles, was dir in den Sinn kommt."

Ich lachte nervös und spielte mit den Enden meiner Haare. „Es ist nur... ich weiß, dass du mehr Erfahrung hast. Dass du, naja... weißt, wie sowas läuft. Und ich..." Meine Stimme wurde leiser, und ich spürte, wie ich rot wurde. „Ich will nicht, dass du enttäuscht bist, falls ich... falls ich nicht so bin, wie du es vielleicht erwartest."

Er sah mich an, und ich konnte den Ausdruck in seinen Augen nicht genau deuten. Doch dann schüttelte er den Kopf und schob sich ein Stück näher zu mir. „Olivia," begann er mit einer sanften Ernsthaftigkeit in der Stimme, „ich bin nicht hier, weil ich irgendetwas von dir erwarte. Ich bin hier, weil ich hier sein will. Bei dir."

Die Worte trafen mich tief. Ich atmete aus, als hätte ich die Luft angehalten, und nickte. „Es ist nur... es ist alles neu für mich. Und manchmal denke ich, dass du jemanden verdienst, der sich nicht ständig Sorgen macht, nicht so nervös ist..."

Julian legte seine Hand sanft auf meine, und dieser einfache, warme Kontakt reichte, um meine Unsicherheit ein wenig zu zerstreuen. „Weißt du," sagte er leise, „genau das gefällt mir so an dir. Dass du ehrlich bist, dass du fühlst, dass du dir Sorgen machst. Das zeigt mir, dass dir das hier wichtig ist. Und das ist es, was für mich zählt."

Seine Worte waren beruhigend, aber auch so unerwartet. Ich schaute auf unsere Hände, sah, wie meine kleiner in seiner wirkte, und dann hob ich vorsichtig den Blick, sah in seine Augen und fragte leise: „Also... was machen wir hier eigentlich, Julian?"

Er zögerte für einen Moment, als müsse er selbst die Worte suchen. „Ich denke, wir... nehmen uns Zeit, um uns besser kennenzulernen. Um herauszufinden, wohin das hier führt. Und ich will, dass du weißt, dass ich Geduld habe. Dass ich das Tempo gehe, das dir angenehm ist."

Diese Ehrlichkeit in seiner Stimme, das Versprechen, das er mir mit diesen einfachen Worten gab, löste etwas in mir aus. Es war, als ob ich zum ersten Mal wirklich erkannte, dass ich ihm vertrauen konnte. Dass er hier war, um zu bleiben.

Ich lächelte zögernd und lehnte mich ein wenig näher zu ihm. „Also... nehmen wir uns Zeit."

Julian erwiderte mein Lächeln, und für einen Moment sahen wir uns einfach nur an, nahmen die Anwesenheit des anderen in uns auf. Es gab keinen Druck, keine Eile, nur das hier und jetzt.

„Genau das," sagte er sanft. „Wir nehmen uns Zeit."

Wir blieben noch eine Weile so sitzen, schweigend, aber es war eine angenehme Stille, in der Worte überflüssig waren. Die Nacht hüllte uns ein, und die Sterne funkelten über uns, als wollten sie uns Mut zusprechen. Und ich wusste, dass wir uns auf etwas Neues eingelassen hatten etwas, das langsam wachsen durfte, ohne Druck, ohne Erwartungen.

When we meet againWhere stories live. Discover now