Wiedersehen Teil 7

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Den nächsten Monat arbeitete ich etwas weniger. In Nordafrika war ein Tempel entdeckt worden, dort gerade die meisten Fluchbrecher. Für mich gab es da nur Büroarbeit. Sirius war sehr oft für den Orden des Phönix unterwegs. Es wurde immer gefährlich, denn viele Todesser waren unterwegs. Man konnte nicht mehr ungeschützt vor die Tür gehen und ich machte mir nur noch größere Sorgen um James und Lily. Seit einem Monat hatte ich nichts mehr von ihnen gehört, und die Sorge wuchs mit der Macht des Dunklen Lords.

Es war die Halloween-Nacht und ich wurde von einem seltsamen Geräusch wach. Etwas Silbernes schwebte im Schlafzimmer. Bei näherem Hinsehen erkannte ich einen Hirsch. James! Seine Stimme füllte die Stille: Hier stimmt etwas nicht. Ich habe ein ungutes Gefühl. Adriana, sei vorsichtig. Voldemort ist nahe. Ich war hellwach. Ich hatte mich nicht getäuscht! „Sirius!" Ich rüttelte an seiner Schulter. „Was?" fragte er verschlafen. „Ein Patronus von James. Ich glaube sie sind in Gefahr!" „Quatsch, ihr Haus ist geschützt, dass weißt du doch." „Ja, aber ich habe so ein seltsames Gefühl." „Schlaf weiter. Wir können morgen nach ihnen sehen." „Nein! Ich gehe jetzt." Ich schwang meine Beine über die Bettkante und stand auf. „Ria! Warte!" „Komm nach, du weißt wo du mich findest." Ich disapparierte.

Die Haustür stand weit offen, ansonsten war alles dunkel. Mit erhoben Zauberstab betrat ich das Haus. „James? Lily?" rief ich unsicher. „Lumos!" Mein Zauberstab erhellte den Flur etwas. Alles war umgeworfen und zerstört. Ängstlich ging ich weiter. Plötzlich stieß mein Fuß gegen etwas und richtete meinen Stab darauf. Erschrocken schrie ich auf. „James!" Er sah mich aus ausdruckslosen Augen an. Ich fiel neben meinen Bruder und versuchte einen Puls zu finden. Seine Hand war eiskalt. „Nein!" Meine Tränen begannen zu laufen und ich zitterte von Kopf bis Fuß. Ein Weinen durchzog die Stille. Harry! Ich rappelte mich auf und lief in sein Zimmer. Der kleine saß in seinem Bett und schrie. Vor ihm lag Lily. Genauso starr und bleich wie James! Harry weinte und sah mich an. Mit Lilys Augen! Ich musste hier raus! Panisch rannte ich wieder in den Flur, doch meine Beine gaben nach, als ich James sah. Schluchzend fiel ich zu Boden und klammerte mich an seinen leblosen Körper. „Wieso?", schluchzte ich unentwegt. Doch niemand antwortete. Ich zitterte und hörte Harrys Weinen aus dem Zimmer. Ich war nicht in der Lage aufzustehen, oder mich zu bewegen. Ich konnte nur dasitzen und weinen. Ich beugte mich über James' Leiche und meine Tränen tropften auf sein Gesicht. Ich wusste nicht, wie lange ich hier saß, aber plötzlich hörte ich einen erschrockenen Aufschrei. „James! Oh Gott, Ria! Bist du verletzt?" Sirius kniete sich vor mich. Fassungslos starrte er auf seinen besten Freund. Zwischen einigen Schluchzern, brachte ich zustande: „Sie sind tot. Harry ist oben!" Sirius stand auf und lief zu seinem Paten. Erschütterte und kreidebleich kam er wieder zurück. „Was hat Harry im Gesicht?" „Was?" „Eine seltsame Narbe ist auf seinem Gesicht." „Ich weiß nicht." Sirius fuhr sich übers Gesicht, sichtlich bemüht nicht zu weinen. „Dafür wird er bezahlen", knurrte er irgendwann. So wütend hatte ich ihn noch nie erlebt. „Was?" Er kniete sich vor mich. „Hör zu, Ria. James und Lily wurden verraten. Von Peter Pettigrew. Er war der Geheimniswahrer. Ich werde ihn suchen und zur Rede stellen." „Lass mich jetzt nicht alleine", schluchzte ich von neuem. Er zog mich an sich. „Wir müssen hier raus. Wer weiß, wer noch kommt." Schwach nickte ich. Wir disapparierten und ich fand mich in unserm Haus wieder. „Hör zu, mein Schatz. Bleib hier, gehe nicht nach draußen. Ich komme bald wieder." Ich wollte nicht, dass er ging, aber ich bekam kein Wort heraus. Gleich darauf war er verschwunden. Wie vom Donner gerührt, blieb ich auf dem Sofa sitzen. Meine Tränen flossen immer noch.

Ein Klopfen riss mich aus meinem unruhigen Schlaf. Ich musste eingeschlafen sein. „Sirius?" Mit wackeligen Knien ging ich zur Tür. Ein Zauberer des Ministeriums stand dort. „Adriana Potter?" „Ja." „Miller, vom Zaubereiministerium. Ich muss sie leide unterrichten, dass ihr Bruder und seine Frau letzte Nacht verstorben sind. Sie wurden von Sie-wissen-schon-wem getötet. Aber wir haben den Täter bereits gefasst. Es war ein schwerer Schlag für alle. Für sie muss es besonders schwer sein. Aber sie brauchen keine Angst mehr zu haben, der Mörder sitzt in Askaban. Niemand hätte gedacht, dass es einer ihrer engsten Freund war. Sirius Black ist festgenommen worden. Er hat sie verraten, Peter Pettigrew und zwölf Muggel getötet. Aber sie brauchen wirklich keine Angst mehr zu haben. Sie sind sicher. Mein Beileid, und noch einen schönen Tag." Er nickte und disapparierte. Ich starrte auf die Stelle, an der er eben gestanden hatte. Sirius war gefasst worden? Er saß in Askaban? Das konnte nicht sein! Er ist unschuldig!

Wie schnell kann eine Welt zerbrechen? Ich denke, in weniger als einer Minute. Ich setzte auf einem Haufen Scherben, die einmal mein Leben bildeten. Jetzt ist es zerbrochen und ich sehe keine Möglichkeit, dass es wieder normal verlaufen wird. Mein Bruder ist tot. Meine beste Freundin ist tot. Mein Freund sitzt in Askaban. Unschuldig. Meine Familie besteht nur noch aus einem kleinen Jungen, der den Todesfluch überlebt hat. Dumbledore hatte mich nicht gefragt, ob ich Harry aufnehmen wollte. Wahrscheinlich kannte er meine Antwort bereits. Niemals hätte ich Harry aufziehen können, er erinnerte mich jede Sekunde, an das was passierte.

Die nächsten Jahre lebte ich nur um zu arbeiten. Ich ließ mich versetzen und war nur noch im Außendienst tätig. London hatte ich hinter mir gelassen und wohnte jetzt in einer abgelegen Gegend in Afrika. Dort wurde regelmäßig verfluchtes Gold, oder ähnliches, gefunden. Von zuhause bekam ich keine Nachrichten mehr. Wer sollte mir auch schreiben? Ich hatte niemanden. Ich diesem kleinen Dorf bekam man keine Nachrichten von außerhalb, umso erstaunt war ich, als 14 Jahre später, ein bekanntes Gesicht vor der Tür stand.


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