Wiedersehen Teil 2

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Am Freitag lernte ich mit Remus und Lily. Es war anstrengend und am Abend brummte mein Kopf gehörig. Trotzdem saß ich noch mit Lily im Gemeinschaftsraum und plauderte bis kurz vor elf. Am Samstag konnte ich endlich ausschlafen, bis Lily mich aus dem Bett warf. „Stehst du endlich auf? Wir wollten uns doch mit Sev treffen!" „Wie spät ist es?" murmelte ich verschlafen. „Gleich halb elf!" „Was?" Rasch sprang aus dem Bett und zog mich um. „Hättest du mich nicht früher wecken können?" „Hab ich versucht. Dreimal!" Ich war wirklich müde gewesen. „Komm jetzt, Severus wartete bestimmt schon." Ich folgte ihr durch das Schloss nach draußen. Sev wartete tatsächlich schon. Die vier waren auch da. Gerade zog James seinen Zauberstab. „Was machen die denn da?" Lily beschleunigte ihre Schritte. Ich konnte nicht genau hören, was sie sagten, aber plötzlich hing Severus kopfüber in der Luft. Die umstehenden Schüler lachten. Sirius klopfte James auf die Schulter. „James! Was soll das? Lass ihn sofort runter!" Ich hatte mich vor meinem Bruder aufgebaut und funkelte ihn wütend an. „Ach Mensch, Ria. Das ist doch lustig." „Nein, ist es nicht!" schimpfte jetzt Lily. James schien sie jetzt erst bemerkt zu haben und ließ entgeistert seinen Zauberstab sinken. Severus fiel unsanft auf den Boden. Sofort rannte Lily zu ihm. „Hast du dir wehgetan, Sev? Komm, ich helfe dir hoch." Doch er schlug ihre Hand weg. „Ich brauche nicht die Hilfe eines Schlammbluts!" Lilys Augen weiteten sich und sie drehte sich um. In ihren Augen schimmerten Tränen. „Was soll das, Severus?" „Ah, halt deinen Mund. Du bist auch nicht besser, als dein dummer Bruder und dieser Black." Er schubste mich zur Seite. „Tue das nochmal, und du wirst es bereuen", zischte Sirius. Er war neben michgetreten und hatte wütend seinen Zauberstab gehoben. Severus schnaubte abfällig und lief davon. „Das wird er noch bereuen", murmelte Sirius. Ich musste zu Lily! Aber wo konnte sie sein? Bestimmt im Astronomieturm, dort war sie immer, wenn es ihr schlecht ging. Ich hetzte zurück ins Schloss und flitze die Stufen nach oben. Tatsächlich saß Lily auf dem Boden und schluchzte. Ich setzte mich zu ihr und nahm sie in den Arm. „Wieso hat er das gesagt?", schniefte sie. „Ich weiß auch nicht." Sie weinte fast eine halbe Stunde. Ich verstand einfach nicht, wieso Sev das gesagt hatte. Ich dachte immer, die beiden wären beste Freunde. So kann man sich in Menschen täuschen. Lily setzte sich gerade hin. „Lass uns das nicht mehr darüber sprechen. Ich konzentriere mich auf die Prüfungen und danach sind erstmal Ferien." „Hast du was dagegen, wenn ich dich besuchen komme. Sirius wollte zu James und ich kann die beiden Pappnasen nicht noch länger ertragen, als sonst. „Klar." „Danke." Lily lächelte gezwungen. „Komm. Wir gehen nach unten. Alle müssen jetzt beim Essen sein." Wir stiegen alle Stufen wieder nach unten und standen schließlich vor dem Portrait der fetten Dame. „Besser spät, als nie." „Das stimmt, meine Liebe." Sie hatte gerade eine Phase, in der sie nur Sprüche und Weisheiten, als Passwort nahm. Es war auf Dauer ziemlich nervig. Zusammen mit Lily ging ich nach oben in den Schlafsaal. Mein Magen knurrte, aber ich ignorierte es. Aus Lilys Koffer nahm ich einen Muggelroman. Zusammen mit ihr kuschelte ich mich auf ihr Bett und wir lasen das Buch. Es war wirklich spannend und lenkte Lily ab. Immer abwechselnd las eine von uns laut vor, während die andere zuhörte. Es war ziemlich lustig. „Danke Ria, dass du für mich da bist." „Immer Lily." Sie lächelte. Wir hatten das Buch fast fertig und ich las gerade vor, als ich bemerkte, dass sie eingeschlafen war. Verständlich, nach einem solchen Tag. Ich stand vorsichtig auf und legte ihre Decke über sie. Ein Blick auf meine Uhr sagte mir, dass es wirklich schon spät war und ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen. Ich tapste in den Gemeinschaftsraum. Eigentlich hatte ich hier niemanden mehr erwartet, aber Sirius saß in einem Sessel und starrte ins Feuer. Als er mich bemerkte, sprang er auf. „Ria! Wir haben euch den ganzen Tag schon gesucht." „Lily brauchte Ruhe und ich war bei ihr." „James ist halb verrückt vor Sorge." „Um mich, oder Lily?" „Ähmm..." Ich grinste. „Hast du zufälliges etwas zu Essen gesehen? Ich hatte heute noch nicht mal Frühstück." „Also, hier ist nichts, aber ich habe eine Idee, wo es etwas gibt." „Und wo?" „Wenn du kurz wartest, zeig ich es dir." „Danke." Er rannte hoch in den Schlafsaal und kam gleich darauf mit einem Stück Pergament wieder. Er richtete seinen Zauberstab darauf und nuschelte irgendwas. „Komm." Zusammen huschten wir durch die nächtlichen Gänge von Hogwarts. Ab und an hielt Sirius an und wir liefen in eine andere Richtung. Dann hielten wir vor einem Gemälde mit einer Obstschale. Sirius ging auf das Bild zu, und... kitzelte die Birne??!! Verwirrt beobachtete ich, wie die Birne anfing zu kichern und sich dann in eine Türklinge verwandelte. „Ich bitte die Dame einzutreten." Sirius hielt mir mit einer Verbeugung die Tür auf. „Sehr höflich von dir." Ich betrat eine große Küche. Sie war geräumig und sehr sauber. Hinter mir schloss Sirius die Tür. Einige Hauselfen kamen auf uns zugelaufen. „Was können wir für die Herrschaften tun?" piepste die eine. „Die Prinzessin hier hätte gerne etwas zu essen." „Sofort, Sir. Bitte nehmen sie doch Platz." Eine kleine Elfe führte mich an einen Tisch. Sirius setzte sich gegenüber von mir. „Sind die hier immer so freundlich?" flüsterte ich. „Ja." Nach ein paar Minuten beugte sich der Tisch vor Speisen und ich begann erleichtert zu essen. Auch Sirius nahm sich etwas. Die nächste halbe Stunde aßen wir und sagten nicht viel. „Ich platze gleich." „Wie kann man so viel essen und trotzdem so dünn sein?" „Wie kann man täglich eine Neue haben, und trotzdem bei allen gut ankommen?" Sirius grinste. „Vielleicht bin ich einfach toll." „Auf jeden Fall bist du nicht bescheiden", lachte ich. „Hat es der Miss geschmeckt?", riss uns eine kleine Hauselfe aus dem Gespräch. „Ja, vielen Dank." „Das freut Nelly zuhören." „Du bist also Nelly?", fragte ich höflich. Sie sah auf den Boden und nickte schüchtern. „Vielen Dank, Nelly." Ihre großen Augen leuchteten auf. „Für sie immer gerne, Miss." „Du kannst mich Ria nennen." „Natürlich, Miss Ria." Ich lächelte ihr zu. „Komm Ria, wir sollten langsam wieder gehen." Sirius hatte einen Arm um meine Schulter gelegt. „Stimmt." An der Tür standen schon vielen Hauselfen. „Auf Wiedersehen, Miss und Mister." „Auf Wiedersehen und vielen Dank." Wir liefen gemütlich durch die Gänge. Sirius hatte seinen Arm immer noch um mich gelegt. „Sind sie immer so freundlich?" „Immer." Er warf einen kurzen Blick auf diese seltsame Karte und blieb wie angewurzelt stehen. „Filch!", zischte er mir zu. „Wohin?" Aber da hatte er mich schon mit sich gezogen. „Hier rein!" Er stupste mich in eine dunkle Nische. „Sei bloß leise." Eng beieinander standen wir da und hofften, dass uns der Hausmeister nicht erwischen würde. Gerade jetzt fiel mir auf, wie groß Sirius doch geworden war. Er überragte mich um fast einen halben Kopf. Und das er so gut gebaut, war mir vorher auch nicht aufgefallen. Und das er so gut roch, irgendwie würzig... Ich schüttelte den Kopf. Das war gerade der unpassendste Zeitpunkt, den es gab. Ich hörte Schritte näher kommen und Sirius drängte mich noch mehr in die Ecke. Er hatte seine Arme um mich geschlungen und zwischen uns war kein Platz mehr. Filch schlurfte an der Nische vorbei, ohne uns zu bemerken. Ich atmete erleichtert aus. Seine Schritte wurden immer leiser, bis sie ganz verklangen, doch Sirius hatte mich immer noch losgelassen. Ehrlich gesagt, hatte ich auch nichts dagegen. „Wir sollten weitergehen", murmelte Sirius in mein Haar. „Sollten wir." Wir bewegten uns trotzdem nicht. Ich hatte meinen Kopf auf seine Schulter gelegt. „Ria..." „Mhh?" „Komm jetzt, wir müssen weiter." Enttäuscht löste ich mich von ihm und wir liefen leise zurück zum Gemeinschaftsraum. Dort angekommen mussten wir erstmal die fette Dame wecken, die darüber nicht sonderlich erfreut war. Endlich drinnen ließ ich mich auf ein Sofa fallen. Ich kicherte. „Das sollten wir wiederholen. Es war wirklich lustig." „Es war ein wirklich schöner Abend." Sirius hatte sich neben mich gesetzt. Ich lehnte mich gegen ihn. „Sag mal", fragte ich, „James will wirklich was von Lily, oder?" „Du bist seine Zwillingsschwester, du solltest das besser wissen, als ich." „Er erzählt mir sowas nicht." „Er bringt mich um, wenn ich es dir sage." „Er bringt dich auch um, wenn er rauskriegt, dass wir diese Nacht noch unterwegs waren. Ist wohl ein großer-Bruder-Syndrom. Und da so oder so stirbst, kannst mir es auch sagen." Siris lachte und seine Brust vibrierte. „Ja, er ist total in sie verschossen. Er redete den ganzen Tag von nichts anderem." „Hab ich mir doch gedacht." „Und was ist mit Lily?" „Er sollte ihr noch etwas Zeit lassen, nach der Sache mit Severus, aber wenn er sich anstrengt, klappt das mit den Beiden bestimmt." „Wenn nicht, helfen wir eben etwas nach." „Genau" lachte ich. „Wieso seid ihr neuerdings immer in der Bibliothek? Doch nicht wirklich zum Lernen, oder?" „Doch zum Lernen." „Du weißt aber, dass ich dir das nicht glaube." „Ja, aber es stimmt... irgendwie." „Also lernt ihr... irgendwie?" „Ja." Ich gähnte. „Ihr könnt uns auch fragen, wenn ihr was nicht versteht." Ich schloss die Augen und hörte Sirius noch murmeln: „Dabei kann uns niemand helfen." Dann war ich eingeschlafen.

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