Weiterleben 11

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Und ich lebte weiter. Evi ging in den Kindergarten, ich arbeitete. Wir besuchten Remus. Mein Mädchen wurde schnell groß. Sie hatte meine Haare und mein Gesicht bekommen, doch ihre Augen waren unverkennbar Sirius'. Sie war genauso klug, wie sie mutig war. Sie machte mich wieder glücklich und brachte ich zum Lachen. Als an ihrem elften Geburtstag ihr Schulbrief kam, freute sie sehr. Voller Eifer kauften wir alle Bücher, einen Zauberstab und eine kleine Eule. Ich sah mich ebenfalls nach einem Haustier um. Sola ist als alte Katze glücklich gestorben. Doch in der Winkelgasse fand ich keinen „Ersatz". Am 01. September brachte ich Evi zum Hogwarts-Express. Sie verabschiedete sich fröhlich und hüpfte glücklich in den Zug. Mit schwerem Herzen sah ich ihr nach, als mein Blick auf verstrubbelte, schwarze Haare fiel. Mein Herz machte einen Sprung. James? Nein, das konnte nicht sein. Der Junge drehte sich um und ich erkannte ihn. Es war Harry, mein Paten. Zusammen mit einem Mädchen und einem Jungen stieg er in den Zug. Ich wandte mich um und steuerte den Ausgang zu.

Liebe Mum,

hier in Hogwarts ist es wunderbar. Alle sind nett. Die Aufnahmezeremonie war sehr aufregend. Der Hut hat über fünf Minuten gebraucht, um mich zuzuteilen. Er hat gesagt, ich wäre dir und Dad sehr ähnlich. Aber er hat auch gesagt, dass ich sehr schlau bin. Letztendendes hat er mich nach Ravenclaw geschickt. In dem Haus sind alle nett, und Hauslehrer ist Professor Flitwick. Er ist ganz klein, deshalb muss er immer auf einem Bücherstapel stehen, aber er ist sehr, sehr schlau. Als die strenge Lehrerin meinen Namen vorgelesen hatte, sah sie ganz komisch aus. War sie mal deine Lehrerin? Ich habe ein nettes Mädchen in meinem Haus kennengelernt. Sie heißt Luna Lovegood. Sie ist etwas verrückt und komisch, aber sehr nett. In deinem alten Haus kenne ich auch jemand nettes: Ginny Weasley. Sie hat nur Brüder. Die sind auch alle nett und alle haben rote Haare. Der Unterricht macht auch großen Spaß.

Mum, ich habe eine Frage: Wirst du mir in den Ferien mehr über Dad erzählen? Ich weiß, du willst nicht über ihn reden, aber es würde mich sehr freuen.

Ich hoffe dir geht es auch gut. Bitte grüße Remus von mir.

Ganz liebe Grüße,

Evelina


****Zeitsprung: Sommerferien zwischen dem vierten und dem fünftem Schuljahr****

„Bist du sicher, dass es dort sicherer ist?" „Ja, das Haus kann nicht gefunden." „Ich will bloß nicht, dass so etwas nochmal passiert." „Ich kann dich verstehen." Ich blickte zu Remus. Seit Voldemort zurückgekehrt ist, wurde unser Haus oft angegriffen. Ich arbeitete immer noch für Rufus Scrimgeour und ich nahm an, dass wir deshalb sooft angegriffen werden. Als Sirius aus Askaban ausbrach, hatte ich gehofft, er würde zu mir kommen, aber das tat er nicht. Remus unterrichtete in diesem Jahr an Hogwarts, aber er wollte nie sagen, was geschehen war. „Mum, Remus hat Recht. Es ist besser für uns." Ich sah zu meiner Tochter. „Wenn du meinst." „Sehr gut, ich werde packen gehen." Schon rannte sie in ihr Zimmer. „Du wirst dich freuen. Harry ist da." Ich nickte. Eine Stimme in mir fragte Und Sirius? Ich sprach es nicht aus. „Soll ich dir helfen?", fragte Remus. „Setz dich einfach." Ich schwang meinen Zauberstab und die meisten Sachen flogen in Taschen und Koffer. „Mum?" „Ja, Liebling?" „Hilf mir mal!" Evi mühte sich einem Koffer ab. Ich ließ ihn neben mir die Treppe runter schweben. „Evi, Seit-an-Seit-apparieren kannst du, oder?" „Ja, Remus." „Sehr gut, dann nehme ich die Koffer. Ceyda, Grimmauldplatz." Ich nickte und reichte Evelina meinen Arm. „Festhalten." Wir standen in einer ruhigen Straße. Remus erschien mit unseren Koffer. Er reichte mir einen Zettel. „Grimmauldplatz 12?" „Ja." Nachdem auch Evi den Zettel gelesen hatte, schritten wir die Straße entlang. „Wartet hier." Remus hob seinen Zauberstab und ein Haus erschien. „Abgefahren." Evi lachte. „Wenn die Damen bitten darf?" Remus hielt uns die Tür auf. „Einfach in den Flur gehen." Evelina lief vorneweg. Das Haus war dunkel und alt. „Evi, bleib hier." „Ja, ja." „Hier lang." Remus deutete auf eine Tür. Dahinter lag eine Küche. Einige Personen befanden sich hier. Remus räusperte sich. Ein rothaariges Mädchen sprang auf: Evi! Endlich bist du da!" Evelina umarmte sie. Das war also Ginny. Eine Frau mit roten Haaren begrüßte mich freundlich: „Molly Weasley. Sie müssen Ceyda sein." „Ganz genau, freut mich." Der Mann hinter Molly stellte sich als Arthur Weasley vor. „Ich werde die Anderen rufen. Mad-Eye und Tonks kommen etwas später. Kingsley auch." Molly verschwand nach oben. Remus vertiefte sich in ein Gespräch mit Arthur und Evi und Ginny saßen quatschend in einer Ecke. „So alleine, Shadow?", flüsterte mir jemand ins Ohr. Ich stieß einen spitzen Schrei aus und drehte mich um. Es war Sirius. Erschrocken starrte ich ihn an. „Was machst du hier?", fragte ich ihn wütend. „Ich lebe hier." Er grinste. Ich konnte mich nicht mehr beherrschen und gab ihm eine schallende Ohrfeige. „Wie kannst du es wagen, dich fünfzehn Jahre nicht blicken lassen, und jetzt so fröhlich zu grinsen!!!!" Es war mir egal, ob uns die Anderen anstarrten. „Ceyda... Ich..." „Halt einfach die Klappe, Black." Ich drehte mich um und blickte in ein weiteres paar graue Augen. „Mum?" „Alles gut, Evi." Sie hob eine Augenbraue. Sie setzte zum Sprechen an, als die Tür aufgerissen wurde. „Nanu, was ist denn hier los?" Molly sah zwischen uns hin und her. „Nichts, Molly. Nur ein Wiedersehen zwischen alten Freunden", sagte Sirius ironisch. Ich schnaubte. Hinter Molly hörten wir Schritte. Mit einem Ploppen erschienen zwei Jungs, die sich bis aufs Haar glichen. Erstaunt war ich nach hinten gestolpert und Sirius fing mich auf. Ich grummelte etwas Unverständliches. Jetzt betraten ein Mädchen und zwei Jungen die Küchen. Harry erkannte ich sofort. Er musterte mich kurz, und begrüßte Evelina mit einem kurzen Lächeln. „Setzt euch." Molly klatschte in die Hände. Sirius sah zu Harry. „Ich würde dir gerne jemanden vorstellen", sagte er ruhig. Harry sah ihn fragend an. Vielleicht weißt du es nicht, aber deine Eltern haben nicht nur einen Patenonkel für dich ausgesucht. James hat damals seine beste Freundin zu deiner Patentante gemacht und ich dachte mir, dass du sie gerne kennenlernen möchtest." Harry nickte begeistert. „Das ist Ceyda Thompson." Sirius legte mir eine Hand auf die Schulter. Harry sah mich lange an. Das Mädchen neben ihm stupste ihn an. Langsam stand er auf und kam auf mich zu. „Hallo Harry", murmelte ich leise. Er lächelte. Zaghaft legte er seine Arme um mich und ich erwiderte die Umarmung fröhlich. Es war ziemlich still in der Küche, als es im Flur ein lautes Geräusch gab und ohrenbetäubendes Gekreische ansetzte. „Das ist wohl Tonks", seufzte Molly. Eine junge Frau mit bonbonrosa Haare betrat die Küche, gefolgt von Mad-Eye Moody. Sie entschuldigte sich tausendmal, während Sirius die Küche verließ. Gleich darauf war es wieder still. Mad-Eye musterte mich. „Ich kenne sie doch." „Ja, ich bin die Sekretärin von Rufus Scrimgeour." Er nickte und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Molly stellte einen großen Topf auf den Tisch. Es schmeckte ausgezeichnet. Beim Essen waren alle etwas schweigsam. Sirius, Remus, Harry und Evi sahen immer wieder zu mir.

Nach dem Essen zerstreuten sich die Meisten wieder. Ich hatte ein Gespräch mit Harry begonnen, als Evi mich fragte, ob ich mit ihr, in das Mädchenzimmer gehen konnte. Ich stand auf und versprach gleich wieder da zu sein. Auf dem Weg nach oben, fragte mich Evi: „Mum, dieser Mann..." „Welcher Mann?" „Den, auf den du wütend bist..." „Achso, ich kenne ihn von früher." „Mum!" „Die Schule geht bald wieder los, oder? Übermorgen?" „Ja, aber hör auf vom Thema abzulenken." „Ich glaube, dass ist das Zimmer. Schlaf gut, mein Liebling." Ich ließ sie stehen und lief nach unten. Ich öffnete eine Tür, in der Hoffnung, es wäre die zur Küche. Stattdessen stand ich in einem Raum mit einem großen Wandteppich. Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass es der Stammbaum der Blacks war. Die Tür wurde plötzlich geschlossen. Ich zuckte zusammen. „Was willst du, Sirius?" Er sah mich traurig an. „Mit dir sprechen." Ich verschränkte die Arme. „Wie geht es dir?", fragte er leise. „Wie soll es mir schon gehen?" „Warum bist du so zu mir?" „Das fragst du wirklich? Du hättest wenigstens einen Brief schreiben können. Mein Leben ist weiter gegangen, während du in Askaban warst." „Und du bist immer noch so schön, wie damals", flüsterte er leise. „Sirius..." „Ist schon gut, ich wollte es dir bloß nochmal sagen. Wahrscheinlich hast du längst einen Mann und deine Tochter sieht dir wirklich ähnlich." „Sirius, ich habe keinen Mann und meine Tochter ist ihrem Vater sehr ähnlich." Mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und suchten nach dem Weg in die Küche. Zum Glück traf ich auf Remus. „Ich wollte dir dein Zimmer zeigen." Ich lächelte schief. Es war ein kleiner gemütlicher Raum. Beim Gehen drehte sich Remus nochmal um: „Gib ihm noch eine Chance. Ich denke, er hat sie verdient." „Danke, Remus." Diese Nacht schlief ich unruhig und wachte früh auf. Ich fand die Küche diesmal auf Anhieb. Niemand war da. Es war auch noch sehr früh. Ich saß vielleicht fünf Minuten am Tisch, als die Tür geöffnet wurde. „Mum?", fragte Evi verschlafen. „Morgen." „Morgen." „Kannst du auch nicht schlafen?" Sie schüttelte den Kopf. Ich nahm sie in den Arm und strich ihr über den Kopf. „Mum?", fragte sie ganz leise. „Ja?" „Wirst du mir meine Fragen beantworten?" „Ich denke schon." Die Tür wurde noch einmal leise geöffnet. Über Evelinas Kopf erkannte ich Sirius. „Ich hätte auch noch ein paar Fragen." Ich seufzte. Evi zog sich einen Stuhl an den Tisch und auch Sirius setzte sich. Ich sah traurig auf den Tisch. „Ich kann mir die Fragen eigentlich schon denken", sagte ich. „Evelina, dein Vater ist kurz vor deiner Geburt unschuldig ins Gefängnis geworden. Er konnte sich befreien und wollte Rache, aber der richtige Mörder entkam. Dein Vater musste sich verstecken." Ich verstummte kurz. „Sirius, deine Tochter wurde geboren, als du in Askaban warst. Ihr Patenonkel wurde Remus, weil James und Lily tot waren. Sie ist ein glückliches Kind und macht mich jeden Tag fröhlich. Sie ist in Ravenclaw, und das mutigste Kind, das ich kenne." Evi nahm meine Hand. „Äußerlich seht ihr euch nicht ähnlich, nur eure Augen. Sie sind tiefgrau." Ich endete und sah die Beiden an. Sie starrten sich an. Dann sprang Sirius auf. Evi schleuderte ihren Stuhl zurück und sie nahmen sie in die Arme. Fassungslos und überglücklich strich Sirius über den Kopf. Nach einer Ewigkeit lösten sie sich voneinander und sahen mich an. „Mum?" „Schatz?", fragten sie leise. Einige Tränen liefen mir über die Wangen. Ich stand auf und Evi schlang ihre Arme um mich. Dieser Moment wurde perfekt, als Sirius uns Beide in seine Arme nahm. Ich legte meinen Kopf gegen seine Schulter. „Sind wir jetzt sowas, wie eine Familie?", fragte Evi. „Ja." „Wenn ich jemals eine Familie wollte, wäre es mit dir gewesen, Ceyda. Und jetzt haben wir eine Tochter." Sirius lächelte. „Wer von euch hat sich meinen Namen eigentlich ausgesucht?", fragte Evelina. „Ich war für Evelina, deine Mum hat sich dagegen geweigert." „Ich habe sie nur Evelina genannt, weil du nicht mehr mit mir diskutieren konntest." Sirius lachte leise. „Und Lily?" Ich lächelte wehmütig. „Lily war die stärkste Frau, die ich kenne." Sirius nickte. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Es war Tonks, hinter ihr Remus. „Guten Morgen!", rief sie fröhlich. Remus sah mich fragend an, als er meine Tränen bemerkte. Ich schüttelte den Kopf und lächelte leicht. Er strahlte. Nach und nach kamen auch die Anderen. Heute war es deutlich lustiger, auch wenn Evi und Sirius kaum Zeit hatten, sich zu unterhalten. Wir packten Koffer, Mad-Eye gab mir einige Aufträge, die ich im Ministerium erledigten sollte. Kingsley Shacklebolt kam auch noch vorbei. Der nächste Tag war ebenfalls stressig, ständig waren Leute unterwegs und morgen würden die Kinder nach Hogwarts zurückfahren. Am Abend saßen Sirius, Evi und ich auf einem Sofa. Ich zeigte ihnen Fotos, aus unserer Schulzeit und von Evelina. Wir lachten viel und ich fühlte mich seit langem wieder komplett.

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