Sirius Black 8

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Ich sah aus dem Fenster auf die Straße. Kinder liefen verkleidet vorbei und klingelten an den Nachbartüren. Es war schrecklich kalt geworden, deswegen hatten Sirius und ich ein großes Feuer im Kamin angezündet, doch ich blickte lieber aus dem Fenster. Sirius war schon seit einigen Tagen sehr schweigsam. Er mochte Halloween nicht. Es war auch selbstverständlich. An diesem Tag waren sein bester Freund und dessen Frau ermordet worden. James und Lily Potter. Ein weiterer Freund von Sirius hatte sich als Verräter entpuppt, wegen dem er nach Askaban geworfen wurde. Was ich viel trauriger fand, ist das Sirius in wenigen Tagen Geburtstag hatte. Wie musste es für ihn damals gewesen sein? Seine besten Freunde tot, er zu Unrecht im Gefängnis an seinem Geburtstag. Meine Beine begannen zu kribbeln, sodass ich beschloss eine Runde durch das Haus zu laufen. Zaghaft klopfte ich an Sirius' Tür, aber er war nicht dort. Ich wanderte weiter durch das große Haus, traf einmal auf Kreacher, den Hauselfen, bis ich im obersten Stock angelangt war. Dort befand sich neben einer Tür zum Dachboden nur eine weitere Tür. Licht schien unter dieser hervor. Leise ging ich näher und öffnete sie einen Spalt breit. Was ich sah, machte mich noch trauriger. Das Zimmer war mit Fotos, Kleidung mit dem Gryffindoremblem, Besen und vielen kleineren und größeren Gegenständen dekoriert. Mitten in diesem Raum kauerte Sirius leise schluchzend. Dieser Anblick zerriss mir fast das Herz. Vorsichtig schloss ich die Tür wieder, eilte nach unten und lief zielstrebig in die Küche. Einige Minuten kehrte ich mit einer Kanne heißer Schokolade, zwei Tassen, Decken und etlichen Taschentüchern wieder nach oben. Geräuschlos öffnete ich die Tür und setzte mich neben Sirius. Er zuckte erschrocken zusammen und fuhr sich rasch über sein Gesicht. Ich reichte ihm ein Taschentuch, legte eine Decke um uns, schenkte Schokolade in die Tassen und zog ihn dann an mich. Er weinte wieder leise. So saßen wir einfach schweigend da. Er gekrümmt und weinend, ich aufrecht und ihm immer wieder über den Kopf streichend, wie bei einem kleinen Kind. Ich erkannte, dass Sirius ein Foto in seiner Hand hielt. Sanft nahm ich es ihm ab und strich das zerknitterte Papier glatt. Es war auf einer Hochzeit aufgenommen. Unschwer zu erkennen, war es James und Lilys Hochzeit. Sie trug ein wunderhübsches, zartes Spitzenkleid und hatte einige Blumen in ihre roten Haare geflochten. Sie und James tanzten und sahen sich verliebt in die Augen. Remus und Sirius sahen den Beiden zu. Sie lachten über das ganze Gesicht. So glücklich hatte ich sie noch nie gesehen. Ein Foto stach aus dem Stapel vor uns heraus. Es war alt und verblichen und zeigte ein weiteres Hochzeitpaar. Der Bräutigam sah Sirius sehr ähnlich. Ganz leise wisperte Sirius: „Danke, dass du da bist." „Ich bin immer für dich da", flüsterte ich zurück.

„Ich habe ein Geburtstagsgeschenk für dich!" Verschlafen fuhr sich Sirius mit beiden Händen über das Gesicht. „Kann das nicht noch warten? Ich will schlafen." „Es ist ein wunderschöner Herbsttag, also steh auf!" Gähnend streckte er sich und stand auf. Seit Halloween waren wir noch enger zusammengewachsen. „Wo ist denn mein Geschenk?" „Nicht hier." „Zieh dich um, frühstücke was und dann geht es los." „Was geht los?" „Das wirst du schon sehen, aber sage lieber Remus und Moody nichts." Eine halbe Stunde hatten wir etwas gegessen und Sirius hatte sich umgezogen. „Also?" „Gib mir deine Hand und mach die Augen zu: Wir apparieren!" Folgsam tat er, wie geheißen. Das altbekannte Gefühl in einen Schlauch gepresst zu werden, erfasste mich. „Kann ich die Augen wieder aufmachen?" „Ja." Sirius sah sich um, und als er erkannte, wo wir waren, blieb ihm der Mund offen stehen. „Godric's Hollow?" „Ich dachte, du möchtest James und Lily an deinem Geburtstag bei dir haben." Ich nahm ihn an der Hand und öffnete das Friedhofstor. Langsam schlenderten wir zwischen den Gräbern hindurch, bis wir den richtigen Grabstein gefunden hatten. Fassungslos kniete sich Sirius nieder und berührte sanft die Inschrift. „Hallo Krone, Hallo Lily." Lächelnd sah ich ihn an. „Das ist ein wunderschönes Geburtstagsgeschenk. Danke Kacie." Wir standen noch lange am Grab der Potters und schwiegen. Irgendwann grinste Sirius breit. „Was ist los?" „Ich dachte nur gerade daran, wie gerne ich dich James und Lily vorgestellt hätte und jetzt kennen sie dich doch. Auf eine andere Weise zwar, aber es zählt trotzdem." „Ich hätte sie auch gerne kennengelernt, Sirius. Ich hoffe, James würde mich mögen. Außerdem hätte ich ihn nach seinem Segen gefragt, oder sowas in die Art." „Wie muss ich das verstehen?" „Ich liebe dich, Sirius." Ich blickte ihn nicht an, als ich das sagte, sondern sah weiterhin auf den Grabstein. „Wie bitte?" „Du hast mich schon verstanden." Wusstest du, dass du wirklich tolle Geburtstagsgeschenke machst." Er zog mich an sich. „James und Lily würden dich mögen und ich liebe dich auch", sagte er an mich gemeint. Zu dem Grab gewandt, grinste er: „Schaut weg, ihr zwei." Ich lachte, als er sich vorbeugte und mich endlich küsste.

Zurück im Grimmauldplatz hatten wir es uns auf dem Sofa gemütlich gemacht. Wir konnten beide nicht die Finger voneinander lassen. Sirius hatte meine Frisur bereits komplett zerstört. Meine Haare, die eigentlich Türkis waren, waren rosa geworden und meine Augen leuchteten blau. „Ich hätte nicht gedacht, dass du dich gegen Dumbledores Regel hinwegsetzt." „Denkst du, ich mache immer das, was man mir sagt." Er lachte. „Nein, aber ich glaube Moody hatte die Hoffnung, dass du mit der Zeit ruhiger wirst." „Da kann er lange warten", kicherte ich. „Du bist eben eine Rebellin. Meine kleine Rebellin." „Du bist mein großer Idiot." Ich grinste frech. „He!" Lachend begann er mich zu kitzeln. Ich versuchte mich von ihm zu befreien, aber er war deutlich stärker, als ich. „Frieden, Sirius", japste ich. Er grinste mich schelmisch an, ließ mich aber los. Ich setzte mich auf und fuhr mir durch die Haare, die sofort wieder Türkis worden. Er legte seine Arme um mich und zog mich auf seinen Schoß. „Magst du eigentlich Hunde?", flüsterte in mein Ohr. Seine Stimme ließ eine Gänsehaut über meinen Körper fahren. „Ja, schon. Warum?" Er setzte mich auf das Sofa und kniete sich vor mich. Einen Wimpernschlag später saß ein großer Hund mit schwarzen, zotteligen Fell vor mir. „Als Hund bist du noch viel niedlicher", quietschte ich erfreut. Der Hund knurrte, beruhigte sich aber sofort wieder, als ich ihn streichelte. Sirius, beziehungsweise der Hund, rollte sich zusammen, legte den Kopf auf meine Beine und ließ sich streicheln. „Bilde dir bloß nicht ein, dass ich das jetzt immer mache, nur weil du ein Hund bist", sagte ich zu ihm. Sirius bellte. „Schnuffelchen, sei ruhig", schimpfte ich grinsend. Sirius sprang auf und knurrte mich wütend an. Ich lachte. „Gewöhn' dich dran. Den Namen wirst du nicht mehr los." Der Hund stieß ein Geräusch aus, was mich an einen Seufzer erinnerte. Immer noch kichernd, setzte ich mich wieder auf das Sofa. Sirius folgte mir und ließ sich weiter streicheln. Im Wohnzimmer entstand eine angenehme Stille, nur das Kaminfeuer prasselte leise vor sich hin.

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