Weiterleben 2

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„Ist er schon wieder weg?" „Ohne ein Wort verschwunden." James, Sirius und ich saßen auf dem Sofa. Meine Beine lagen auf Sirius Schoß und ich lehnte mich gegen James. Peter saß auf dem Boden vor uns. „Es ist doch schon dunkel draußen." Der Vollmond schien hell am Himmel. „Und es ist eiskalt. Schließlich hat es den ganzen Tag geschneit." „Wieso will er uns nichts sagen? Wir sind immerhin seine besten Freunde." „Wir sollten ihm das nächste Mal nachschleichen", Sirius schlug in ein Kissen. „Dann müssen wir noch einen ganzen Monat warten", entgegnete James. „Moment mal, Jungs. Ich habe eine Idee." „Ja?" „Erzähle ich euch nachher. Aber wenn ich Recht habe, ist das nicht sonderlich gut." Ich war aufgesprungen und zum Portraitloch gelaufen. „Was hast du denn vor?", rief Sirius. „Geduld, Lockenköpfchen." Ich grinste, als er genervt durch seine Haare strich. Dann verließ ich den Gemeinschaftsraum und rannte zur Bibliothek. Zum Glück hatte sie nach geöffnet. Ich griff nach einem Buch über bösartige Geschöpfe und setzte mich an einen Tisch. Ich blätterte zu dem Kapitel und begann zu lesen.

„Ich hatte Recht!" Nach einer halben Stunde wurde ich aus der Bibliothek geworfen, aber das Buch hatte ich mitgenommen. Morgen werde ich es unauffällig wieder zurück stellen. „Was denn?" Ich machte es mir wieder zwischen den Jungs bequem und schlug mit großer Geste das Buch auf. „Jede Nacht an Vollmond verwandelte sich der Betroffene in eine große, wolfsähnliche Kreatur. Von dem Menschen lässt sich in diesem Monster nichts mehr wieder erkennen. Getrieben von einem unstillbaren Blutshunger fällt er Menschen, aber auch Tiere an. Ein Biss ist für Tiere, im Gegensatz zu Menschen nicht ansteckend. Meistens kann sich der Betroffene am nächsten Morgen nur schwer an die Geschehnisse erinnern. Falls man einem gegenüber steht, sollte man sich möglichst leise zurückziehen. Lenken sie auf keinen Fall die Aufmerksamkeit auf sich! Es endet immer tödlich." Ich blickte die Jungs lange an. „Remus ist ein Werwolf, das ist die einzige Möglichkeit." „Was?" Sirius und James starrten mich an, als ob ich nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte. „Jungs, jetzt überlegt doch mal, es ist Vollmond. Remus hat uns nie etwas gesagt, weil er Angst hat das wir ihn nicht mehr mögen und uns distanzieren." „Aber, aber... Das würden wir doch nie tun." „Ja, ich würde ihm so gerne helfen." James starrte die Wand an. „Aber wie könnte man das machen?" „Das ist doch einfach. Der Biss ist für Tiere nicht ansteckend. Also..." Peter sah mich an: „Also müssen wir bloß ein paar Tiere bitten auf Remus aufzupassen." Ich verdrehte die Augen. „Nein, wir müssen Tiere werden", schloss Sirius meinen Satz. „Genau! Wir müssen Animagi werden!" James war aufgesprungen. „Psst! Oder du kannst es gleich Dumbledore erzählen. Was wir machen ist illegal. Wir müssten uns eigentlich anmelden lassen, aber dann können wir Remus nicht helfen." „Das heißt, wir brechen ungefähr alle Schulregeln, sagen nichts dem Ministerium, und schlagen uns jede Vollmondnacht um die Ohren, für Remus?" fragte Sirius. Ich nickte. „Worauf warten wir noch!" „Animagus wird man nicht einfach so von heute auf morgen. Es erfordert hartes Training." „Das schaffen wir schon." „Ich schlage vor, wir warten auf Remus. Er wird frühestens nach Monduntergang kommen, also in den frühen Morgenstunden. Wir bleiben die Nacht über hier." „Und wie kriegen wir die ganzen Schüler hier raus?" „Stinkbomben hat keiner mehr, oder?" James und Sirius schüttelten die Köpfe. „Ich habe eine bessere Idee, aber ich brauche Sola." „Sie ist im Schlafsaal. Ich hole sie schnell." Meine Katze war nicht sonderlich erfreut, dass ich sie geweckt hatte, aber sie wehrte sich nicht großartig. „Was hast du jetzt vor, Sirius?" „Ich war bei Slughorn und habe da einiges mitgehen lassen. Eins von diesen Substanzen stinkt fürchterlich." „Und wofür brauchst du meine Katze?" „Sie soll das Gefäß umwerfen." „Aber von dem Gestank werden wir auch betroffen." „Kopfblasenzauber." „Verstehe. Sehr clever." „Danke." Wir grinsten uns an. James verdrehte die Augen. „Wenn ihr dann fertig seid, können wir beginnen." Gesagt, getan. Sirius stellte eine Flasche auf den Tisch und ich ließ Sola laufen. Die kluge Katze wusste was sie zu tun hatte und kurz darauf verließen die Schüler den Gemeinschaftsraum. Ich verpasste den Jungs und mir einen Kopfblasenzauber, dann warteten wir.

Es war schon nach vier Uhr morgens. Der Gestank war verflogen, genauso wie mein Zauber. Ich war auf Sirius eingeschlafen. James benutzte meine Schulter, als Kopfkissen. Peter hatte sich auf dem Boden zusammengerollt. Das leise Quietschen des Portraits ließ mich aufschrecken. Durch meine plötzliche Bewegung schreckten James und Sirius hoch. „Remus", rief ich leise. „Was? Was macht ihr hier?" „Auf dich warten." Remus war noch bleicher, als sonst. Ein weiterer Kratzer zierte sein Gesicht und seine Kleidung war zerrissen. „Wir haben beschlossen dir zu helfen." „Wobei helfen?" „Sei nicht albern, du weißt es genau. Denkst du wir sind blind? Remus, wir sind deine besten Freunde. Uns kannst du vertrauen." „Ihr würdet mich hassen." „Ich hasse dich nicht, ich habe Mitleid." Er sah mich verständnislos an. „Als Werwolf hat man es nicht leicht", fügte ich leiser hinzu. „Woher wisst ihr davon?" „Ich habe nachgedacht und bin zu diesem Schluss gekommen. Deine Reaktion bestätigt mich." „Aber...aber..." James stand auf und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. „Du hättest es uns sagen können." „Ja, Mann." Sirius zog ihn auf das Sofa. „Ich bin sicher, du findest die Idee nicht gut, aber wir wollen dir helfen." „Wir werden Animagi." „Nein!" „Sei nicht albern. Wir wollen dir nur helfen." „Ich will nicht, dass meine besten Freunde so etwas für mich tun." „Remus, komm schon. Du kannst uns eh nicht daran hindern." James und Sirius redeten weiter auf ihn ein. Ich unterbrach die Beiden. „Remus, kann ich dich was fragen?" „Ja." „Wenn ich dir jetzt sagen würde, dass ich eine tödliche Krankheit hätte und mich nur viel Geld retten könnte, aber ich so viel nicht habe. Stell dir vor, du hättest die Möglichkeit an so viel Geld zu kommen, aber es wäre verboten. Was würdest du tun?" Ohne zu Zögern antwortete er: „Ich würde dir helfen, egal was es ist." „Wieso willst du dann nicht, dass wir dir helfen?" Er schwieg. „Hör zu Remus, du kannst uns jetzt sowieso nicht mehr davon abhalten, also gibt dich damit zufrieden, dass du Freunde hast, die dir helfen wollen." Remus sah mich an und in seinen Augen schimmerten Tränen. „In Ordnung." Ich stand auf und umarmte ihn. „Wir schaffen das schon. Gemeinsam."

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