Regulus Black 13

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Eine Woche später hatte ich ein täuschend echtes Replikat des Medaillons hergestellt. Kreacher hatte es mir bestätigt. Zu dritt apparierten wir zu der Höhle, die Kreacher beschrieben hatte. Wir betraten die Höhle und standen nach einigen Metern vor einer Felswand. „Wir müssen bezahlen, um weiter zu kommen", erfasste Regulus präzise. Mir war auch klar mit was. Ich zog ein Messer aus meiner Tasche, welches ich sicherheitshalber eingesteckt hatte. „Was hast du..." Ich zog die Klinge gerade über meine Haut. Blut quoll hervor. Vorsichtig strich über die Felswand. Mit einem lauten Rumpeln versank sie im Boden. Regulus reichte mir ein Tuch. „Du hättest mich das machen lassen sollen", sagte er vorwurfsvoll. „Das war nur ein Kratzer, im Gegensatz zu dem, was noch kommt", erwiderte ich. Wir gingen auf den schwarzen See zu. Das Wasser lag ruhig und harmlos vor uns. Regulus fand das Boot mit Kreachers Beschreibung schnell. Mit gleichmäßigen Ruderbewegungen nährten wir uns der Insel. Mit meinem Zauberstab hatte ich eine große Lichtkugel erschaffen, die uns den Weg leuchtete. Regulus half erst mir, dann Kreacher aus dem Boot und wir kletterten zu dem Becken. Es war randvoll gefüllt mit Zaubertrank. „Ich werde es trinken", sagte Regulus sofort. „Wir werden es aufteilen." „Nein! Hör zu Anabel. Ich will nicht, dass wir hier beide sterben." Er legte beide Hände um mein Gesicht. Zärtlich strich ich eine Haarsträhne hinter sein Ohr. „Regulus, dieser Ort ist nicht dafür gemacht, dass man zurückehrt. Wir sind tot, seit wir die Höhle betreten haben." „Ich wollte das nicht", flüsterte er. „Ich habe dich mit mir ins Verderben gezogen." „Ich habe es frei gewählt." Ich küsste ihn kurz. „Wir stehen und fallen zusammen, Regulus. Weil wir uns lieben." Zögerlich nickte er. „Ich liebe dich, Anabel." „Ich dich auch, Regulus." Er griff nach einer Schale, die am Rand des Beckens lag, füllte sie mit Wasser und trank. Augenblicklich gaben seine Beine nach und er stürzte zu Boden. „Ich trinke!" „Nein!" Er griff nach meinem Arm. „Ich schaffe das." Ich musste mit ansehen, wie Kreacher immer wieder die Schale füllte und Regulus zu trinken gab. Er schrie. Wir sollten aufhören. Er schrie nach mir. Ich umklammerte seine Hand. „Ich bin doch bei dir, Regulus." Als das Becken zur Hälfte geleert war, hielt ich es nicht mehr aus. Ich nahm Kreacher die Schale aus der Hand und wollte den Zaubertrank selbst trinken, aber Regulus schlug nach mir. „I-Ich tr-trinke..." „Nein!" Mit letzter Kraft zog er sich nach oben und senkte seinen Kopf über dem Becken. So versuchte er es auszutrinken. Lange konnte er nicht stehen, bis seine Beine wieder nachgaben und er zitternd fiel. Ich hatte nicht bemerkt, wie ich begonnen hatte zu weinen. Erst als die kühlen Tränen über meine Wangen auf den Boden tropften, nahm ich sie warm. Es tat mir in der Seele weh, ihn so zu sehen. Ich wollte ihm die Schmerzen ersparen, aber er ließ mich nicht. Kreacher reichte ihm die letzte Schale mit dem Zaubertrank. Ohnmächtig fiel Regulus' Kopf zur Seite. Ich rüttelte an seine Schulter. Er rührte sich nicht. Schluchzend und zitternd versuchte ich ihn wieder wachzubekommen. Auf einmal schrie Regulus auf. „WASSER!" Er stürzte an mir vorbei auf den See zu. Kaum berührte sein Kopf das kühle Nass, tauchten tote Hände auf und zogen ihn unter Wasser, ohne dass ich es verhindern könnte. Ich versuchte mich zusammen zu reißen, aber mein Herz zerbrach fast vor Schmerz. Kreacher liefen ebenfalls einige Tränen über die faltigen Wangen. Ich nahm das echte Medaillon an mich und legte die Fälschung an seiner statt in das Becken. „Kreacher, geh nach Hause. Versuche das Medaillon zu zerstören und verstecke es. Sag niemanden, was hier geschehen ist." Der Hauself nickte zitternd. „Falls Sirius Black jemals Grimmauldplatz 12 aufsuchen sollte, dann möchte ich dass du ihm einen Brief gibst, in dem ich alles erklärt habe. Er liegt in der Schublade meines Schminktisches." Der Hauself nickte wieder. „Kreacher, ich bin wirklich froh einen so tapferen Hauselfen, wie dich zu kennen, aber ich muss mich jetzt verabschieden. Ich wünsche dir noch ein langes, schönes Leben." „Auf Wiedersehen, Mrs. Black", schluchzte der Hauself. „Geh jetzt, Kreacher!" Ich drehte ihm den Rücken zu und hörte, wie er disapparierte. Mit sichern Schritten ging auf das dunkle Wasser zu. Kaum berührten meine Füße die Oberfläche schossen Hände nach oben, die mich unter Wasser zogen. Ich hatte keine Angst, als ich die Augen für immer schloss. Ich konnte Regulus' Gesicht vor mir sehen, wie er mir zu lachte und seine Hand nach mir ausstreckte. Ich hörte seine Stimme, die rief: „Ich liebe dich, Anabel Black!"

Drei Sekunden später lag der See wieder still da und niemand sollte für eine lange Zeit erfahren, welche Heldentat die zwei jungen Erwachsenen geleistet hatten.


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