Regulus Black 4

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Kaum ertönte der Pfiff von Madam Hoochs Pfeife stieß er sich vom Boden ab. Mit halbem Ohr verfolgte er die Kommentare des Sprechers, während er sich darauf konzentrierte den Schnatz zu finden. Rasch baute seine Mannschaft einen Vorsprung aus und die Gryffindors spielten verbissener. James Potter, der Sucher der Gryffindors, drehte immer wieder Runden um das Stadion. Der Slytherin hatte allerdings etwas entdeckt. Es war nicht der Schnatz, aber ein Mädchen mit blonden Haaren und einer grünen Schuluniform, das im Gras abseits des Spielfelds saß und das Spiel beobachtete. Sein Herz schlug schneller, als er Anabel erkannt. Sie war doch gekommen! Zwar saß sie nicht bei den übrigen Schülern, aber das brauchte sie gar nicht. Ihm wurde bewusst, dass er sich überhaupt nicht mehr auf das Spiel konzentrierte. Er wollte unbedingt eine gute Figur machen, wenn sie zusah. Er musste den Schnatz fangen, komme was wolle. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Spielstand. 80 zu 30 für sein Team. Doch in diesem Moment wurde ein Jäger der Löwen brutal gefoult und die Gegner bekamen einen Freiwurf. Der Treffer, der folgte, schien den Gryffindors neuen Mut zu machen und sie spielten aggressiver und schneller. Rasch drehte sich das Spiel. Er suchte verzweifelt nach dem kleinen, goldenen Schnatz, doch er fand ihn nicht. Nach weniger als zwei Minuten hatten die Gryffindors aufgeholt und nach weiteren drei schrecklichen Minuten führten sie mit 80 Punkten zu 140 Punkten. Er nahm James Potter ins Visier. Dieser stand neben den Torpfosten der Gryffindors in der Luft und suchte konzentriert die Luft ab. Dann verengten sich seine Augen. Regulus folgte seinem Blick und entdeckte nicht unweit der Sprecherkabine am Boden den goldenen Schnatz. Sofort stürzte er los. Auch James Potter war losgeflogen. Sie waren beide gleich schnell und gleich gut, aber er musste besser sein. Er wollte ihr zeigen, dass er besser war. Der Schnatz befand sich nur eine Handbreit von der Holzverkleidung des Stadions entfernt. Wenn James und Regulus beide nach dem Schnatz greifen sollten, würden sie sich ernsthaft verletzen, da es keine Ausweichmöglichkeit gab. Schließlich kam der Gryffindor von rechts und der Slytherin von links und vor ihnen war nur eine Holzmauer. Er beschleunigte noch einmal. Entfernt hörte er den Stadionsprecher den Punktstand rufen: 90 zu 140 für die Löwen. Er biss fest die Zähne zusammen. Er durfte auf keinen Fall locker lassen. Sie waren nur noch fünf Meter von dem Schnatz entfernt. Vier! Drei! Zwei Meter! Regulus und James streckten die Hände aus, um an den goldenen Schnatz zu kommen. Er sah die Wand gefährlich nah vor sich, als sich seine Hand um das kühle Metall schlossen. Einer Kurzschlussreaktion folgend sprang er von seinem Besen und zog James Potter mit der freien Hand mit sich. Mit einem lauten Krachen schlugen die Besen in das Holz. Die beiden Jungen purzelten über den Boden, der glücklicherweise weniger als einen Meter unter ihnen war. Mit schmerzverzerrtem Gesicht blieb er liegen, die Hand fest um den Schnatz geschlossen. James Potter richtete sich stöhnend auf und tastete nach seiner Brille, die er bei dem Sturz verloren hatte. Währenddessen landeten die restlichen Spieler und Madam Hooch. Erleichtert seufzte sie, als sie sah, dass die Jungen nicht verletzt waren. Sein Blick galt den Besen, die nur noch Kleinholz waren. Er warf James Potter einen Blick zu. Auch er hatte die Besen, besser gesagt, die Überreste, entdeckt. Nicht vorzustellen, was passiert wäre, wenn sie noch auf den Besen gesessen hätten. Knochenbrüche wären noch harmlos gewesen. Über ihre Mannschaftsmitglieder hinweg, nickte James ihm zu und formte ein stummes Danke. Der Kapitän klopfte ihm auf die Schulter. Die Anderen jubelten laut und lagen sich in den Armen. Sie hatten den Pokal gewonnen. Er wurde in die Umkleide geschleift, wo die Jungen laut grölten. Erst jetzt bemerkte er, dass er immer noch den Schnatz festhielt. Unauffällig steckte er in seine Tasche. Jetzt würden sie erstmal feiern.

Erschrocken hatte ich mich aufgesetzt, als Regulus und James Potter in den Sturzflug gegangen sind. Kurz darauf krachte es laut und die restlichen Spieler setzen zur Landung an. War Regulus verletzt? Was war geschehen? Ich hörte das laute Jubeln einer Mannschaft. Also war alles in Ordnung. Ich seufzte erleichtert und beeilte mich in den Gemeinschaftsraum zurückzukommen. Wie erwartet war die Stimmung am Kochen. Alle schrien durcheinander. Einige Schüler hatten ein Büffet organisiert. Die Quidditchspieler wurden wie Helden gefeiert. Sie trugen Regulus auf ihren Schultern und riefen seinen Namen. Ihm war diese Aufmerksamkeit sichtlich unangenehm. Etwas verloren stand ich an der Tür und beobachtete das Geschehen. Regulus' Blick glitt über die Menge und fand meinen. Er lächelte mir breit zu und kaum setzten ihn seine Mitspieler auf den Boden, bahnte er sich einen Weg zu mir, nahm mich an der Hand und zog mich aus dem Gemeinschaftsraum. „Wo wollen wir denn hin?", fragte ich ihn. „Irgendwohin, wo es ruhiger ist." Schließlich ließen wir uns nicht unweit des Schulausgangs auf einer Steinbank nieder. Im Schloss war es angenehm still. „Wie hat dir das Spiel gefallen?" Er sah mich fragend an. „Es war ganz unterhaltsam", gab ich langsam zurück. Er grinste. „Nur ganz unterhaltsam?" „Ja..." Regulus lachte. „Na gut, es war wirklich spannend, aber für mich ist es nichts." Ich stimmte in sein Lachen mit ein. Er strahlte mich an und seine grauen Augen blitzten freudig. Wir saßen einige Zeit still nebeneinander, bis er sich räusperte. „Hör mal, ich wollte dich in der Bibliothek nicht so anschreien. Es kam einfach so über mich. Ich habe es wirklich nicht so gemeint. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen." Ich wurde sofort ernst. „Deine Worte haben mich sehr verletzt." Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber ich bedeutete ihm zu schweigen. „Sie haben mich verletzt", sprach ich weiter, „Weil sie wahr sind." Ich sah auf den Boden. Vorsichtig legte Regulus seine Hand auf meine. „Möchtest du es mir erzählen?", flüsterte er. Ich nickte unsicher. „Meine Eltern haben mich trotz ihrer schlechten Auffassung von Muggeln, in einen Kindergarten geschickt. Natürlich habe ich nach wie vor eine strenge Erziehung erzogen, aber aus irgendeinem Grund fanden es meine Eltern gut, mich teilweise von Muggeln aufziehen zu lassen. Im Kindergarten habe ich meinen besten Freund kennengelernt. Wir waren sofort ein Herz und eine Seele. Jacob, so hieß er, und ich hatten immer alles zusammen gemacht. Ich war sehr oft bei ihm zu Hause und verstand mich auch gut mit seinen Eltern. Dann allerdings, als wir sechs Jahre alt wurden, sollte er in eine Grundschule gehen, während ich zu Hause Unterricht bekommen sollte. Er hat aber nicht verstanden, warum und da habe ich ihm gesagt, dass ich eine Hexe sei. Er hat mich ausgelacht und es natürlich nicht geglaubt. Ich wollte es ihm beweisen. Bei mir hatte es schon früh magische Anzeichen gegeben, teilweise konnte ich sie sogar kontrollieren." Ich atmete tief durch und schloss die Augen.

„Ich bin eine Hexe!" „Hexen gibt es nicht!" Jacob lachte laut. Anabel stemmte ihre Hände wütend in die Hüften. „Doch gibt es!" „Nein!" „Doch!" Die beiden Kinder standen hoch oben auf einer Ausguckplattform, von der eine Rutschstange nach unten führte. Beide funkelten sich wütend an. „Ich werde ich es dir beweisen!" Das Mädchen stellte sich fest vor, wie Blumen um sie wachsen würden. Angestrengt presste sie ihre Augen aufeinander und dachte nur noch an die bunten Blumen. Jacob keuchte erschrocken. Anabel riss ihre Augen auf und lachte erfreut, als sie die Pflanzen sahen, die um sie herum in der Luft schwebten. „Du bist verrückt!", schrie Jacob erschrocken. „Mach, das es weg geht!" Kichernd ging sie einen Schritt auf ihn zu. Er schrie laut und schubste sie von sich. „Ich will nichts mit einer Verrückten zu tun haben! Du bist böse!" Während er ihr diese Worte an den Kopf warf, war sie durch seinen Stoß nachhinten gestolpert. Hilfesuchend versuchte sie sich an Jacob festzuhalten, doch er schlug ihre Arme zu Seite. Die Kleine fiel nach hinten, aber dort war kein Boden mehr. Schreiend fiel sie in die Tiefe. Mit großen Augen starrte ihr Jacob nach. Er hörte ihren Aufprall und lugte vorsichtig über den Rand der Plattform. Sie weinte. Rasch rutschte er an der Stange nach unten. Anabel schluchzte: „Hilf mir, Jacob! Ich kann mich nicht bewegen." Wütend sah er sie an. „Nein, dir helfe ich nicht! Du bist verrückt! Ich hasse dich!" Dann rannte er davon. Von weitem nährten sie erschrockene Stimmen und schnelle Schritte. „Anabel! Ist dir etwas passiert?" Jemand hob die Kleine hoch, doch sie antwortete nicht. Sie starrte auf die Stelle an der ihr bester Freund gerade noch gestanden hatte.

Ich blickte ihn Regulus' freundliche Augen. „Ich wurde sofort ins St. Mungos gebracht. Die Heiler konnten mich wieder zusammenflicken. Ich hatte mir beide Beine gebrochen und meine Wirbelsäule war arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Viel schlimmer war aber der Verlust von Jacob. Seitdem hatte ich keine Freunde mehr, habe niemanden mehr an mich herangelassen. Bis... Bis du kamst." Regulus sagte nichts, blickte mich nur stumm an. Dann legte er beide Arme um mich. „Das tut mir so leid, Anabel. Ich verspreche dir, dass ich dich niemals verletzen werde. Niemals! Du kannst mir vertrauen." „Danke, Regulus." „Hier." Er nahm meine Hand und legte etwas Kühles hinein. Erstaunt sah ich auf den goldenen Schnatz. „Behalte ihn, als ein Versprechen." Ich lächelte ihm zu. „Komm, wir gehen in den Gemeinschaftsraum. Sie werden mich sicher vermissen und ich will dir zeigen, dass sie nicht so schlimm sind, wie du denkst."

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