Wiederanfang 5

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Teresas P.O.V:

Mum sah fürchterlich aus. Ich musste sie stützen, als wir den Bahnhof verließen. „Wann hast du das letzte Mal geschlafen?" „Schon länger her." „Und gegessen?" „Letzten Samstag. Ein Brot mit Butter." Ich musste mich zusammenreißen, nicht aufzuschluchzen. Remus war mit seinen Eltern drei Wochen aufs Land gefahren, sonst wäre ich zu ihnen gegangen und hätte sie um Hilfe gebeten. Die nächsten Tage pflegte ich meine Mutter, aber ich Zustand verschlimmerte sich immer mehr. Nach drei Tagen konnte sie nicht mal mehr aufstehen. Ich war völlig am Ende, als ich eine Eule zum St. Mungo schickte. Sie schickten sofort Hilfe, und brachten sie ins Krankenhaus. Wie sich herausstellte, arbeitete meine Mutter zu viel, aß und schlief zu wenig und war auch psychisch am Ende. Die Helfer hatten wenig Hoffnung, sie war viel zu schwach. Wenn sie mal wach war, sprach sie kaum. Einmal war sie wach, als ich da war. Sie sah mich mit tränenerfüllten Augen an: „Es tut mir so leid, Engel. Es ist meine Schuld. Ich wünschte, ich hätte für dich da sein können, aber ich habe mich nur um mich gekümmert. Und jetzt schaffe ich es nicht mehr, es tut mir so leid. Mach nie den gleichen Fehler, wie ich, Engel. Tue das niemanden an. Bitte verzeihe mir. Ich will nicht, dass du so ein schlechtes Bild von mir hast, aber es lässt sich nicht mehr ändern." „Natürlich verzeihe ich dir, Mum. Ich werde nie ein schlechtes Bild von dir haben." „Das macht mich glücklich." Das waren die letzten Worte, die meine Mutter jemals sprechen würde. Sie starb kurz darauf, unterernährt und zu schwach, um zu kämpfen.

Es gab eine kleine Beerdigung. Nur die Lupins und ich kamen. Remus nahm mich in den Arm und ließ mich den ganzen Tag nicht mehr los. Die letzten Tage hatte ich meine Tränen zurückgehalten, doch es konnte ich nicht mehr. Alle Last fiel von mir ab. Lange blieben wir vor dem Grab stehen. Remus hielt meine Hand. Schweigend brachte er mich nach Hause. Die Wohnung war unnatürlich still. Keine Uhr tickte. Niemals würde ich mehr nach Hause kommen und Schritte hören. Niemals würde ich den Duft von frischem Essen riechen. Wie erschlagen viel ich mein Bett, doch ich konnte nicht schlafen. Mit zitternden Fingern suchte ich eine Feder, Tinte und ein Stück Pergament. Ich wollte irgendjemanden erzählen, was passiert, doch mir viel niemand ein. Ich wollte nicht Severus damit belasten. Ich wollte es nicht James und Sirius sagen, sie würden es noch erfahren. Vielleicht konnte ich Dumbledore schreiben und ihn bitten, mich früher nach Hogwarts zu lassen. Ich schüttelte den Kopf. Ich will das Haus nicht alleine lassen. Diese Nacht schlief ich nicht. Ich hatte mich in den Garten gelegt und den dunklen, wolkenlosen Himmel beobachtete. Als mit zehn mein Kaninchen gestorben war, hatte Mum gesagt, es ist ein Stern geworden und passt auf mich. Vielleicht war ich zu alt, um an so etwas zu glauben, aber ich war mir sicher, dass Mum irgendwo dort draußen war und auf mich aufpasste. Ich liebte die Sterne über alles, was als Werwolf etwas seltsam war. Die Meisten fürchteten den nächtlichen Himmel. Die Sonne ging auf langsam auf und tauchte den Horizont in rotes Licht. „Guten Morgen!" Remus kletterte über den Zaun, der unsere Grundstücke trennte. „Ich habe Frühstück mitgebracht." Er trug einen großen Picknickkorb und eine Decke. Ich lächelte. Während die Sonne immer höher stieg, aßen wir und beobachteten die erwachende Natur. „Was wirst du heute tun?", fragte Remus irgendwann. „Am liebsten würde ich hierbleiben." „Du weißt, dass meine Eltern dich mit offenen Armen empfangen." Ich nickte. „Ich werde aufräumen und auf heute Abend warten." „Vollmond." „Ich denke, wir sehen uns heute Abend." Remus seufzte. „Wenn du etwas brauchst, dann komm einfach rüber." „Danke, Remus." Er drückte meine Hand und stand auf. Ich sah ihm zu, wie er über den Zaun kletterte und das Haus betrat.

Der Hogwartsexpress fuhr in den Bahnhof, überall begrüßten sich Schüler, oder verabschiedeten sich von ihren Eltern. Es war hektisch und laut. Ich stand mitten in der Menschenmenge und bewegte mich nicht. Ich blendete die Geräusche und Menschen aus. Es gab nur mich und meinen Koffer. Ich würde einsteigen und ein weiteres Schuljahr würde beginnen. Ein normales Schuljahr, dabei war doch nichts, wie es einmal war. „Teresa!" Eine Jungenstimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich sah in die hübschen, grauen Augen von Sirius. Er sah mich an, dann ließ er seinen Koffer fallen und nahm mich in den Arm. „Remus hat mir alles erzählt. Es tut mir so leid. Ich wäre vorbeigekommen, wenn du was gesagt hättest." „Es ging schon. Ich wollte nicht, dass ihr euch Sorgen macht." Langsam hatte ich meine Arme gehoben und die Umarmung erwidert. „Tatze, du erstickst sie ja noch." Das war James. „Tatze?", fragte ich. „Ja, und das ist Krone", Sirius grinste. „Wie bitte?" „Erklären wir dir später." James hatte mich ebenfalls kurz umarmt. „Komm, wir setzten uns." „Remus kommt später. Er ist Vertrauensschüler geworden." „Moony, der alte Streber." Die Beiden verwunderten mich noch mehr. „Hier ist ein leeres Abteil." Wir setzten uns und ich fragte sofort. „Wieso diese Spitznamen?" „James und ich haben es geschafft uns zu verwandeln. Er ist ein Hirsch, deshalb Krone. Ich bin ein Hund, darum Tatze." „Verstehe, und Remus ist Moony, wegen dem Mond." „Richtig!" „Und Peter?" „Er hat es nicht geschafft." „Verstehe. Vielleicht braucht er ein bisschen Hilfe." „Für dich haben wir auch einen Namen", rief James enthusiastisch. „Und welchen?" „Starlet!" „Sternchen?" „Remus hat gesagt, du magst die Sterne, also passt es doch." Ich lächelte leicht. „Was du wahrscheinlich noch nicht weißt, ist das ich von zu Hause abgehauen bin", sagte Sirius leichthin. „Warum?" „Kennst meine Familie doch, sie sind eh froh, dass ich weg bin." „Aber du bist gerade mal fünfzehn." „Schätzchen, ich bin ein Jahr älter als du." Er grinst frech und ich wurde etwas rot. James lachte leise. „Wo ist eigentlich Peter?" „Vielleicht hat er sich verlaufen." James und Sirius kicherten. Gerade da öffnete sich die Abteiltür. Es waren Remus, Peter und Lily. Lily und Remus trugen Vertrauensschülerabzeichen. „Peter hat euch gesucht", erklärte Lily. „Hey Evans", rief James laut. Sie sah ihn angewidert an. „Was willst du, Potter?" „Ein Date mit dir!" Sie verdrehte die Augen und wandte sich mir zu. „Sev lässt grüßen. Ich habe ihn gerade getroffen." „Ohh, danke." „Er sagt, du könntest gerne bei ihm vorbeikommen. Ich wollte auch gerade hin." „Ist er denn nicht bei seinen Freunden." „Nein, er ist alleine." „Gut, dann komme ich mit." „Ich drehe noch schnell eine Runde durch den Zug und komme dann nach." Sie lächelte mir zu und warf James noch einen abschätzigen Blick zu. Ich winkte den Jungs zu und lief dann auch durch den Zug. Schnell hatte ich das Abteil gefunden. Severus sah von seinem Buch und lächelte leicht. „Hallo", grüßte er mich leise. „Hallo." Ich setzte mich ihm gegenüber. Er legte sein Buch zur Seite. Es handelte über schwarze Magie. „Wie waren deine Ferien?", fragte er. „Nicht so gut", murmelte ich. „Was ist denn passiert?" Ich schluckte. „Meine Mutter ist gestorben." Das tut mir leid." Er klang ehrlich betroffen. Ich versuchte ein schiefes Lächeln. Es entstand ein nervöses Schweigen, dass keiner brach. Erst als Lily kam, wurde die Stimmung fröhlicher und es wurde eine lustige Zugfahrt.

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