Regulus Black 5

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Den ganzen Abend wich ich nicht von Regulus' Seite. Er unterhielt sich mit sehr vielen Slytherins. Zu allen war er freundlich und zuvorkommend. Einige der Leute banden mich ebenfalls in ihre Gespräche mit ein und ich musste zugeben, dass sie zwar nett waren, mir der Smalltalk aber nicht gut gelang. Deshalb schwieg ich meistens und hielt mich immer an Regulus. Es ging auf Mitternacht zu, als ich mich von ihm verabschiedete und mich leise auf mein Zimmer begeben wollte. Gerade wollte ich die Tür öffnen, als ich meinen Namen hörte und lauschte. „Sag mal, Anabel und Regulus. Meinst du zwischen den beiden läuft was?", kam es von einem Mädchen. „Ich weiß nicht. Er will bestimmt mehr, aber ich denke sie will das nicht." „Regulus ist wirklich toll und er sieht gut aus", entgegnete die erste. „Bewundernswert, wie er diesen Gryffindor, James Potter, heute gerettet hat. Regulus ist wirklich ein Held." Die beiden Mädchen kicherten. In mir begann es zu brodeln, als das Mädchen, welches zuerst gesprochen hatte, die zweite fragte: „Denkst du, ich hätte eine Chance bei ihm?" „Ich würde es versuchen", bekräftigte sie die Andere. Ich wollte Regulus mit niemandem teilen! Ich öffnete die Tür geräuschvoll und die Mädchen drehten sich erschrocken zu mir um. Ich suchte mir meinen Schlafanzug und verschwand im Badezimmer. Als ich zurückkam, spielte ich mit dem Schnatz, den Regulus mir geschenkt hatte. Sofort fragte mich eine: „Wo hast du denn den Schnatz her?" Ich warf ihr ein herablassendes Lächeln zu. „Regulus hat ihn mir geschenkt." Die Mädchen warfen sich Blicke zu, während ich mich auf meine Bettkante setzte und den Schnatz fast schon zärtlich auf meinen Nachttisch legte. Ich musste lächeln, als ich an den jungen Black dachte. Als ich mich hinlegte und die Augen schloss, blitzte sofort sein Gesicht vor mir auf. Seine klugen, sturmgrauen Augen, sein freundliches Lächeln und seine schwarzen Haare, die immer tadellos aussahen. Wie gerne hätte ich sie jetzt verstrubbelt. Regulus bedeutete mir so viel. Mit diesem Gedanken schlief ich ein, glücklich wie schon lange nicht mehr.

Am Bahnhof umarmte er Anabel fest. Er wollte sie am liebsten mit sich nach Hause nehmen. „Wir bleiben in Kontakt", sagte sie lächelnd. „Ich will jede Woche eine Eule von dir bekommen", fügte sie hinzu und grinste frech. So gelöst, wie in den letzten Wochen hatte er sie noch nie erlebt, aber er musste zugeben, dass es ihm gefiel. Er begleitete sie ein Stück und trug ihren Koffer. Schon von weitem erkannte er seine Mutter, die auf ihn wartete. Sirius war letztes Jahr von zu Hause abgehauen, seitdem erwähnte niemanden seinen Namen. Er war bei James Potter untergekommen. Seine Mutter steuerte zielsicher auf ihn zu. „Hallo Regulus", begrüßte sie ihn kühl. „Hallo Mutter." Ihr Blick fiel auf Anabel. Sie musterte sie von oben bis unten. Trotz der langen Zugfahrt sah Anabel einfach perfekt aus. Ihre blonden Haare waren an ihrem Kopf zu einem Dutt zusammengefasst. Sie trug ein schlichtes blaues Kleid, welches keine einzige Falte aufwies. Ihre blauen Augen strahlten, als sie die Hand seiner Mutter schüttelte und sich vorstellte: „Ich bin Anabel Selwyn. Es freut mich, sie kennenzulernen, Mrs. Black. Regulus hat mir schon vieles von ihnen erzählt." Ein anerkennendes Lächeln huschte über das Gesicht seiner Mutter. „Walburga Black, aber das wissen sie ja bereits." Anabel schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Die beiden Frauen plauderten noch kurz, bis Anabel sich verabschiedete, um zu ihren Eltern zu gehen. Er half ihr noch mit dem Koffer. Ihre Eltern waren sehr freundlich zu ihm, auch wenn er sich rasch verabschiedete, da er seine Mutter nicht warten lassen wollte. Anabel umarmte ihn fest und sein Herz setzte kurz aus, nur um danach doppelt so schnell weiter zu schlagen. Mit einem breiten Lächeln kehrte er zu seiner Mutter zurück. Sie nickte ihm zu und sagte: „Ich mag sie."

Die Sommerferien waren sehr ereignislos verstrichen. Drei Wochen waren wir im Urlaub gewesen. Teuer und unter Muggel, die uns behandelt hatten, als wären wir Könige. Ich war mir sicher, dass es am Geld lag. Meine Eltern sagten, dass es aufgrund unserer magischen Ausstrahlung war. Die restlichen Wochen blieb ich daheim. Ab und an kamen Freunde meiner Eltern vorbei, oder wir besuchten Verwandte. Regulus und ich schrieben uns regelmäßig und ich hatte meinen Eltern viel von ihm erzählt. Meine Mutter schwärmte von seinem Verhalten. Er sei ein richtiger Kavalier und sehr gut erzogen. Mein Vater interessierte sich mehr für sein Ansehen und das seiner Familie. Da Regulus ein Black war, war mein Vater höchst erfreut. Das neue Schuljahr hatte gut begonnen. Es war unser 6. Schuljahr. Da Lily Evans ihre Schulzeit letztes Jahr erfolgreich beendet hatte, war ich nun uneingeschränkt Professor Slughorns Lieblingsschülerin. Es verging kein Unterricht, indem er mich lautstark lobte. Regulus und ich verbrachten weiterhin die meiste Zeit zusammen. Genauso wie heute. Es war ein bewölkter, aber warmer Herbsttag und wir saßen, wie eigentlich immer, in der Bibliothek. Madam Pince weigerte sich die Fenster zu öffnen, da es ja noch regnen könnte und Wasser den Büchern schaden könnte. Genervt schlüpfte ich aus meiner Jacke und legte sie über meinen Stuhl. Mein Blick fiel auf Regulus, der angestrengt auf ein Buch starrte. Er war deutlich rot geworden. Innerlich grinste ich. Ich tat so, als ob ich meine Feder aus der Tasche holen wollte und beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. Er musterte mich lange und es schien ihm zu gefallen. Verständlich, denn mein blaues T-Shirt war an Stoff sehr knapp bemessen. Meine Mutter hatte es mir geschenkt, mit der Begründung eine Dame müsste auch einmal zeigen, was sie hat. „Ist dir nicht warm?", fragte ich Regulus und lächelte zuckersüß. „Ja, eigentlich schon", murmelte er und begann seine Ärmel hochzukrempeln. Mein Blick fiel auf seinen Unterarm, den er in einer raschen Bewegung wieder bedeckte. Er versuchte unauffällig zu sein und lenkte das Gespräch auf die Verwandlungshausaufgaben. Ich fiel aber nicht darauf herein. Ich stand auf, ging um den Tisch und schob seinen linken Ärmel nach oben. Mit aufgerissenen Augen strich ich über das Dunkle Mal, das seinen Unterarm zierte. „Anabel, ich..." „Wann bist du ihnen beigetreten?" „In den Sommerferien." „Mit sechszehn?" „Ja. Ich... Meine Mutter... Sie war sehr erfreut, dass man mich aufgenommen hat." „Und was ist mit dir? Freust du dich?" „Ja, natürlich. Ich bin einer der jüngsten Zauberer, der dem Dunkeln Lord dienen dürfen." „Wie ist er so? Der Dunkle Lord?" „Er ist... Man kann das nicht beschreiben. Er ist einschüchternd, aber großartig. Jeder Todesser würde freiwillig sein Leben für ihn opfern." „Du auch?" „Ich werde mit meinem Leben kämpfen um die Ziele zu erreichen, die ich für richtig halte." Ich schmunzelte leicht, über seine Aussage. „Anabel, ist es ein Problem für dich, dass ich mich ihnen angeschlossen habe?" „Nein, natürlich nicht. Ich freue mich für dich, schließlich wolltest du das doch immer." Regulus nickte begeistert. Ich hörte Schritte näherkommen und bedeckte seinen Arm rasch wieder. Nicht jeder sollte wissen, dass Regulus nun ein Todesser war. Madam Pince bog um die Ecke und sah zu mir. „Ich glaube, ein bisschen Luft könnte nicht schaden. Wären sie so gut und öffnen das Fenster?"

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