Wiederanfang 10

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„Remus, bist du sicher, dass du das annehmen willst?" „Ja, ich denke schon. Und du solltest mitkommen." „Ist Madame Pomfrey in Rente gegangen?" „Nein, ich habe Dumbledore gebeten, dass du mitkommen darfst. Ich will dich nicht alleine lassen." „Aber ich habe schon eine Arbeit." „Du würdest im Krankenflügel helfen und mit Professor Sprout dich um Pflanzen kümmern." „Ich weiß nicht." „Dann ist es beschlossen." „Remus..." Er nickte mir zu. „Und was ist mit unserem nun ja... haarigem Problem?" „Severus Snape wird uns einen Trank brauen, sodass wir unseren Verstand behalten." „Der Severus Snape?" „Ich kenne nur einen." Ich seufzte. „Du musst dich nicht mit ihm unterhalten, und er muss uns helfen. Ansonsten werdet ihr euch wahrscheinlich nicht sehen." Ich wollte gerade etwas erwidern, als die Posteule gegen das Fenster klopfte. Ich bezahlte sie und reichte ihr einen Eulenkeks. Ich faltete die Zeitung auf und ließ sie erschrocken wieder fallen. Remus sah mich besorgt an. „Er ist in der Zeitung!" „Wer? Severus?" Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Remus hob den Tagespropheten auf und seine Augen weiteten sich erschrocken. „Entkommen aus Askaban", las er mit langsamer Stimme vor. „Sirius Black, der wegen Mordes an zwölf Muggeln und einem Zauberer lebenslänglich nach Askaban gesperrt wurde, ist ausgebrochen. Der Mann ist hochgefährlich. Näheren sie sich nicht, sondern bleiben sie auf Distanz und rufen sie Hilfe. Wir bitten die Bevölkerung um Hinweise auf Blacks Aufenthaltsort." Ich sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Er wird uns nicht suchen, oder? Was ist, wenn er hier vorbeikommt?" „Bleib ruhig, wir werden nach Hogwarts gehen, dort sind wir sicher." „Remus, den Mann, den ich geliebt habe, ist ein Verbrecher und gerade ausgebrochen! Denkst du wirklich, dass ich da ruhig bleiben kann?" „Ja, entschuldige." Ich schüttelte nervös den Kopf. „Ich will nicht mehr darüber sprechen. Ich werde nach Hogwarts kommen, aber am 1. September muss ich vormittags arbeiten. Ich werde nachkommen." Remus nickte. „Ich gehe packen." Ich ließ ihn alleine. In meinem Zimmer sank ich auf mein Bett und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Wieso war alles so kompliziert?

Ich hatte mich von meinem Chef verabschiedet, von meinen Kollegen auch. Ich hatte das Haus abgeschlossen, ich hatte meinen Koffer. Nervös ging ich alles im Kopf durch und disapparierte anschließend. Am Tor von Hogwarts wurde ich von Rubeus Hagrid abgeholt und zum Schloss gebracht. Er war mindestens doppelt so groß wie ich. Jetzt viel meine kleine Körpergröße noch mehr auf. „Dumbledore hat gesagt, ich soll gleich in die große Halle bringen. Die Schüler sollen sie noch kennenlernen." „Vielen Dank", sagte ich höflich. „Keine Ursache, keine Ursache." Ich musste fast rennen, um mit Hagrid Schritt zu halten. „Ihren Koffer habe ich in ihr Büro bringen lassen. Es klingt gleich neben dem von einem weiteren neuen Lehrer. Remus..." „Lupin. Ich kenne ihn." „Wir sind da." Ich atmete tief durch und betrat nach 18 Jahren die große Halle wieder. Fast alle Schüler wandten sich nach uns um. Drei Schüler sprangen sofort auf und liefen auf Hagrid zu. Ich erkannte Harry sofort. Vorne am Lehrertisch hatte sich Dumbledore erhoben. „Wenn sich alle wieder gesetzt haben", sagte er mit einem Blick auf Harry und seine Freunde. Sie setzten sich artig. Dumbledore sprach weiter. „Möchte ich euch Miss Carter vorstellen." Er breitete die Arme aus. Ich stand mittlerweile neben ihm. „Sie wird Madame Pomfrey im Krankenflügel tatkräftig unterstützen. Außerdem wird sie manchmal Professor Sprouts Unterricht bewohnen." Die Schüler klatschten höflichen Beifall als mich neben Remus auf einen Stuhl fallen ließ. Sein Blick sagte mir das etwas nicht stimmte. „Später", flüsterte er mir zu, als ich ihn fragend ansah. Das Essen war zum Glück noch nicht ganz vorbei, es gab noch Nachtisch. Ich griff nach Schokopudding, der vor mir auf dem Tisch erschienen war. „Schokolade hilft immer", sagte Remus grinsend. „Das musst du doch am besten wissen." Er lachte leise. Während dem Essen beobachtete ich Harry. „Er ist James sehr ähnlich." Ich nickte. „Ich möchte dich nicht beunruhigen, aber Severus hat schon mindestens dreimal rüber gesehen." Ich verdrehte die Augen. „Momentan können mir alle Männer von früher gestohlen bleiben. Außer du natürlich." Er lächelte. „Ich werde gleich mal mit Professor Sprout sprechen, dann musst du mir erzählen, was passiert ist." Er nickte folgsam. Professor Sprout wartete sogar schon auf mich. Ich war nicht drauf vorbereitete, als sie mich in eine herzliche Umarmung zog. „Meine Liebe! Wie geht es dir?" „Sehr gut, danke Professor." „Immer noch so höflich, wie früher. Ab jetzt bin ich Pomona für dich." Ich lachte. „Was hast du denn so gemacht?", fragte sie. „Ich arbeite im St. Mungo." „Was anders hätte ich auch nicht erwartet. Lass mich raten: Abteilung Vergiftungen durch Pflanzen und Zaubertränke?" „Richtig." „Das war ja schon immer deine Leidenschaft. Aber du solltest mal in meinen dritten Jahrgang kommen. In Gryffindor ist ein Schüler, der genauso talentiert ist, wie du. Neville Longbottom." „Ich werde vorbeikommen." „Ich glaube, dass würde ihm auch gut tun. Er ist ziemlich schüchtern und tollpatschig." „Das kommt mir bekannt vor." „Naja, tollpatschig warst du nie." „Dafür sehr schüchtern." „Jeder hat seine Stärken und Schwäche." „Da haben sie Recht." Sie begleitete mich noch zu Madame Pomfrey, bei der ich mich schnell vorstellte. Morgen wollte sie mich einweisen. Jetzt lief ich durch die Gänge zu Remus. Ich klopfte und kicherte, als ich die Bürotür öffnete. „Was ist so lustig?" „Du bist gerade mal eine Stunde hier und schon ist alles unordentlich." Er grinste. „Was ist denn passiert?" Er erzählte mir von dem Dementorenangriff im Hogwartsexpress. „Mir sind gar keine Dementoren aufgefallen." „Seltsam, sie kontrollieren die Grenzen von Hogwarts." „Na, ist auch egal. Ich werde rüber gehen, auspacken." „Ist gut, schlaf gut." „Gleichfalls." Mein Büro war groß und geräumig. In einem Nebenzimmer war ein kleines Bad, sowieso Bett und Schrank. Ich konnte das Büro so einrichten, wie ich wollte. Auf einer Seite stellte ich ein riesiges Bücherregal. Auf der anderen Seite hatte ich ein paar meiner Pflanzen aufgestellt, die besondere Pflege brauchten. In der Mitte standen mein Schreibtisch und ein gemütlicher Stuhl. Ein großes Fenster sorgte für Tageslicht. Zufrieden betrachtete ich mein Werk und steckte den Zauberstab wieder in meine Tasche. In diesem Moment klopfte es. „Herein!" Ich drehte mich um und blickte in dunkle, fast schwarze Augen. „Guten Tag", sagte ich kühl. „Ich bringe den Wolfsbanntrank vorbei. Es ist wichtig, dass er regelmäßig eingenommen wird." „Danke." „Nachschub habe ich in meinem Büro." „Ich werde vorbeikommen." „Noch ein schöne Zeit, Teresa." Er sah mir das erste Mal direkt in die Augen. „Vielen Dank, Severus."

Ich lebte mich in Hogwarts gut ein. Viel besser, als ich gedacht hatte. Madame Pomfrey und ich verstanden uns sehr gut. Wir hatten Verletzungen zu heilen, die ich noch nie gesehen hatte. Einmal mussten wir einen jungen Slytherin heilen, der von einem Hippogreif gebissen wurde. Hatte er in Pflege magischer Geschöpfe nicht aufgepasst, oder warum ärgerte er einen Hippogreif? Ich besuchte den Kräuterkundeunterricht meistens wenn der dritte Jahrgang Gryffindors da war. Pomona hatte mich mit Neville bekannt gemacht. Da erinnerte, woher ich den Namen kannte. Seine Eltern lagen im St. Mungos. Ich sprach dieses Thema nicht an, aber er tat mir sehr leid. Ich verbrachte viel Zeit mit ihm in den Gewächshäusern, oder in meinem Büro. Die Pflanzen faszinierten ihn, genau wie mich früher. Ein, zweimal traf ich mich mit Harry und Remus. Er war seinen Eltern so ähnlich, dass ich ihn oft James rief. Er war sehr nett, aber hielt etwas Abstand zu mir. Als er bei dem Quidditchspiel vom Besen fiel, pflegten wir ihn im Krankenflügel und wir unterhielten uns viel über Lily und James. Sirius sprach ich nie an. Severus ignorierte ich, so gut es ging. An dem Abend, als Sirius Black im Schloss gesichtet wurde, war Vollmond und ich war so froh darüber. Ich wäre wahrscheinlich durchgedreht, wenn ich ein Mensch gewesen wäre. Die nächsten Tage war ich ziemlich schweigsam. Remus bemerkte es zwar, aber helfen konnte er mir auch nicht. Es war später Nachmittag, als mich eine dringende Eule erreichte. Ich rannte zu Remus. Ohne anzuklopfen stürmte ich sein Zimmer. Er war über eine Karte gebeugt und schreckte hoch. „Ist was passiert, Teresa?" „Ja, mein Chef hat mir geschrieben. Sie haben einen Notfall und wissen nicht, was zu tun ist. Aus meinen Aufzeichnungen werden sie auch nicht schlau. Ich muss so schnell wie möglich dorthin. Bitte gib Dumbledore Bescheid." „Mache ich." „Vielen Dank. Ich schreibe dir, wenn ich wieder komme, aber wahrscheinlich nicht vor den Ferien." Er nickte. Hektisch packte ich meine Sache zusammen und verließ eilig das Schloss. Außerhalb des Geländes disapparierte ich.

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