Regulus Black 3

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Wie konnte ich glauben, dass ich ihm etwas bedeutete! Wie konnte ich nur jemanden an mich heranlassen! Als hätte ich es nicht gelernt! Menschen verletzen einen immer! Immer! Frustriert ließ ich mich auf mein Bett fallen. Sobald ich die Augen schloss, sah ich Regulus vor mir und hörte seine Stimme in meinem Kopf. Du hast Angst! Ich schüttelte hastig den Kopf, um die Stimme zu verscheuchen. Angst, dass dich die anderen nicht akzeptieren. Wütend sprang ich auf und lief in das angrenzende Badezimmer. Ich verschloss die Tür und atmete tief durch. Ich drehte den Wasserhahn auf und ließ das kalte Wasser über meine Hände laufen. Dann kühlte ich mein Gesicht, als mich ein Klopfen an der Tür aufschrecken ließ. Ich trocknete mich rasch an einem Handtuch und öffnete dann die Tür. Meine Zimmergenossin blickte ich erschrocken an. „T-tut mir Leid, Anabel. Ich w-wusste nicht, dass du im Bad warst, sonst ich selbstverständlich gewartet." Ich schnaubte, angesichts ihres Gestotters, ließ sie aber trotzdem ins Badezimmer. Bis zum Abendessen blieb ich in meinem Zimmer. Mit einem hochnäsigen Blick setzte ich mich an den Slytherintisch, nicht ohne den anderen Häusern einen herablassenden Blick zuzuwerfen. „Ah Selwyn, da bist du ja. Ich dachte schon, dir und deinem süßen Hintern sei etwas zu gestoßen, weil man dich momentan so selten sieht." Mit einem breiten Grinsen setzte sich Evan Rosier neben mich. Ich verdrehte innerlich die Augen und rückte von ihm ab. „Du hast doch sicherlich Lust mich auf das Quidditchspiel zu begleiten. Und natürlich auf die Siegesfeier danach." Er ließ sein nerviges Lachen erklingen, bei dem die meisten Mädchen dahinschmolzen. „Verschwinde, Rosier. Mit dir würde ich nicht mal ausgehen, wenn die einzige andere Option der Kraken aus dem See wäre." Sein Lachen verstummte und für einen kurzen Moment sackten seine Gesichtszüge ab. Am Slytherintisch war es still. „Irgendwann Selwyn wärst du froh gewesen, wenn du mit mir ausgegangen wärst." „Konjunktiv." „Was?" Entgeistert starrte er mich an. „Es könnte möglich sein, dass ich irgendwann froh gewesen wäre. Möglich, Rosier, aber nicht wahrscheinlich. Und jetzt lass mich in Ruhe essen." Alle Slytherins starrten uns an. Es war mucksmäuschenstill, nur die entfernten Tischgespräche der anderen drangen zu uns. Dann vernahm ich ein leises Lachen. Rasch wurde es lauter und ich fand schnell den Verursacher. Es war Regulus, der prustend und kichernd über seinen Teller gebeugt da saß. „Was ist so lustig, Black?" Rosiers Augen hatten sich gefährlich verengt. „Die Tatsache, dass du es immer noch versuchst. Nach unzähligen Absagen. Seien wir doch ehrlich. Niemand von uns, könnte Anabel freiwillig zu einem Date überreden. Sie ist einfach zu stur." „Das musst du gerade wissen, Black." „Natürlich. Jeder weiß das, abgesehen von dir. Schau sie dir doch an." Rosier wandte seinen Blick kurz mir zu. „Sie sieht einfach perfekt", sprach Regulus weiter. „Viel zu perfekt, um sich mit uns abzugeben. Wir stehen eindeutig unter ihr. Das weiß jeder, abgesehen von dir." Rosier grummelte irgendetwas Unfreundliches in Richtung Regulus, stand dann aber auf und verließ die große Halle. Regulus suchte meinen Blick, doch sah ihn nur kalt an und wandte mich dann wieder meinem Essen zu.

Einen Tag vor diesem verhängnisvollen Quidditchspiel hatte ich es mir am See gemütlich gemacht. Es war schon kurz vor der Sperrstunde, deshalb war auch niemand mehr zu sehen. Ich hatte diese Auszeit allerdings gebraucht. Momentan schrieben wir unsere ZAGs und ich konnte meine lernenden Mitschüler nicht mehr ertragen. Ich hatte nicht einmal in meine Bücher gesehen und wusste, dass ich überall Ohnegleichen haben werde. Die restlichen Schüler wurden panisch und schliefen zu wenig. Ganz langsam ging die Sonne unter, als ich entfernte Stimmen vernahm, die rasch näher kamen. „Du wirst es noch bereuen, mich so blamiert zu haben, Black." Ich seufzte leise. Hatte man denn nie seine Ruhe vor Rosier. „Du bist selbst schuld", entgegnete Regulus. „Ich würde aufpassen. Morgen ist doch dieses Spiel, vielleicht trifft dich ein Klatscher." „Ich habe keine Angst vor dir, Rosier." „Ich, an deiner Stelle, schon." Ich hatte mich umgedreht und beobachtete die beiden Jungen. „Sieh es doch einfach ein, dass du keine Chance bei Anabel hast. Niemand hat ein Chance bei ihr." „Nur weil der große Regulus Black bereits aufgegeben hat, heißt das nicht, dass ich auch kleinbeigebe." „Halte dich von ihr fern", knurrte Regulus. „Sonst was?" „Wirst du schon sehen." Rosier wurde kurz still und blieb stehen. Regulus lief weiter. Im nächsten Moment geschah alles gleichzeitig. Evan stürzte sich auf Regulus, der mit dem Rücken zu ihm stand und drückte ihn zu Boden. Ich sprang auf und zog meinen Zauberstab, doch ehe ich meine Deckung verlassen konnte, erschien Sirius Black und packte Rosier. Sirius war deutlich größer und stärker als dieser und das schien auch Rosier bemerkt zu haben. „Wehe, du rührst meinen Bruder noch einmal an. Du würdest dir wünschen, nie geboren zu sein. Hast du mich verstanden?" Rosier nickte etwas eingeschüchtert. Sirius ließ ihn los und Rosier rannte sofort davon. Was für ein Weichei! Sirius reichte seinem Bruder die Hand und zog ihn auf die Beine. „Warum?", fragte Regulus überrascht. „Ich weiß auch nicht. Er hat mich an die Fieslinge erinnert, die dich früher immer verprügelt haben, bis ich mich eingemischt hatte." Über Regulus' und Sirius' Gesichter huschte ein Grinsen, dass sich sehr ähnlich sah. „Danke", sagte Regulus ehrlich. „Pass einfach auf dich auf. Irgendwann bin ich nicht mehr für dich da." Sirius wandte sich um, und sagte im Gehen über seine Schulter. „Und sage es nicht Mum und Dad, oder James, Remus und Peter." Er drehte sich um, lief aber rückwärts weiter. Ernst meinte er: „Sag' es einfach keinem." Regulus nickte. „Versprochen!" Sirius eilte zum Schloss zurück. In einigem Abstand folgte ihm Regulus. Erst nachdem er verschwunden war, machte ich mich auch auf den Rückweg. Wer hätte gedacht, dass diese ungleichen Brüder doch so viele Ähnlichkeiten verband?

Im Schlafraum angekommen, machte ich mich bettfertig. Morgen werden die letzten Prüfungen sein und das Quidditchspiel. Die anderen Mädchen lagen schon in ihren Betten und tuschelten leise miteinander. Ich hatte mich noch nie mit ihnen abgegeben und tat es auch jetzt nicht. Viel mehr bemerkte ich, wie sehr mir Regulus fehlte. Bei ihm hatte ich mich immer sicher und verstanden gefühlt. Ich schloss meine Augen. Sollte ich das Spiel morgen besuchen, um ihm eine Freude zu machen?

Es war laut, überall liefen Leute herum und schrien. Manche schwangen Fahnen und riefen Schlachtgesänge. Ich bereute augenblicklich hierhergekommen zu sein und drehte mich um. Ich verließ das Feld und legte mich auf die Wiese neben dem Quidditchfeld. Hier konnte ich die Spieler sehen und hatte meine Ruhe. Natürlich hatte ich nicht die Tore im Blickfeld, aber den Großteil würde ich schon sehen. Der Pfiff einer Pfeife klang an meine Ohren und die Spieler erhoben sich in die Luft.


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