Sirius Black 6

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„Alastor, mir geht es gut! Ich will dabei sein, wenn ihr Harry Potter abholt! Nur weil es einmal einen kleinen Zwischenfall mit Todessern gab, breche ich meine Ausbildung nicht ab!" Wütend starrte ich meinen Lehrer an. Ebenso so wütend, gab er zurück: „Das war kein kleiner Zwischenfall, du wärst fast gestorben! Du bleibst hier!" „Du kannst es mir nicht verbieten!" „Kann ich nicht?" „Nein!" Angriffslustig blickten wir uns an. „Ich denke", mischte sich Remus ein, „du solltest ihr erlauben, mitzukommen. Du kannst sie sowieso nicht davon abhalten." Moodys ärgerlicher Blick galt nun ihm. „Ich kann sie hier festzaubern. Ich kenne genug Zauber." „Versuche es doch!", rief ich kampflustig. „Kacie, sei ruhig!" „Nein! Egal was du sagst, ich komme mit und helfe Harry hierherzubringen!" Gegen meine Erwartungen seufzte Moody. „Ich befürworte es immer noch nicht." „Ich schon." Ich wandte mich von ihm ab, damit er mein triumphierendes Grinsen nicht sehen konnte. Morgen Abend werden wir Harry Potter aus einem Muggelhaus abholen und zum Grimmauldplatz bringen. Seit die Weasleys und Hermine Granger hier wohnten, war es viel lebhafter, auch wenn Sirius und ich nun weniger ungestörte Zeit hatten. An manchen Abenden warfen wir uns sooft Blicke zu, dass Tonks vor Lachen fast vom Stuhl fiel. Ich hatte mich nach einem Gespräch mit ihr entschlossen, Sirius zu sagen, was ich ihn für ihn fühlte. Tonks hatte ihn tatsächlich unauffällig ausgehorchet. Gestern hatte sie mir alles erzählt. Wir hatten uns in meinem Zimmer auf das Bett gesetzt und ein wirkliches lustiges Gespräch geführt. „Und hat er schnell gesagt, was du wissen wolltest?" „Naja, ich habe ihn nicht direkt gefragt: Stehst du auf Kacie? Sondern mehr so zwischen den Zeilen." „Und?" „Zuerst habe ich mich mit ihm darüber unterhalten, wie es sich denn so lebt, als Mörder auf der Flucht. Er hat dann gesagt, er könnte sich einen besseren Unterschlupf, als das Haus seiner Eltern vorstellen, aber es ginge schon irgendwie. Danach wollte ich wissen, ob ihm nicht langweilig sei." Sie machte eine Kunstpause. „Tonks!" „Er hat geantwortet, anfangs schon, aber jetzt habe er ja eine Mitbewohnerin. Darauf habe ich gesagt: Ja, Kacie ist schon toll und mit ihr kann man echt Spaß haben." „Was hat er gesagt?" „Er hat mir zugestimmt, hat gesagt, dass du echt super bist. Eine der unkompliziertesten Frauen, die er kennt und dass du hübsch bist." „Das hat er gesagt?" „Ja." „Einfach so: Sie ist hübsch?" „Nein, er hat mich gefragt, ob mein Freund mich nicht vermissen würde. Ich habe gefragt, wie er darauf kommt, dass du einen Freund hast, dann hat er gesagt, dass er es sich nicht vorstellen kann, dass so eine hübsche und talentierte Hexe alleinstehend ist." „Das hat er gesagt?" „Ja!" Ich quietsche erfreut und Tonks kicherte. „Ich glaube, er mag dich echt gerne." „Und ich glaube, ich werde ihm in einem richtigen Moment sagen, dass ich ihn mag. Irgendwann, wenn das Haus wieder leer wird." Tonks grinste. „Mal was anderes", wechselte ich das Thema, „Du und Remus?" „Ich und Remus?" „Sag mir jetzt nicht, dass du ihn nicht magst." „Naja, ich mag ihn schon, aber ich bin mir noch nicht sicher." „Ich würde mich für euch freuen." Tonks lächelte verträumt. Ein Tritt gegen mein Schienbein holte mich wieder in die Realität. „Nicht einschlafen, Kacie. Wir gehen den Plan durch." Tonks schüttelte den Kopf. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf Mad-Eye, der erklärte, dass wir Harry mit Besen abholen würden und ihn über die Themse zum Grimmauldplatz bringen würden. „Falls jemand getötet wird, bleibt in der Formation", schärfte er uns ein. Alle nickten. Alle? Das waren Kingsley Shacklebolt, Remus Lupin, Tonks und ich. Sirius saß mir gegenüber, seine ganze Aufmerksamkeit war auf Moody gerichtet. Die Sorge um seinen Paten war ihm deutlich anzusehen. Nach der Besprechung unterhielt er sich leise mit meinem Mentor. Sie schienen sich zu streiten. Jedenfalls verließ Sirius den Raum und eilte die Treppen nach oben. Ich rannte ihm hinterher. Auf der letzten Treppenstufe holte ich ein. Als er mich sah, verzog er sein Gesicht noch mehr. „Was ist los mit dir?", fragte ich ihn. „Wir bringen Harry schon sicher hierher. Ihm wird nichts passieren." „Da zweifle ich nicht dran. Ihr schafft das schon. Ich bleibe brav hier und passe auf, dass das Haus nicht geklaut wird." Er wandte sich abrupt ab und lief weiter. „Sirius! Jetzt warte doch mal!" Ich griff nach seinem Arm und hielt ihn fest. „Ist es, weil du nicht helfen darfst? Weil du zum Nichtstun verdonnern wurdest?" „Du verstehst das nicht!" Er machte sich los und ließ mich stehen. So leicht ließ ich aber nicht locker. „Du bist so ein egoistischer Idiot! Denkst du auch mal an alle anderen? Es ist nicht leicht mit jemandem zusammenzuleben, der immer nur rummeckert und denkt er habe Recht! Es ist nur zu deinem Schutz!" „Wenn ich dich so nerve, kannst du gerne gehen." Wir standen jetzt vor seiner Zimmertür. Er warf mir einen eiskalten Blick zu. „Ach, ich hatte ganz vergessen, du hast ja kein Zuhause mehr. Vielleicht lässt dich Tonks bei sich wohnen. Ich meckere ja nur rum." „Das hast du gerade nicht gesagt." „Doch, und ich meine jedes Wort so." „Geh, wenn es dir hier nicht passt. Ich brauche dich nicht. Ich brauche niemanden." Er knallte die Tür zu seinem Zimmer zu und ließ mich völlig verblüfft stehen. Plötzlich öffnete sich die Tür nochmal. Doch anstatt sich zu entschuldigen, zischte er kalt: „Genaugenommen kannst du gehen, wenn du Harry hierher gebracht hast. Auf Nimmerwiedersehen." Mit offenem Mund blieb ich starr stehen und starrte auf die wieder verschlossene Zimmertür. Erst als mich jemand am Arm berührte, erwachte ich aus meiner Starre. „Er meint es nicht so", sagte Remus leise und fürsorglich. Behutsam zog er mich hinter sich die Treppe nach unten. „Ich weiß, aber seine Worte schmerzten." „So ist es immer wenn man jemanden liebt. Man verletzt ihn mit seinen Worten und Taten mehr, als man eigentlich wollte." „Er liebt mich nicht, Remus. Deshalb werde ich auch nicht hierbleiben." „Er liebt dich mehr, als du dir vorstellen kannst." Ich sah zu Boden. „Komm, setz' dich noch zu uns und lenk' dich ab." Er schob mich durch die Küchentür. Molly Weasley stand am Herd, ihre Kinder und Hermine deckten den Tisch. Tonks unterhielt sich mit Kingsley. Mad-Eye war bereits aufgebrochen. Meine beste Freundin warf mir einen fragenden Blick zu, aber ich schüttelte den Kopf. Sie verstand, dass ich nicht jetzt darüber sprechen wollte. Das Essen verlief recht lustig. Tonks änderte immer wieder ihre Haarfarbe, oder Teile ihres Aussehens, während meine Haare blass waren und meine Augen nicht so dunkel waren, wie sonst.

Den ganzen nächsten Tag lang mieden Sirius und ich uns, was bei einem vollen Haus auch nicht schwer war. Als wir am späten Nachmittag aufbrachen um Harry abzuholen, verabschiedete er uns nicht. Moody schärfte uns nochmal ein, dass wir Harry unbedingt unbeschadet hierher bringen mussten. Schließlich war der Auserwählte ins Ministerium bestellt worden, da er einen Patronus-Zauber vor einem Muggel ausgeübt hatte. Ich hatte keine Bedenken, dass er freigesprochen wurde. Ich hatte mich aufgrund meiner Ausbildung mit dem Zaubereigesetz befasst und dort stand explizit, dass, in einer lebensgefährlichen Situation, vor Muggeln gezaubert werden durfte. „Dort unten ist es!" Moody deutete nach auf eine Reihe von Häusern, die alle gleich aussahen. Wir landeten leise und unauffällig. Mit einem Alohomora öffnete sich die Tür. Das Haus lag dunkel und still da. Wir folgten Mad-Eye in eine Küche und von dort aus eine Treppe nach oben. Tonks, die vor mir ging, stolperte über etwas am Boden. Ich fiel fast über sie. Zum Glück hielt Kingsley mich fest. „Ruhe!", zischte Moody. Er steuerte auf eine Tür zu und entriegelte sie mit einem Zauber. Neugierig steckten Tonks und ich unsere Köpfe durch den Türrahmen. Unsere Zauberstäbe, die leicht leuchteten, erfassten einen Jungen mit strubbeligen, schwarzen Haaren, einer Blitznarbe und auffallend grünen Augen. Verunsichert sah er uns an. „Hallo Harry", begrüßte ihn Remus. Erleichtert ließ Harry Potter seinen Zauberstab sinken. Tonks und ich hatten ihm beim Kofferpacken geholfen. Harry war sehr nett gewesen, wenn auch etwas nervös. Jetzt standen wir zu sechst vor dem Haus der Muggel, jeder mit einem Besen in der Hand. Remus trug noch Harrys Gepäck. Ich hatte seinen Eulenkäfig an meinem Besen befestigt. „Nicht vergessen. Bleibt in der Formation, auch wenn jemand getötet wird." Tonks, die gerade abgelenkt zu einem Auto sah, ermahnte er ärgerlich: „Nymphadora!" „Nenn mich nicht Nymphadora", gab sie genauso ärgerlich zurück, während sich ihre Haare knallrot verfärbten. Moody ignorierte sie. Auf sein Zeichen hin erhoben wir uns in den nächtlichen Himmel von London.

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