Ich hatte kein Recht, mich so zu fühlen. Das, was ich fühlte, war Eifersucht. Ein Gefühl, dass sich anfühlte, wie bitteres Gift.
Der Ursprung allen Übels. Ich hatte es mit eigenen Augen gesehen. Eifersucht war nichts gutes. Und ich fühlte es, obwohl ich nicht einmal in einer Beziehung war.
Carmen, denk an den Schmetterling. Du kannst ihn nicht fangen. Die Flügel würden brechen und der Schmetterling wäre unglücklich. Du musst ihn fliegen lassen. Auch wenn du in Kauf nimmst, dass er dir entwischt.
Also nahm ich meinen Mut zusammen und ging mit aufrechten Haupt um die Ecke. Dort standen sie beide. Er drückte sie gegen sein Schließfach. Ihre langen Beine waren um seine Körpermitte geschlungen.
Obwohl ich wegsehen wollte, konnte ich es nicht. Ich prägte mir das Bild vor meinen Augen ganz genau ein, während ich wie in Zeitlupe an ihnen vorbei ging.
Ein Klos bildete sich in meinem Hals, während sich mein Innerstes zusammen zog.
Sie beide hatten ihre Augen geschlossen. Die Lippen von Stace waren leicht geöffnet. Immer wieder drang ein leises Keuchen aus ihrer Kehle. Jareds Hand grub sich in ihren Hintern, während die andere ihre Locken aus dem Gesicht strich.
Es sah aus, als würden sie nicht genug voneinander bekommen.
Meine Träume stürzten zusammen. Ich sah vor meinem inneren Auge, wie er mit ihr in meiner Traum Vinothek saß und ihr aus einem Buch vorlas, während sie auf seinem Schoß saß. Ich sah, wie sie Morgens die Welt besten Pancakes in seinem Hemd zubereitete...
Oh, mist - als ich es merkte, war es schon zu spät. Mein Fuß verfing sich im Griff von Stace weißen Ledertasche, die vor mir auf dem Boden lag - was dazu führte, dass ich glatt nach vorne fiel. Mit meinen Ellenbogen konnte ich mich noch retten, doch brannten sie auf dem Linoleum des Flurbodens.
Ich spürte, wie die Hitze in meine Wangen stieg und war zum ersten Mal in meinem Leben dankbar, dass mich ein Gefühl wie Scham mich von meiner Eifersucht ablenkte.
Ich sah auf den Fußboden unter mir und spürte die Blicke der beiden in meinem Hinterkopf. Stace gab ein ungeduldiges Schnauben von sich.
Ich richtete mich erst in den Vierfüßlerstand und erhob mich dann von da aus wieder auf meine Beine. "S- Sorry", murmelte ich, ohne in ihre Gesichter zu schauen.
Ich wollte gerade kehrt machen, da wurde ich mit einem Griff am Handgelenk aufgehalten.
"Ist alles in Ordnung?", fragte Jared mit besorgtem Blick auf meine Arme. Ich riss mich aus seinem Griff und versuchte meine Ellenbogen anzusehen, was sich als unmöglich herausstellte - und zuckte einfach mit den Schultern. "Schätze schon", sagte ich mit einem Kratzen im Hals.
Er nahm wieder mein Handgelenk und drehte meinen Arm so, dass er meinen Ellenbogen begutachten konnte.
"Du blutest", sagte er. Dann blickte er mir in die Augen. Und ich hatte das Gefühl, unter seinem Blick zu zerbrechen.
Wie konnte er mich so ansehen? So voller Sorge, so als würde er sich interessieren? Augen logen nicht, aber ich glaubte nicht an seinen Blick. Dieser Blick, der so intensiv auf mir lag, dass ich meinte, er müsste meine Seele darunter sehen können. Er müsste sehen können, dass er so viel Macht über meine Gefühle hatte.
In seinen Augen fand ich immer wieder Unschuld. Wie auf den Kindheitsfotos, die ich mir angesehen hatte. Dieses verlassene Glänzen in ihnen hatte er über all die Jahre nicht verloren.
Ich blickte zu Boden, zog meine Augenbrauen zusammen und schüttelte schnell den Kopf. "Ach, das ist nur eine leichte Schramme. Habe ich öfters. Tut nicht weh", log ich. Es brannte wie verrückt. Ich war vielleicht einfach besonders schmerzempfindlich.
Er machte seine Augen schmal und musterte mich streng. "Wie siehst du eigentlich aus?", fragte er langsam und ließ es wie eine Beleidigung klingen.
"Bitte?" fragte ich. Ich wollte mich wieder aus seinem Griff ziehen, doch er ließ mich nicht los. Er zog mich stattdessen zu sich heran.
Seine Finger streiften leicht meine unteren Augenlider.
"Deine Augen sind ganz rot und du hast Augenringe bis zum Fußboden."
"Und?", fragte ich gereizt. Was ging ihn das an? Ich hatte eben die ganze Nacht kein Auge zugedrückt.
Diesmal schaffte ich es, mich aus seinem Griff zu lösen. Ich wusste nicht, wie ich von außen aussehen musste, aber ich legte all meine Wut in einen Blick. "Ich will euch nicht weiter stören", flüsterte ich und ging auf die Tür zu.
"Ach, Carmen", hörte ich noch Stace hohe Stimme quiken. "Setz dich gleich in der Cafeteria nicht an unseren Tisch. Vanessa ist nicht mehr da, Honey. Du hast hier keine Freunde mehr."
"Keine Sorge, das hatte ich auch nicht vor", sagte ich, ohne stehen zu bleiben oder zurück zu schauen.
Als hätte ich vor, mich noch zu ihnen zu setzen, nach dem, was ich gerade hier gesehen hatte. Vielleicht war ich leicht masochistisch veranlagt, aber nicht so.Gut, jetzt wusste ich mehr als deutlich, dass Jared es niemals ernst mit mir meinen könnte.
Trotzdem hatte ich eine Frage, die mir auf der Zunge brannte. Sie brannte mir auf der Zunge, weil ich wusste, dass sie Stace verletzen würde. Ich blieb stehen und drehte mich zu ihnen um.
"Warum hast du mich gestern geküsst, Jared?", fragte ich.
Stace Mund klappte entsetzt auf. Ihre Augen erstachen mich wie Speere. Jared weitete kurz seine Augen in Verwunderung, grinste dann aber leicht. "Weil ich es wollte", gab er unbekümmert zu.
"Es war schön." Ich war froh dass meine Stimme nicht zitterte.
Jareds Grinsen wurde breiter.
"Aber denk nicht, dass es mir etwas bedeutet hat", fügte ich stolz hinzu.
Das letzte was ich wollte, war, dass Jared merkte, dass er mich verletzte.
Aber ich kam mir wirklich dumm vor, als ich das sagte. Als würde ich das Offensichtliche verstecken wollen.
Ich musste mir selber Regeln aufstellen, um nicht noch einmal so verletzt zu werden.
Regel Nummer eins: Küsse nie nie wieder Jared Chandler.
Regel Nummer zwei: Geh ihm so gut es geht aus dem Weg.
Regel Nummer drei - die wahrscheinlich wichtigste von allen: Schaue ihm nie wieder in seine Augen.
Diese Augen, die die Hölle wie ein Paradies aussehen ließen. Dieses traurige Grün.

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Catch me if I fall
Chick-LitAbgeschlossen ✔️ Er verachtet sie. Er schmeckt sie. Er stürzt sie in den Abgrund. Sie fällt. Wir lagen auf den Rücken und brauchten nichts zu sagen. Ich glaubte, genau das brauchte er gerade - und ich konnte klar verstehen, wieso. Was immer ihn bedr...