Das Gefühl, die ersten Sonnenstrahlen nach einem starken Gewitter durch die graue Wolkendecke zu sehen - dieses Gefühl hatte ich gerade.
Der Geruch von Kaffee stieg mir in die Nase, denn Jared setzte sich mit einer frisch gebrühten Tasse neben mir auf das gebrauchte Sofa, welches wir aus dem Secondhandladen meines Vertrauens gekauft hatten. Da Fiona mich kannte, hatte sie all die Dinge, die wir gekauft haben, nochmal auf die Hälfte heruntergesetzt. Dabei war es sowieso schon günstig, da der Laden in einem Monat komplett schloss und alles so schnell wie möglich verkauft werden musste.
Wir hatten es echt geschafft, aus ein paar Gebrauchtwaren eine richtig schöne, gemütliche Wohnung herzurichten.
Gestern hatten wir viel erledigt - der erste Tag, an den ich mich wieder in die Öffentlichkeit traute. Wir hatten die Möbel gekauft, Lebensmittel besorgt, die Wohnung eingerichtet, gemeinsam gekocht und anschließend im Bett gemeinsam Netflix geschaut, während ich mehr fixiert war, an Jareds Brust zu liegen, als mich auf den Film zu konzentrieren.
Und jetzt saß er vor mir, mit seinem Kaffee in der Hand und schenkte mir ein sanftes Lächeln. Womit hatte ich das verdient?
Wie kam es dazu, dass der Bad Boy der Uni so liebevoll zu mir war? So als hätte er mich nicht am Anfang wie Dreck behandelt.
Wenn ich darüber nachdachte, wie alles zwischen uns begann, kam es mir unwirklich vor, dass wir jetzt eine gemeinsame Wohnung hatten.
"Wie fühlst du dich?", fragte er und reichte mir seine Tasse. Ich trank ein paar Schlücke daraus und war etwas angewidert davon, wie schwarz Jared seinen Kaffe trank.
"Mir geht es sehr gut", sagte ich und meinte es auch so, als ich ihm die Tasse zurück gab. "Und wie geht es dir?"
Ich war wirklich froh, dass die körperlichen Entzugserscheinungen vorüber waren. Dafür verfolgte mich das Gefühl, drauf sein zu wollen, umso mehr.
Der Schmerz war vorbei, aber das Verlangen nach Heroin, war die Narbe, die dieser Entzug davon getragen hatte.
"Ich bin so erleichtert, dass du wieder lebendig wirkst", sagte er und nahm seinen Kaffee wieder an sich, um daraus zu trinken.
"Und wie geht es jetzt weiter?", fragte ich. "Mit uns und dem Leben hier?"
"Ich habe in einer Woche ein Vorstellungsgespräch bei einer Lagerungsfirma", sagte er. "Bis dahin reichen meine Ersparnisse locker aus, um uns über Wasser zu halten."
"Ich werde mich morgen auch bewerben. Ich weiß noch nicht genau wo, aber es wird sich schon was finden. Vielleicht werde ich kellnern oder im Verkauf arbeiten."
"Erstmal musst du richtig gesund werden. Danach können wir über alles reden."
"Ich bin gesund. Mehr als gesund. Mir geht es wirklich, wirklich gut", beteuerte ich.
"Es ist so viel passiert." Er rieb sich mit der Hand über seine Lippen und fuhr fort. "Ich glaube es wäre eine bessere Idee, wenn du das alles erst einmal verarbeitest."
"Was meinst du damit?"
"Ich meine damit, dass es vielleicht gut für dich wäre, in Therapie zu gehen. Dir ist so viel passiert in so kurzer Zeit und du hattest keine Chance mit jemanden darüber zu reden. Du sagst ja selbst, du erinnerst dich nicht an... an die Vergewaltigung. Du sagst, dir geht es gut, aber trotzdem reißen dich Alpträume aus dem Schlaf. Vielleicht würde es wirklich helfen, professionelle Hilfe anzunehmen und das ganze aufzuarbeiten."
Entgeistert seufzte ich, denn hatte er nicht ganz Unrecht. "Aber noch bin ich dafür nicht bereit."
"Du wirst nie bereit sein, weil das für dich Themen sind, die niemals leicht zu besprechen sein werden."
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Catch me if I fall
ChickLitAbgeschlossen ✔️ Er verachtet sie. Er schmeckt sie. Er stürzt sie in den Abgrund. Sie fällt. Wir lagen auf den Rücken und brauchten nichts zu sagen. Ich glaubte, genau das brauchte er gerade - und ich konnte klar verstehen, wieso. Was immer ihn bedr...