Shooting Star

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Er setzte sich auf sein großes Bett, was in der Mitte des Zimmers stand. Die Bettwäsche war komplett weiß und sein Bett komplett schwarz. Der Fußboden bestand aus schwarzem Laminat. An einer Wand hing ein riesiger Fernseher, der dünner als mein kleiner Finger war. Riesige Panoramafenster hatten ihre Sicht auf die Baumwipfel seines Gartens. Sein Zimmer sah irgendwie langweilig und modern aus. Ich hatte gehofft, ein bisschen mehr Persönlichkeit von ihm zu finden. Doch selbst ein Hotelzimmer hatte mehr Charme.

Er schaute auf meine Füße. Ich trug meine Glückssocken - fliegenpilzrot, mit vielen kleinen weißen Punkten. An den Riemchen befanden sich Rüschen aus weißer Spitze. Ich hatte sie angezogen, damit ich den Job im Secondhandshop bekam. Sie brachten wirklich Glück. Aber sie unterstrichen nur das, was Jared über mich dachte. Dass ich kindisch war.

Eine seiner Augenbrauen schoss missbilligend in die Höhe.

Ich räusperte mich. Ich wusste nicht was ich sagen oder machen sollte, also stand ich einfach neben Jareds Bett und verschränkte verlegen meine Arme vor die Brust.

Als er den Riemen seines Shirts packte, um es über sich zu ziehen, sah ich schnell zur Seite. Ich starrte auf meine Fliegenpilzsocken.

Ich hörte, wie er den Reißverschluss seiner Hose öffnete und sie sich auszog. Niemals würde ich es wagen, jetzt meinen Blick zu heben.

Nach einigen Sekunden hörte ich, wie Decke und Kissen sich bewegten. Als ich zu ihm aufs Bett blinzelte, lag er da im großen weißen Shirt und einer schwarzen Jogginghose.

Sein Klamottenhaufen lag lieblos vor dem Bett. Er schaltete den Fernseher an und sippte durch die Sender. "Leg dich zu mir", forderte er mich auf.

Ich setzte mich auf den Rand des Bettes.
Jared stöhnte und deutete mit der Hand auf den freien Platz neben sich. Also hob ich auch meine Beine auf die Bettdecke und bewegte meinen Hintern auf den Platz neben ihm.

Ich war ihm wirklich nahe. Und mit jedem Atemzug strömte der Duft von Minze und Rauch in meine Nase. Unsere Ellenbogen berührten sich nicht, aber sie waren so dicht aneinander, dass ich ihn trotzdem neben mir spüren konnte. Vor allem, wenn ich die Augen schloss.

Ein Cartoon von einem betrunkenen alten Mann und seinem Enkel, die in eine andere Dimension reisten, lief auf dem Bildschirm. Es war gerade mal halb neun Uhr und ich war schläfrig. Vielleicht, weil mich die Serie langweilte und die Matratze unter mir so unendlich bequem war. Vielleicht weil ich so einen langen Fußweg hinter mir hatte. Vielleicht aber auch, weil ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, richtig durchatmen zu können. Mit Drew zusammen zu leben, setzte mich immer unter Strom - selbst wenn ich in meinem Bett lag und versuchte einzuschlafen. Selbst dann, wenn er im Einsatz war. Die Angst vor ihm war immer präsent. Doch hier fühlte ich mich irgendwie sicher. Eine Last fiel von mir. Ich ließ meine schweren Augenlider geschlossen, nur für einen kurzen Moment...

... Als ich sie wieder öffnete, lief leise eine Werbung für Kondome im Fernseher. Der Himmel war in einem dunklen blau und die Kronen der Bäume wirkten schwarz. Es war bestimmt mitten in der Nacht. Wer hätte gedacht, dass ich irgendwann bei Jared Zuhause in seinem Bett landen würde. Komisch war, dass es mir nicht merkwürdig vorkam.

Jared's Augen waren geschlossen. Sein Atem war tief und gleichmäßig. Er trug noch immer sein weißes T-Shirt und die schwarze Jogginghose und lag auf seiner Decke, anstatt unter ihr. Sein dunkles Haar hing zerzaust in seiner Stirn. Jetzt wo er schlief, konnte ich ihn ungestört beobachten.

Er war wirklich schön. Seine Wimpern waren lang und seine Gesichtszüge sanft und markant zugleich. Seine Lippen waren voll. Sie sahen zart aus.

Die Fernbedienung lag in seiner Hand. Als ich sie aus seinem Griff heraus zog, berührten meine Fingerspitzen ganz leicht seine und jagten einen kribbelnden Schauer in meine Hand durch meinen Körper.

Ich drückte auf den Aus-Knopf.
Dann erhob ich mich von seinem Bett, da ich echt nicht vorhatte, die Nacht bei ihm im Bett zu verbringen. Er wollte es wahrscheinlich auch nicht.

Ich schloss die Tür hinter mich und ging eine Etage herauf. Zwei Zimmer befanden sich im Dachzimmer. Eines davon kam mir bekannt vor, da ich da nach meinem hangover nach Jared's Geburtstag aufgewacht bin. Ich nahm die Tür zu diesem Zimmer und ging hinein.

Das Sofa stand da, umzingelt von den verschiedenen Kartons, in denen allmöglicher Krempel darin verstaut war.

Eigentlich hasste ich es, mit Hose und BH zu schlafen, aber ich hatte keine andere Wahl. Wenn irgendjemand herein kommen würde, wäre es mir unangenehm, erstmal meine Hose wieder anzuziehen. Deshalb legte ich mich auf das Sofa unter dem Schrägdachfenster, von dem man aus den Sternenhimmel beobachten konnte.

Es war schon merkwürdig, dass ich lieber hier bei Jared in Hose und BH auf einem alten, unbequemen Sofa schlafen würde, ohne Decke und Kissen, als bei mir Zuhause, kuschelig in meinem Bett.

Ich faltete meine große Strickjacke zusammen und legte sie unter meinem Kopf. Ich sah noch ein Weilchen aus dem Fenster über mir. Die Sterne funkelten blass zwischen den durchsichtigen Wolken. Als ich eine Sternschnuppe sah, faltete ich meine Hände und wünschte mir etwas. Einen Wunsch, den ich nur im Herzen fühlen konnte, der meine Gedanken aber nicht erreichte. Als ich spürte, wie sich etwas in mir öffnete und die Hoffnung in mich hinein floss, schloss ich die Augen und schlief mit diesem Gefühl ein.

Catch me if I fallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt