Hit And Run

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Er stieg ein und fuhr direkt los. Jetzt wurde mir klar, wieso er den Motor angelassen hatte. Wieso er die Waffe dabei hatte. Er hatte alles geplant.

Eliah fuhr über hundert
Innerorts. So fühlte es sich jedenfalls an. Ich war nicht in der Lage, es zu kommentieren, denn saß der Schock, über das, was ich gerade gesehen hatte, noch viel zu tief in meinen Gliedern.

Ich sollte mich freuen, dass der Mann, der mir so viel Leid bereitet hatte, jetzt hilflos am Boden lag und verblutete, doch war mir nichts als schlecht. Ich hatte Schuldgefühle, die mich von innen aus fraßen.

Dabei war nicht ich es, die auf ihn geschossen hatte. Tränen strömten mir über das Gesicht, doch ich konnte mir nicht erklären, wieso.

Ich hatte mir immer wieder seinen Tod gewünscht, doch jetzt wo es dazu kam, war ich alles andere als glücklich.

„Carmen, schnall dich an." Dies würde das erste und letzte Mal sein, dass Eliah mich aufforderte, mich anzuschnallen.

Eigentlich war er nicht der Typ, der viel Wert auf Sicherheit legte, doch diese Situation war anders.

Er driftete mit einer Lichtgeschwindigkeit in die Kurven, so dass ich beinahe aus meinem Sitz geschleudert wurde.

Ganz wie von selbst griff meine Hand nach dem Gurt und schnallte mich an.

Ich hörte die Sirenen in der Ferne hinter uns. Wir waren schon Außerorts und fuhren auf einer kaum befahrenen Landstraße, die uns in Richtung Autobahn führte.

Meine Finger glitten an meine Schläfe und ich presste meine Augenlider zusammen. Das konnte nicht wahrsein.

Er hatte Jareds Auto benötigt, denn hatte er mit dieser Verfolgungsjagd gerechnet. Mit seinem alten Golf hätte er niemals von den Polizisten fliehen können.

Doch wenn er vorhergesehen hätte, dass es eine Verfolgungsjagd geben würde, wieso hatte er sich dann darauf eingelassen?

War er lebensmüde? Oder wollte uns beide hinter Gitter bringen? Ich biss mir auf die Unterlippe, bis ich den metallischen Geschmack meines Blut schmeckte.

Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich im Rückspiegel, dass zwei Streifenwagen knapp 200 Meter von uns entfernt waren. „Eliah, sie haben uns", flüsterte ich. „Lass uns aufgeben."

Plötzlich drückte er so stark auf die Bremse, dass die Reifen quietschten und ich mit voller Wucht gegen den Gurt flog. Gleichzeitig hatte er dabei das Lenkrad gedreht.

Mit einer Beschleunigung von Null auf Hundert rasten wir in den Gegenverkehr, vorbei an den Polizeiwagen, die uns verfolgen wollten.

Unmengen von Blut pulsierten durch meinen Körper und ich spürte, wie kalter Schweiß mir den Nacken hinab lief.

Er war lebensmüde. Und mein Leben schien ihm auch nicht viel zu bedeuten. Ich kniff meine Augen zusammen, in der Hoffnung, dass all dies nur ein schlechter Traum war. Oder dass wir schnell starben, damit das alles hier ein Ende hatte.

„Wenn wir das hier überleben", sagte ich trocken und spürte dabei, wie jegliches Leben aus meinem Gesicht wich, „bringe ich dich eigenhändig um."

Er lachte amüsiert auf und ließ den Wagen noch schneller fahren. Mit 200 Sachen rasten wir den Autos, die hupten und bremsten, entgegen.

Ich fragte mich, wie er in solch einer Situation lachen konnte. Wie er das Auto steuern konnte und überhaupt irgendwie denken konnte.

Ich hielt mir beide Hände vor das Gesicht und legte meinen Oberkörper auf meinen Schoß.

Nach gefühlten 15 Minuten, in denen ich so verharrte, verklangen die Polizeisirenen immer weiter in der Ferne. Ich traute mich wieder, auf zu sehen.

Catch me if I fallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt